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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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der Zelle gesessen. Sie sind völlig humorlos. Mit Mördern im Gefängnis zusammenzuleben, ist wirklich trist. Ich habe noch keinen einzigen fröhlichen Mörder getroffen. Wenn sie was getrunken haben, dann werden auch diese Kerle ein bisschen lockerer, aber im Gefängnis sind sie nüchtern. An denen hat man kaum Gesellschaft.«
    Oiva Juntunen musste an Siira denken.
    »Einmal habe ich einen richtig brutalen Kerl kennen gelernt, einen Vertriebskaufmann. Er ist ein Mörder, ich glaube, er hat mehrere Menschen umgebracht. Siira heißt er. Ich habe ihn Gold rauben lassen, das hat er auch ganz gut hingekriegt. Vor dem Mann verstecke ich mich jetzt. Ich sehe nicht ein, dass ich die Beute mit so einer Bestie teilen soll.«
    Oiva Juntunen erzählte von Siira. Er erklärte, dass dieser bald aus dem Gefängnis entlassen würde, womöglich bereits auf freiem Fuß sei, und nun nach seinem Komplizen suchen werde.
    »Im Allgemeinen sind Mörder dumme Menschen. Aber dieser Satan besitzt Verstand. Deswegen ist er auch so gefährlich.
    Im Geschäftsleben ist die Minimierung von Risiken ja allgemein üblich, sie gehört zu den Prinzipien eines jeden auch nur halbwegs begabten Unternehmers. In der Unterwelt hingegen werden ganz wahnsinnig hohe Risiken eingegangen, es werden zu viele Verbrechen verübt, es wird gegiert, verschwendet und getrunken. Daraus folgt, dass sich die Gefängnisse mit unprofessionellem Gesindel füllen. Es ist ein System entstanden, das man eigentlich überhaupt nicht brauchen würde, wenn sich die Verbrecher auf Taten konzentrieren würden, die nicht zu ihrer Festnahme führten. Gingen die Verbrecher weniger idiotische Risiken ein, könnte man nahezu ganz auf den Strafvollzug verzichten. Das ist natürlich reine Theorie, denn die Kriminalität würde automatisch sofort steigen, wenn das Risiko der Verhaftung verschwände. Die Anzahl der Kriminellen würde sich vervielfältigen ... Nach meiner Einschätzung würden fast alle Menschen anfangen, Verbrechen zu begehen. Und wenn die Schar der Räuber wächst, wird der aufzuteilende Kuchen immer kleiner. Das Ergebnis wäre ein Chaos, weil es schließlich nichts mehr zu rauben gäbe. Die Kriminalität würde an ihrer eigenen Unmöglichkeit ersticken. Ein schöner Gedanke, was, Remes?«
    »Das hast du dir alles im Gefängnis überlegt?«
    »Vom Standpunkt der Gesellschaft aus gesehen ist natürlich das jetzige System besser, in dem die Behörden die Anzahl der Verbrecher, ihre Population unter Kontrolle halten. Es ist eine Regulierung ähnlich wie bei der herbstlichen Elchjagd. Stell dir mal vor, Remes, die Verbrecher wären Elche. Wie viele von den Viechern werden jeden Herbst in Finnland erlegt?«
    »Ungefähr sechzigtausend.«
    »Also gut. Die Schäden an jungem Baumbestand, die Autounfälle und Ernteverluste halten sich in Grenzen, wenn jedes Jahr sechzigtausend Elche getötet werden. Gleichzeitig wird den übrig gebliebenen Elchen ausreichend Lebensraum garantiert. Im Ergebnis haben wir gutes Elchfleisch und Ruhe im Land. Das gleiche Geschäft erledigen die Polizisten und Richter. Jedes Jahr werden, sagen wir mal, zweitausend Verbrecher geschnappt und in die Gefängnisse gesperrt. Die Methoden sind kultivierter, Verbrecher werden nicht geschlachtet wie die Elche, aber das Ziel ist vergleichbar. Die überschüssigen Elche steckt man in den Kochtopf, die überzähligen Gauner in den Knast. Ein Teil der Population muss immer von der Weide genommen werden. So einfach funktioniert das System.«
    Oiva Juntunen starrte ins Feuer, und ein leises Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Ich bin gewissermaßen eine Ausnahme, weil ich schon seit sechs Jahren nicht mehr im Knast gesessen habe. Ich belaste eigentlich die Weide ungebührlich. So muss ich denn auch wenigstens dafür sorgen, dass die Situation im Gleichgewicht bleibt, obwohl ich auf freiem Fuß bin. Vor ein paar Monaten habe ich einen Bekannten, einen gewissen Haudrauf-Sutinen, wieder ins Gefängnis geschickt. Und auch Siira muss auf irgendeine Weise aus dem Verkehr gezogen werden. Auf diese Weise bleibt die Zahl der inhaftierten und der auf freiem Fuß befindlichen Verbrecher konstant. Das mit Siira wird allerdings schwierig werden. Aber ich habe ja Zeit, mir etwas auszudenken, Hauptsache, wir bleiben erst mal schön hier. Vielleicht gehe ich dann im nächsten Sommer wieder nach Stockholm zurück.«
    »Du hast in Stockholm eine eigene Wohnung?«
    »Und was für eine! Lass uns dort mal zusammen eine Fete machen, wenn

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