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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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bereits da. Rasch drehte Kate das Gesicht in den Wind, um ihre erhitzten Wangen zu kühlen.
    Sie fasste sich ein Herz und setzte einen Fuß auf den hölzernen Tritt, um in die Koppel zu steigen. Eine Vorrichtung, die es gestattete, die Umzäunung zu überqueren, für Schafe und Rinder jedoch unpassierbar war, wobei sie sich auf den schmalen Holzsprossen plump und ungeschickt vorkam wie eine Kuh. Ein eng geschnürtes Korsett, weite lange Röcke undhochhackige Stiefeletten mit schwarzen Jettknöpfchen eigneten sich für den Auftritt einer Dame im Salon, waren allerdings denkbar ungeeignet, um damit über Zäune zu klettern.
    Auf der obersten Sprosse angekommen, warf sie ihrem Ehemann einen Blick zu. Er sah ihr nicht ins Gesicht, wie die Sittsamkeit es gefordert hätte. Vielmehr stand er in gespannter Haltung unter ihr, den Blick auf ihre Fesseln gerichtet, die unter den gerafften Röcken sichtbar wurden. Der Moment dauerte nur so lange, bis er blinzelte und den Kopf hob. Er streckte ihr die Hand entgegen. Sie nahm seine Hilfe an.
    Ganz selbstverständlich, als habe er nicht soeben auf ihre Beine gestarrt, als hätte sie nicht ihn angestarrt. Als ihr Absatz sich auf der letzten Sprosse verfing, gab er ihr Halt. Und als sie neben ihm stand, richtete er den Blick auf das Pferd, genau wie sie. Das Tier hob den Kopf und beäugte das Paar, seine Ohren stellten sich auf. Kate war in ihrer frühen Jugend einmal abgeworfen worden und hatte sich bei dem Sturz einen Fuß gebrochen. Seitdem hatte sie eine gewisse Scheu vor Pferden. Ihr Vater hatte ihr damals die Bedeutung des Spiels mit den Ohren bei Pferden erklärt. Eine bestimmte Stellung bedeutete in der Pferdesprache: Ich bin hungrig; eine andere: Hilfe, ein Wolf! Und was wollte Champion ihr jetzt zu verstehen geben?
    „Schau ihn nicht direkt an.“ Neds tiefe Stimme war dicht neben ihr.
    „Und wieso nicht?“, fragte sie leichthin, um sich das Flattern in ihrer Magengegend nicht eingestehen zu müssen.
    „Weil er nervös ist.“
    Es war also: Hilfe, ein Wolf! Sie gehorchte; dabei fiel ihr Blick wieder auf ihren Ehemann, und ihr Magen zog sich zusammen. Hastig schaute sie erneut zu Champion hinüber, der in einer Entfernung von zwanzig Schritt die Lefzen hochzog und braune lange Zähne zeigte.
    „Er denkt, du willst ihn zum Kampf fordern.“ Neds Stimme klang amüsiert. Sie hatte nur die Wahl, entweder Champion oder ihren Gemahl anzusehen.
    „Vielleicht will ich ihn ja herausfordern“, scherzte sie. „Ich wäre gerne die Herrscherin über dieses Weideland. Im Frühling würde ich über Schafe und Ziegen herrschen und im Winter über das Stroh.“ Und dir würde ich befehlen, in Hemdsärmeln riesige Heuhaufen aufzuladen. Jeden Tag.
    „Du kannst über so viele Ziegen herrschen, wie du willst, wenn du nur … oh, verdammt.“
    Am anderen Ende der Koppel stampfte Champion wütend auf. Kate hatte kaum Zeit, den Ernst der Situation zu erfassen, als der Gaul bereits heranstürmte. Hufschläge donnerten, Erde und Grasbüschel spritzten auf. Sie glaubte zwar nicht, dass er es tatsächlich darauf abgesehen hatte, sie zu Tode zu trampeln, aber ehe sie sich umdrehen und die Sprossen der Trittleiter wieder hinaufklettern konnte, hatte Ned sie bereits hochgehoben und mit einem Schwung über den Zaun befördert. Sie kam unsicher auf und klammerte sich an den Querbalken, um nicht im Gras zu landen.
    Leichtfüßig sprang er hinter ihr über die Barriere und wandte sich ihr zu.
    Champions wütende Attacke endete jäh mit einem lang gezogenen Wiehern, das in Kates Ohren wie ein höchst zufriedener Triumphschrei klang.
    „Ich nehme alles zurück“, stieß sie atemlos hervor. „Meinetwegen soll er über alle Ziegen und Schafe herrschen.“
    Ned war in katzenartiger Geschmeidigkeit neben ihr auf die Füße gekommen, und als Champion sich immer noch näherte, schützte er sie mit seinem Körper und drängte ihren Rücken gegen den Holzpfosten. Er wirkte völlig ruhig und lächelte sogar.
    „Du hältst mich wohl für sehr töricht“, sagte sie leise und glaubte beinahe, Champions heißen Atem im Nacken zu spüren.
    „Wieso? Weil du ein Pferd herausgefordert hast, das zehnmal stärker und schneller ist als du?“
    Kate errötete.
    „Du bist nicht töricht“, sagte er und blickte ihr in die Augen.
    „Nein?“
    „Du warst nicht in Gefahr. Ich war bei dir. Ich würde niemals zulassen, dass dir etwas zustößt.“
    Kate stockte der Atem. Er stand keine Handbreit von ihr entfernt. Mit

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