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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Befehlsausgabe. Jede Kompanie und jeder einzelne Zug erhielt klare Zielvorgaben. Die Hauptteile des Bataillons sollten sofort mit dem offenen Angriff in breiter Front in Richtung Vuossisumpf beginnen. Dort würde man sich von Norden her über die Grünen hermachen. Die Gelben würde man sich später vornehmen.
    »Wir beginnen sofort mit den Gefechtshandlungen!«
    Hauptmann Ollinkyrö versuchte zu widersprechen. Er wandte ein, dass man einen Tag zu früh mit der Operation beginne. Der Major schnauzte ihn an:
    »Das Bataillon steht unter meinem Kommando! Sie tun, was ich sage, oder Sie kommen vors Kriegsgericht, lieber Hauptmann. Verdammt, ich werde Sie hinrichten lassen, wenn Sie nicht Folge leisten.«
    Hauptmann Ollinkyrö dachte bei sich, wenn er über den besoffenen Major Meldung machen würde, bekäme Remes mit Sicherheit erhebliche Schwierigkeiten. Aber dieser Raufbold würde ihm vorher womöglich den Schädel einschlagen ... Ollinkyrö kannte Remes’ Ruf. Und so hielt es der Hauptmann für richtiger, seinem Vorgesetzten zu gehorchen, genau wie man es in der finnischen Armee immer getan hat und immer tun wird.
    Eintausend Mann rüsteten sich zum Kampf. Die Zelte wurden abgebaut, der Tross setzte sich in Bewegung, die Rekruten schulterten ihre schweren Tornister und Waffen. Milliarden von Mücken folgten dem sich zum Angriff formierenden Bataillon.
    Gegen Abend kam es im Gelände am Vuossiselkä zur Feindberührung mit den Grünen, also den behelmten »Soldaten der Nato«.
    »Zum Angriff!«, brüllte Major Remes. Der Gegner zeigte sich vollkommen überrumpelt, und es entstand ein grimmiger Nahkampf, in dem die »Nato-Truppen« von den Finnen erbarmungslos auseinandergesprengt wurden. Ihnen war gesagt worden, der Angriff der Blauen sei erst am folgenden Tag zu erwarten. Während des Nachmittagsschlafs jedoch hielt der Krieg auf unsanfte Weise Einzug in den Stellungen. Die Zelte wurden umgestoßen, Platzpatronen unbekümmert abgeschossen und fünfhundert Soldaten sofort als Gefallene gekennzeichnet, während die Übrigen kreuz und quer durch den Wald liefen und nach ihren Einheiten suchten.
    Berauscht von seinem überraschenden Erfolg beschloss Major Remes, seinen Angriff nach Osten auszudehnen und nun auch den Gelben in den Rücken zu fallen. Über den Potsurainen drang man in der Nacht in das Juha-Vainaan-Maa ein, das »Land des toten Juha«, wo die »Russen« in ihren Stellungen hockten. Der schwere Marsch durch die weichen Moore zehrte an den Kräften der Männer, zumal sich die Lastpferde oft weigerten, die modrigsten Stellen zu überqueren, sodass sie mit vereinten Kräften durch Dreck und Mückenschwärme geschleift werden mussten, hin zu den im Juha-Vainaan-Maa wartenden »Russen«.
    Die Gelben dachten, bei den Angreifern handle es sich um die Grünen, so wie es in den Plänen vereinbart worden war. Als sich zeigte, dass die Eindringlinge Schirmmützen trugen, verlor die Führung der Gelben vollkommen die Kontrolle über die Situation. Tierisch brüllend stampfte Major Remes an der Spitze seiner Truppen durch die Stellungen der Gelben, und man konnte bald konstatieren, dass eine ganze Brigade in eine hilflose Lage geraten war. Hätte es sich um einen richtigen Kampf gehandelt, wäre die Zahl der Gefallenen in die Tausende gegangen. Die Raben von Lappland hätten das saftigste Mahl des Jahrhunderts vorgefunden, und bis hin nach Wladiwostok hätten Angehörige um die Gefallenen geweint.
    Zwei Tage und Nächte operierte Major Remes in der Wildmark und verursachte ein furchtbares Chaos. Die Einheiten des Manövers gerieten so gründlich durcheinander, dass in den Wäldern Männerhorden von der Größe einer Kompanie umherirrten, in denen es sowohl Blaue als auch Grüne und Gelbe gab. Da waren hungrige und müde Gefallene, Verwundete, Gefangene und Sonstiges in umherstreifenden Gruppen vereint. Die Telefonverbindungen funktionierten nicht, und aus dem UKW -Sprechfunk kam kein vernünftiges Wort mehr, sondern zumeist nur maßloses Fluchen, wenn sich der Führungsstab des Manövers in Pulju Klarheit über die sich ständig verändernde Situation zu verschaffen versuchte. Eine Art konsequente Haltung zeigten nur die Gespannführer, die versuchten, die Sommerschlitten aus den Mooren zu ziehen, damit nicht die gesamte kämpfende Armee auf einen Schlag an Hunger starb.
    Major Remes’ Siegeszug war ein eindrucksvoller Erfolg. Die Blauen eroberten sämtliche Stellungen beider Feinde, setzten die Truppen außer Gefecht

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