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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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unter dieser Last zusammengebrochen bin.“
    „Kate, ich will dir keineswegs unterstellen, dass du deinen Aufgaben nicht gewachsen bist“, erklärte er beschwichtigend. „Zweifellos hast du deine Sache ausgezeichnet gemacht. Ich wollte lediglich mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass du dazu gezwungen warst.“
    Der Himmel möge sie davor bewahren, ihre Rolle als flatterhaftes Geschöpf zu vergessen und den Verdacht aufkommen zu lassen, sie könne sich mit wichtigeren Dingen des Lebens beschäftigen als mit Tand und Flitter.
    „Leider“, begann sie seufzend, „hat sich dadurch meine Reise nach London um einige Tage verzögert. Stell dir vor, ich war gezwungen, zur Opernpremiere Handschuhe vom letzten Jahr zu tragen. Eine überaus peinliche Situation.“
    „Bist du irgendwie erzürnt?“, fragte er verwirrt.
    „Das kannst du dir doch denken. Natürlich war ich erzürnt. Zu allem Überdruss konnte ich auch keine Pfauenfedern mehr auftreiben und musste mich mit Diamantsteckern im Haar begnügen.“
    Stirnrunzelnd sah er sie an. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“
    Er schlug diesen gönnerhaften Ton an, den sie von ihrem Vater so gut kannte, der die Ansicht vertrat, jede Frau müsse behütet und von Kümmernissen ferngehalten werden. Damen der Gesellschaft oblag es, Kaffeekränzchen zu geben und Festlichkeiten zu arrangieren, nicht aber, misshandelten Frauen zur Flucht zu verhelfen. Ned würde kein Verständnis dafür aufbringen, dass sie sich andere Lebensziele gesteckt hatte. Dennoch malte sie sich aus, wie sie ihm ihre Motive erklären würde.
    Ich wollte sinnvolle Pflichten übernehmen, also begann ich, gepeinigten Frauen zur Flucht zu verhelfen. Wusstest du, dass Louisa meine Nummer sieben ist?
    Nein, das würde niemals funktionieren.
    „Ich habe dich etwas gefragt“, sagte er und musterte sie. „Du bist erzürnt.“
    „Ich bin wütend, wenn ich an diese Diamantstecker denke“, erklärte Kate seufzend. „Du kennst doch das Sprichwort: Wenn du eine Frau liebst, schenke ihr Saphire.“
    Entgeistert starrte Ned sie an, als habe sie soeben verkündet, sie wolle einen Wurf Kätzchen gebären.
    „Ich werde wohl nie in meinem ganzen Leben verstehen“, meinte er schließlich gedehnt, „was in den Köpfen von Frauen vorgeht.“
    Nein, das würde er nicht. Und Kate war unschlüssig, ob sie Gott dafür danken oder in Tränen ausbrechen sollte.
    Ned fand keine Gelegenheit, an diesem Abend mit seiner Frau zu sprechen. Im Übrigen bezweifelte er, ob er das, was sie gesagt hätte, überhaupt verstehen würde.
    Nach dem Abendessen hatte Kate vergnügt in die Runde gefragt, ob jemand Lust auf ein Versteckspiel hätte. Bei einem normalen geselligen Zusammensein mit Gästen wäre ihr Vorschlag vermutlich wohlwollend aufgenommen worden.
    Wie die Dinge nun einmal lagen, hatte Harcroft ihr einen langen herablassenden Blick zugeworfen, ehe er den Kopf schüttelte und wortlos den festlich erleuchteten Speisesaal verließ. Jenny und ihr Gemahl hatten sich gleichfalls entschuldigt und zurückgezogen. Und als die Gäste gegangen waren, hatte Ned wieder diesen seltsamen Ausdruck in ihren Augen wahrgenommen – eine befremdliche Mischung aus Genugtuung und Kränkung.
    Ned konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Kate bereits ein Versteckspiel trieb, ohne zu ahnen, welche Rolle sie ihm dabei zugedacht hatte. Doch er fühlte sich unbehaglich.
    Er hatte sich auf die Suche nach Jenny begeben, die seit jeher einen untrüglichen Blick für unerklärliche Zusammenhänge hatte. Im Flur vor seinem Studierzimmer hielt er inne. Durch die angelehnte Tür fiel ein schwacher Lichtschein.
    Ned stieß sie behutsam auf.
    Als er eintrat, hob Harcroft den Kopf. „Aha, Ned. Deine Gemahlin bot mir an, mich hier aufhalten zu dürfen. Hoffentlich stört dich das nicht.“
    „Nein, nein. Ich arbeite ohnehin lieber am Schreibtisch in meinem Schlafzimmer.“
    Vor sich auf dem Tisch hatte Harcroft ein großes Blatt Papier ausgebreitet. Im Näherkommen erkannte Ned darauf eine grob gezeichnete Landkarte der Umgebung von Berkswift mit Wegen und Dörfern. Daneben lagen Federmesser, Stifte und feine Holzspäne vom Anspitzen.
    In der Mitte der Karte markierte ein roter Kreis die Stelle, wo eine Frau mit Louisas Aussehen gesehen worden war. Zwei Nadeln steckten in den Dörfern, zu denen Ned mit Harcroft am Nachmittag geritten war.
    „Du gehst deine Suche sehr akribisch an“, sagte Ned. Aus einem unerfindlichen Grund weckten die beiden Nadeln, die

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