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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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machen?«
    »Ich bin ein Trinker. Ich habe meinen Posten wegen des Suffs verloren, verstehst du.«
    Oiva Juntunen sagte, etwas Ähnliches habe er bereits vermutet. Die Einkaufsfahrten hätten sich ziemlich in die Länge gezogen. Man sehe dem Major außerdem am Gesicht an, dass er ein Freund hochprozentiger Getränke sei.
    »Im Garnisonsdienst denke ich immer bloß an die Flasche. Ich habe ungefähr zehn Jahre lang Pomeranzenschnaps getrunken, ständig kann man schon sagen. Aber hier habe ich es viele Tage lang ohne Alkohol ausgehalten. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich eine so lange nüchterne Phase nicht mehr gehabt, seit ich zum Hauptmann befördert worden bin, und das ist eine ganze Weile her, lieber Oiva. Oder doch, vor zwei Jahren war ich mal elf Tage lang nüchtern. Damals ist mir der Blinddarm durchgebrochen, und meine Frau hat mir keinen Pomeranzenschnaps ins Krankenhaus gebracht, obwohl ich ihr wer weiß wie gedroht habe. Die Irmeli ist ein eigensinniger Mensch.«
    »Vielleicht hat deine Frau gedacht, bei einer Bauchoperation ist Saufen nicht so gut«, gab Oiva Juntunen zu bedenken.
    »Alles auf dieser Welt ist letztlich ungesund. Aber es stimmt, dass sich in den schnapslosen Zeiten der Körper irgendwie besser anfühlt. Man hat mehr Kraft, ist beweglicher.«
    Der Major passte einen Balken ein, legte einen neuen darauf zurecht und redete dann weiter.
    »Eigentlich hat mich der Dienst zum Säufer gemacht. Wie soll ich es erklären ... Als Bataillonskommandeur ist man so eingebunden in die ganze blöde Ausbilderei, dass man kaum mal abschalten kann. Man hat ständig zu tun, ein Zivilist kann sich das gar nicht vorstellen. Oft häuft sich die Arbeit, es ist vor allem Papierkram, völlig überflüssiger noch obendrein. Ich habe während meiner militärischen Laufbahn bestimmt eine Tonne Papier von einem Haufen auf den anderen gelegt. Wenn du ein Schreiben fertigmachst, es ins Reine übertragen und abschicken lässt, dann tauchen bald zwei oder drei neue auf, die du lesen, zu denen du Stellung nehmen und Planungen machen musst, verdammte Scheiße, und dann musst du zu all diesen Papieren wieder neue aufsetzen und weiterschicken, hierhin und dorthin. In der finnischen Armee sind Millionen überflüssiger Papiere im Umlauf. Sie werden mit der Post geschickt oder von Boten überbracht, außerdem werden Funksprüche empfangen und versendet, Memoranden erstellt. Das eine Papier geht nach Norden, das andere nach Osten. Diarien füllen sich, Stempel werden auf Schreiben geklatscht, Unterschriften gekritzelt. Diese Papiere sind wie die verdammten Mücken: Wenn du eines tötest, kommen an seiner Stelle fünf neue. Schmeißt du mal eins in den Papierkorb, wird bald in fünf Briefen danach gefragt. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass man die Mücken nicht ausrotten kann, indem man sie tötet, und Papiere nicht, indem man sie bearbeitet.
    Und dann noch als Krönung der Oberst mit seinen Schikanen. Da tat es einfach gut, zwischendurch eine oder zwei Flaschen Pomeranzenschnaps zu saufen. Oft habe ich schon gleich morgens mit der ersten Flasche angefangen. So sah mein Leben aus. Schnaps und Papiere und Frust und wieder Schnaps.«
    Oiva Juntunen warf ein, dass der Major am Kuopsu nicht zu saufen brauche, da es hier keine Papiere gebe.
    »Ja, eben. Wenn in der Armee die anfallenden Arbeiten im Akkord geleistet werden müssten, wäre ich nicht gezwungen zu saufen. Ich bin ein Mensch, der zupacken kann. Auf Akkordbasis könnte ich das Jahrespensum eines Bataillonskommandeurs in zwei Monaten erledigen. Da bliebe keine Zeit zum Saufen.«
    Remes schleppte wieder einen neuen Balken herein. Er sägte ihn zurecht, sodass er auf den vorigen passte.
    »Ich glaube, wenn ein Krieg ausbricht, wird noch so mancher Mann in diesem Gefängnis sitzen. Insofern ist die Arbeit also nicht ganz umsonst.«
    Oiva Juntunen äußerte Zweifel, dass der Kerker vom Kuopsu in einem künftigen Krieg Verwendung fände. Würde ein dritter Weltkrieg nicht vor allem in Mitteleuropa, in den USA und der Sowjetunion geführt?
    »Gerade dieser Kuopsu und das Juha-Vainaan-Maa werden Operationsgebiete sein, falls es zu einem Krieg kommt. In die Kuppe des Kuopsu werden eine Raketenbasis oder zumindest die Stellungen einer schweren Luftabwehrbatterie gegraben. Im Juha-Vainaan-Maa werden Panzersperren errichtet, und in unsere Hütte wird irgendein Stab einquartiert. Drüben in der Umgebung der Goldrinne werden blutige Panzerschlachten geführt. Dieses Gelände ist

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