Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
in den Wald, aber ins Altersheim kriegt man mich nicht mal mit Gewalt.«
    »Aber hören Sie, Frau Mosnikoff ... Hier können Sie ja nicht bleiben. Dies ist ein Männerhaushalt. Wir verstehen uns nicht darauf, einen alten Menschen zu pflegen. Es ist besser, wir bringen Sie in den Ort, ins Warme. Ihr Kater kommt auch gleich mit, er braucht nicht zu laufen.«
    Naska war empört. Benötigte sie etwa Pflege? Im Gegenteil, sie hatte das Frühstück gemacht, hatte es etwa nicht geschmeckt? Und in der Hütte war es ihrer Meinung nach warm und sauber genug.
    »Ich zahle für mein Essen, gleich, wenn ich wieder Rente kriege. Lasst mich wenigstens ein paar Wochen hier bleiben, dann gehe ich wieder nach Sevettijärvi. Jetzt ist es mir zu riskant, sie lauern bestimmt überall.«
    Oiva Juntunen fluchte im Stillen vor sich hin. Womöglich kriegte man noch Ärger wegen der eigensinnigen Alten. Wenn die Behörden sie hier fänden, müsste sich schon ein ehrlicher Mensch eine gute Ausrede einfallen lassen, ganz zu schweigen von einem Gauner. Die Frau musste unbedingt ins Dorf geschafft werden, notfalls mit Gewalt. Major Remes sollte sich um diesen Transport kümmern.
    Oiva Juntunen beschloss, der Alten so viel Geld für ihren Unterhalt zu geben, dass es bis an ihr Lebensende reichte. Das Mütterchen hatte wohl kaum mehr noch viele Jahre zu erwarten. Als Remes den Wasserschlitten reisefertig hatte, übergab Oiva ihm zwanzigtausend Finnmark.
    »Kauf einen Motorschlitten, wenn du schon mal unterwegs bist. Der alten Frau gibst du ein paar Mille, eben das, was noch übrig ist.«
    Der Major trug die zappelnde Alte in den Schlitten. Oiva Juntunen brachte den Kater, und dann zog Remes los.
    Die alte Frau sprang sofort aus dem Schlitten und rannte blindlings in Richtung Juha-Vainaan-Maa davon. Auch der Kater wurde nervös und fing an zu fauchen. Oiva Juntunen rannte hinter der Alten her. Obwohl ihr der Schnee bis zur halben Wade reichte, lief sie sehr schnell. Oiva Juntunen kam außer Atem. Den ganzen Herbst über hatte er nur herumgelegen, darunter hatte seine Kondition gelitten. Erst nach einem Sprint von hundert Metern holte er die Fliehende ein und führte sie zum Schlitten zurück. Jetzt wurde die Alte mit einer Wäscheleine an die Streben gebunden, damit sie nicht mehr vor ihren Rettern fliehen konnte. Oiva Juntunen holte die übrig gebliebenen Frühstücksbrote aus der Küche und übergab dem Major das Proviantpaket.
    »Versuch, irgendwie klarzukommen.«
    Wortlos warf sich der Major das Seil über die Schulter und zog mit seiner wütenden Passagierin in Richtung Pulju davon. Nach einer Weile verschwand die Fuhre im verschneiten Wald am Fuße des Berges. Naskas schrille Proteste schallten allerdings noch lange durch die Winterlandschaft.
    Oiva Juntunen klopfte sich den Schnee von den Stiefeln. Er ging in die Stube und schaltete das Radio an, denn es war Nachrichtenzeit. Nach den wichtigen Meldungen wurde kurz erwähnt, dass die Suche nach der Skolt-Samin Naska Mosnikoff ergebnislos eingestellt worden sei. Am Ende der Nachrichtensendung brachte man ein Interview mit dem Geschäftsführer der Tourismusabteilung von Suomen Latu , dem nationalen Verband zur Förderung des Skilanglaufs. Der Mann schärfte den Bürgern ein, niemals allein und ohne entsprechende Ausrüstung in die Fjälls zu gehen. Besonders Frauen über neunzig riet er, wenigstens jetzt im Winter zu Hause zu bleiben.
    Oiva Juntunen machte das Radio aus. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Die alte Frau war einerseits so nett gewesen. Aber andererseits war ihnen ja nichts weiter übrig geblieben, als sie von hier wegzubringen. Wie sollte ein alter Mensch unter diesen Bedingungen leben?
    Oiva Juntunen sah sich in der Behausung um. An den Bedingungen gab es eigentlich überhaupt nichts auszusetzen. Major Remes hatte sämtlichen modernen Komfort herangeschafft. Man hatte elektrisches Licht, eine gute Küche, weiche Betten, Stereoanlage und Kaminwärme ... Aber die offizielle Seite der Angelegenheit war ausschlaggebend. Naska war ein Altersheimflüchtling, und auch ohne sie gab es in dieser Bude schon genug Geächtete.
    Plötzlich verspürte Oiva Juntunen Neid auf Naska Mosnikoff. Ihr war es gelungen, spurlos zu verschwinden, sie war offiziell für verschollen und unauffindbar erklärt worden. »Die Suche wurde ergebnislos eingestellt.« Für diese Aussage hätte selbst Oiva Juntunen eine Million gegeben. Aber die Welt war ein für allemal ungerecht: Eine alte Frau, die

Weitere Kostenlose Bücher