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Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater

Titel: Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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weil ich weiß, was oben ist. An der Treppe bleibe ich stehen und überlege mir einen Moment, ob ich nicht besser wieder umkehren und in die Wohnung gehen soll. Von den Wohnungen ganz oben hätte ich einen besseren Blick, mag aber nicht hinaufgehen. Ich glaube nicht, dass jemand oben ist – das Auto, das den Bewohnern der obersten Etage gehört, ist nicht wieder aufgetaucht, ich höre nichts. Aber was ist mit der Leiche? Ich weiß, der Mann auf dem Treppenabsatz ist tot, aber bringe ich den Mut auf, über den Toten hinwegzusteigen? Plötzlich sehe ich vor meinem geistigen Auge, wie er mit toten Händen
nach mir greift. Aber ein weiterer Schuss in der Ferne ist mir Ansporn genug. Ich hole tief Luft, laufe die Treppe hinauf und halte erst an, als ich die oberste Wohnung erreicht habe. Ich werfe einen Blick durch die halb offene Tür und vergewissere mich, dass keiner da ist, dann trete ich ein.
    Es liegen nur zwei Stockwerke zwischen unserer Wohnung und dieser, aber die Aussicht ist eine vollkommen andere. Die wenigen Meter bedeuten einen Riesenunterschied, denn von hier kann ich meilenweit schauen. Ich sehe fast unsere gesamte Siedlung und das Stadtzentrum in der Ferne. Heute Morgen sieht die Welt aus wie Fernsehbilder, die Kriegsberichterstatter übermitteln. Die Silhouette der Stadt wirkt dunkelgrau. Schmutziger, schwarzer Rauch steigt von den verkohlten Ruinen ausgebrannter Gebäude empor. von dem Krankenhaus am Colville Way ist so gut wie nichts mehr übrig. Die Straßen sind menschenleer.
    Wie soll ich meine Familie davor beschützen? Ich spüre, wie die Gefahr mit jedem verrinnenden Augenblick zunimmt, und kann nichts dagegen unternehmen. Ich denke an die Kinder unten und fühle mich schrecklich hilflos. Sie sind auf mich angewiesen, und ich hab keine Ahnung, wie ich ihre Sicherheit gewährleisten soll.
    Jetzt sehe ich Bewegungen in der Ferne. von hier aus kann ich leider nicht genau erkennen, worum es sich handelt. Ich drehe mich um und nehme die videokamera, die ich bei meinem Besuch gestern Abend gesehen habe. Weiß Gott, wofür die beiden Männer, die hier wohnten, sie benutzt haben. Ich will es gar nicht wissen. Ich nehme die Kamera mit zum Fenster und mache sie an. Die Batterie ist so gut wie leer. Ich finde die Steuerung der Linse
und zoome so weit es geht in die Ferne. Es dauert einige Sekunden, bis ich die Kamera in die richtige Richtung geschwenkt habe und die Bewegung wiederfinde, die mir gerade aufgefallen ist.
    Ich glaube, ich sehe die Gegend um den Marsh Way, bin aber nicht ganz sicher. Wie die Straße auch immer heißen mag, zwei große olivgrüne Lastwagen fahren sie entlang. Auf beiden Seiten dieser Laster marschieren uniformierte Gestalten. Verdammt, das sind bewaffnete Soldaten, wie es aussieht, in voller Gefechtsmontur. Masken oder visiere verbergen ihre Gesichter. Die Lastwagen halten mitten auf der Straße an, die Soldaten teilen sich in kleinere Gruppen auf. Einige bleiben in unmittelbarer Nähe der Fahrzeuge, andere rücken zu den Häusern auf beiden Straßenseiten vor. Von hier kann ich nur eine Gruppe deutlich sehen, denke aber, dass beide das Gleiche machen. Sie durchsuchen systematisch die Häuser.
    Der erste Soldat schlägt mit der Faust gegen die Tür. Himmel, die warten gar nicht, bis sie reingebeten werden. vier Soldaten der Fünfergruppe verschaffen sich gewaltsam Zutritt zu dem Haus, sobald die Tür aufgeht. Der fünfte Uniformierte, der etwas bei sich trägt, folgt ihnen ins Innere. Es ist nicht leicht, die Kamera auf diese Entfernung auszurichten, darum kann ich nicht erkennen, ob er ein Klemmbrett oder einen Laptop bei sich trägt. Alle verschwinden in dem Gebäude, und ich warte darauf, dass sie wieder rauskommen. Und warte. Und warte.
    Andernorts in der Straße spielt sich das Gleiche ab. Gruppen von Soldaten entfernen sich von den Lastwagen und überprüfen nacheinander alle Häuser. Ich blicke einen Moment vom Bildsucher der Kamera hoch und sehe auch in einer anderen Straße in der Nähe Bewegung. Dort
wiederholt sich alles. Ich blinzle, als die Sonne zum ersten Mal an diesem Tag durch die Wolken bricht, und entdecke mindestens zwei weitere Trupps mit Lastwagen und Soldaten, die die Straßen durchkämmen, alle in einem Radius von hundert Metern voneinander entfernt. Ich konzentriere mich wieder auf das Haus im Marsh Way, das ich zu Anfang beobachtet habe, und sehe, wie die fünf Soldaten herauskommen und sich sofort dem Nachbargebäude zuwenden, während ein benommenes

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