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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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wurde erhört. Ned drehte sich im Sattel wieder nach vorne. Sie starrte seiner Gestalt nach, die durch die Schlieren im Glas verzerrt wirkte, bis er hinter der Hügelkuppe verschwand.
    Erst jetzt zog Kate Luft in ihre brennenden Lungen. „Sie sind fort“, stieß sie atemlos hervor und bemühte sich um einen heiteren Tonfall. „Harcroft ist direkt unter deiner Nase vorbeigerittenund hat nicht den geringsten Verdacht geschöpft. Siehst du? Es besteht kein Grund zur Sorge.“
    „Ja“, sagte Louisa ohne rechte Überzeugung und beugte sich über Jeremys gerötetes Gesichtchen. „Hörst du, mein kleiner Liebling? Es besteht kein Grund zur Sorge.“

8. KAPITEL
    K ate wagte nicht, auf der Landstraße nach Berkswift zurückzukehren. Ihr Besuch bei Louisa war riskant genug gewesen. Wenn sie Harcroft auf der staubigen Landstraße begegnete, würde sein ohnehin schwelender Argwohn nur neue Nahrung erhalten.
    Stattdessen wählte sie einen schmalen Weg, vorbei an Hecken und durch ein Wäldchen. Dieser Umweg dauerte eine Stunde länger. Schließlich gelangte sie an einen Bach, über den jedoch keine Brücke führte. Um ihn zu überqueren, musste sie über die Steine im Wasser springen. Die Bäume an beiden Ufern warfen ihre gelben Blätter ab, die auf den glitschigen Steinen landeten. Der lange Marsch hatte ihre Unruhe ein wenig beschwichtigt. Unterwegs war ihr kein Mensch begegnet, und der plätschernde Bach erschien ihr wie ein friedliches Idyll, eine verwunschene Märchenwelt. Sie stellte den Fuß auf den letzten grün bemoosten Felsbrocken knapp vor dem anderen Ufer.
    In diesem Moment trat Ned hinter einem Baum hervor.
    Kate geriet mit einem spitzen Schrei ins Taumeln und ruderte verzweifelt mit den Armen, um die Balance nicht zu verlieren. Der Korb flog im hohen Bogen durch die Luft. Im nächsten Augenblick war Ned bei ihr, umfing ihre Taille und zog seine Frau an sich.
    Ihr Herz klopfte wild, sein kräftiger Brustkorb presste sich an ihren Busen. Obwohl sie wenig später wieder festen Boden unter den Füßen hatte, ließ er sie immer noch nicht los.
    „Ned“, sagte sie dann. „Du machst mir Angst, wenn du dich so anschleichst.“
    Er blickte auf sie hinunter. „Wie abscheulich. Vielleicht sollte ich mir eine Glocke umhängen wie eine Kuh.“
    Sie lehnte sich nach hinten, um ihm in die Augen sehen zu können, die im Schatten der Bäume wie dunkle tiefe Seen wirkten. Nichts an ihm erinnerte an ein braves Rindvieh, imGegenteil: Der Schatten über seinen Gesichtszügen verlieh ihm etwas von einem Raubtier. Ihr Herzschlag geriet ins Stolpern. „Oder wie eine Ziege“, entgegnete sie. „Wie du weißt, habe ich ein Faible für Ziegen.“
    Er ließ sich nicht in die Irre führen. „Wo warst du?“
    Nein. An ihm war nichts von einem gutmütigen Rindvieh. Seine Frage berührte gefährliches Gebiet.
    „Spazieren.“ Kate nestelte an der Schleife ihres Umhangs. „Und außerdem habe ich den Pächtern ein paar Eier gebracht. Unsere Hühner legen im Moment erstaunlich gut.“ Sie wagte nicht, den Blick von ihm abzuwenden, durfte sich um keinen Preis anmerken lassen, wie unangenehm ihr seine Frage war. „Im Übrigen sagt mein Arzt, Spaziergänge seien gesund, und in London finde ich kaum Gelegenheit dazu. Außerdem ist die Luft in der Stadt schmutzig, und in den Parks treibt sich allerhand Gesindel herum. Ich spaziere lieber allein in der freien Natur.“ Sie redete zu schnell und zu viel.
    Er nahm seine Hände von ihr. „Warst du allein?“
    „Natürlich. Mit wem könnte ich schon einen Spaziergang machen?“
    „Keine Ahnung. Ich frage nur, weil du so erschrocken bist, als hättest du ein schlechtes Gewissen.“
    „Kein Wunder. Du hast mich ja auch erschreckt, Schlaumeier.“ Sie tippte ihm spielerisch mit dem Zeigefinger gegen die Brust. „Und wieso hast du mir hinter einem Baum aufgelauert?“
    „Ich habe dir nicht aufgelauert“, verteidigte er sich. „Ich habe auf dich gewartet, weil ich dich oben auf der Wiese entdeckt habe. Und ja, Mrs Evans sagte mir, dass du den Pächtern Eier vorbeibringst. Aber wer wohnt denn dort drüben im Westen?“
    Kälte kroch Kate über den Rücken und legte sich wie ein Eisklumpen in ihre Magengrube. Ihr Vater hatte ihre Ausreden stets für bare Münze genommen und nie weitere Fragen gestellt. Sie hatte nicht angenommen, dass Ned über ihreWorte nachdenken würde.
    „Na ja“, antwortete sie. „Eigentlich nur Mrs Alcot. Die Gute ist in die Jahre gekommen und schlecht zu Fuß. Auf

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