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Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater

Titel: Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Bein.
    »Ellis!«, rufe ich wieder. Ich kann ihre gedämpfte Antwort gerade noch wahrnehmen.
    Es muss einen anderen Weg geben, wie ich zu ihr kommen kann. Das Fenster. Ich werde es durch das Wohnzimmerfenster versuchen. Ich wirble herum, laufe den Flur entlang, an dem Toten in der Küche vorbei und ins Treppenhaus. Ich stoße die Haustür auf und stürze in die kalte, verregnete Welt hinaus. Jetzt, im Freien, höre ich rings um mich herum Lärm. Ich höre die Helikopter, die Militärlaster, Schüsse und die Rufe von Leuten wie mir, die ums Überleben kämpfen. Als befände man sich mitten in einem Kriegsgebiet. Aber das ist nicht der Lärm eines Krieges, es ist der Lärm von Hunderten einzelnen Scharmützeln. Hunderte, wenn nicht gar Tausende Kämpfe, die von Menschen wie mir gefochten werden, die man verraten, gegen die man sich gewendet hat.
    Ich bin am Wohnzimmerfenster. Ich sehe hinein. Lizzie schiebt immer noch Möbelstücke vor die Tür. Edward entdeckt mich fast augenblicklich, und Lizzie schiebt die Kinder in die andere Ecke des Zimmers. Ellis sitzt hinter Edward und Josh fest, aber ich kann sie trotzdem noch
sehen. Ich sehe ihr Gesicht. Sie weint und formt meinen Namen mit den Lippen.
    Ich schaue mich nach etwas um, womit ich die Scheibe einschlagen kann. Auf halbem Weg zur Haustür liegt ein loser Pflasterstein. Ich hebe ihn auf und schaffe es, ihn durch das Fenster zu werfen. Das Glas zersplittert, und das Geräusch ist unangenehm laut. Jetzt höre ich ihre Stimmen wieder. Ich höre Lizzie schreien, dass sie sich von mir fernhalten sollen. Ich ziehe mich hoch, klettere durch das Fenster und spüre, wie die Scherben sich in mich bohren und mir die Haut aufschlitzen. Der Schmerz ist unwichtig.
    Ich zwänge den ganzen Körper durch das Fenster und falle auf den Teppich. Rasch stehe ich auf, finde aber das Gleichgewicht nicht und schwanke. Lizzie läuft auf mich zu. Sie hält etwas in den Händen – das Metallrohr des Staubsaugers. Sie schlägt damit nach mir. Ich will mich ducken, bin aber zu langsam, und sie erwischt mich.
    Plötzliche, unerträgliche Schmerzen im Gesicht.
    Blut läuft mir von der Nase in den Mund.
    Mit dem Gesicht nach unten auf dem Teppich. Ich kann nicht …

31
    Es ist kalt und still im Wohnzimmer. Langsam öffne ich die Augen. Ich glaube nicht, dass sonst noch jemand da ist. Der Möbelstapel wurde entfernt, die Tür steht offen. Regen weht durch die zerbrochene Fensterscheibe herein, die Rückseiten meiner Beine sind nass. Ich will mich aufsetzen, aber die Schmerzen sind zu groß, daher sinke ich wieder zurück.
    Wie lange liege ich schon hier?
    Langsam erinnere ich mich, was passiert ist. Ich arbeite mich von hinten vor. Ich entsinne mich, wie Lizzie mich geschlagen hat. Ich sehe ihren hasserfüllten Gesichtsausdruck noch vor mir, genau wie bei Ed und Josh. Ich mache die Augen zu und versuche, mich zusammenzurei ßen. Mit anzusehen, wie meine Partnerin und die Kinder vor mir weglaufen, und zu wissen, dass sie mich so sehr hassen, tut fast noch mehr weh als die körperlichen Schmerzen, die ich empfinde. Ich fühle mich leer, verraten und ängstlich. Ich kann das Geschehene nicht erklären. Warum ich Harry getötet habe, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich es tun musste. Mir ist unbegreiflich, wie sich meine Familie so plötzlich und so rückhaltlos gegen mich wenden konnte. Warum Ellis sich nicht verwandelt hat, weiß ich auch nicht. Gott, ich muss sie finden.
    Ich zwinge mich aufzustehen. Mein ganzer Körper schmerzt, jede Bewegung fällt mir schwer. Ganz langsam
kann ich mich mit Hilfe der Armlehne des Sofas als Stütze aufrichten. Ich sehe mich in dem Spiegel, der über dem Gasofen hängt. Mein rechtes Auge ist geschwollen, einer meiner Schneidezähne ist locker, ich schmecke Blut tief im Hals. Als ich erkenne, in welchem Zustand sich mein Gesicht befindet, verspüre ich noch größeren Schmerz. Ich schleppe mich in die Küche, steige über den Toten auf dem Boden und hole mir etwas Wasser.
    Schon besser.
    Das Wasser ist eiskalt und erfrischend und vertreibt den dumpfen Schmerz wenigstens teilweise aus meinem Schädel. Ich stehe über der Spüle, wasche mir den Mund aus, spucke Blut ins Becken. Ich blicke in das rosa Wasser und versuche, nicht zu Harry zu sehen, der tot zu meinen Füßen liegt. Was zum Teufel ist passiert? Der ganze Küchenboden ist voll von seinem dunkelroten Blut. Seine glasigen Augen starren zur Decke; ich kann ihren stechenden Blick regelrecht spüren. Ich

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