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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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näher, um den Besuch in Augenschein zu nehmen.
    Als der meiste Schnee heruntergeschüttelt worden war, konnten die Männer feststellen, dass es sich tatsächlich um einen Menschen handelte, noch dazu um eine Frau. Und eine Katze. Beide alt und vor Kälte zitternd. Die Frau war völlig verstört. Sie nahm Oiva Juntunens Hand und stammelte:
    »Kiureli, schlag mich nicht, es war solch ein Schneesturm, ich habe es nicht eher geschafft ...«
    Es schien Naska, als hätte sie sich tatsächlich in das Kloster verirrt, denn alles in diesem Raum war so schön und klar. Es erklang herrliche Musik, prächtige Stimmen sangen. In Wahrheit dröhnten aus der Stereo-Anlage gerade Songs der schwedischen Pop-Gruppe Abba.
    Naska schaute ihren Ehemann ängstlich und zugleich liebevoll an. Hier war nun ihr Kiureli, gekleidet wie ein vornehmer Herr, er hatte seinen Bart abrasiert, an den Füßen trug er feine Stiefeletten. Aber Kiureli gab ihr nicht die Hand, sondern forderte sie auf, sich zu setzen. Dann nahm der andere Mann, ein großer, schwarzbärtiger Mönch, die Katze hoch. Die beiden Männer fragten Naska nach ihrem Namen.
    Major Remes vermutete, dass es sich wahrscheinlich um die verschwundene Skolt-Samin handelte. Es war mehr als ein Wunder, dass sie noch lebte.
    »Kiureli, ich bin’s doch, Naska, warum fragst du? Wo sind die Kinder?«
    Die Männer sahen, dass die Alte nicht bei sich war. Ihr war kalt, sie zitterte am ganzen Körper und brabbelte zusammenhanglos vor sich hin. Major Remes hob sie vorsichtig hoch und trug sie in sein Bett. Er zog ihr die Oberbekleidung aus und deckte das kleine Persönchen mit warmen Decken zu. Dann knipste er die Leselampe aus und ging in die Küche, um Fleischbrühe zu wärmen. Oiva Juntunen suchte im Erste-Hilfe-Kasten nach einem Fieberthermometer. Er steckte es der Alten unter die faltigen Achseln. Nach einigen Minuten brachte Remes die Fleischbrühe. Die Männer sahen zunächst nach dem Fieberthermometer: Es zeigte 35,9° C. Die Körpertemperatur der Alten war bedrohlich niedrig. Oiva Juntunen massierte sie, um ihren Blutkreislauf wieder in Schwung zu bringen. Die Alte kicherte, tat schüchtern, als man sie anfasste.
    »Kiureli, lass das, der Mönch guckt zu ...«
    Mönch Remes flößte der Alten Fleischbrühe ein, die ihr gut schmeckte. Als Naska etwas Warmes im Magen hatte und ihr Blut wieder zirkulierte, kam sie so weit zu Verstand, dass ihr der Kater einfiel. Sie bat darum, dass man ihm auch etwas zu fressen gäbe. Remes stellte ihm ebenfalls Fleischbrühe hin. Jermakki leckte einen ganzen Teller Brühe aus und sprang dann ans Fußende des Bettes zu Naska. Der Kater fühlte sich nach langer Zeit wieder wohl und begann, gemütlich zu schnurren.
    Nachdem die Alte gefüttert und warmgerieben worden war, beruhigte sie sich und schlief ein. Major Remes machte sich sein Lager auf dem Bett des Vermessers zurecht. Das Licht wurde gelöscht, man begab sich zur Nachtruhe. Im Dunkeln sagte Oiva Juntunen leise zum Major:
    »Morgen kannst du die Alte dann im Schlitten nach Pulju ziehen.«
    Der Major murmelte einen Protest: Immer bekam er die unangenehmsten Aufgaben übertragen. Konnte Oiva Juntunen nicht auch mal selbst etwas tun?
    »Hast du vergessen, dass ich vogelfrei bin? Ich kann unmöglich mit dieser Alten im Dorf aufkreuzen. Du musst sie hinbringen, dafür wirst du schließlich bezahlt.«
    Naska schnarchte sanft. Wenn man angestrengt lauschte, hörte man auch hin und wieder den Kater schnurren. Draußen hinter den dicken Balken tobte der erste Schneesturm des Winters. Nur ein einziges Wesen war in dieser Nacht unterwegs.
    Der Fünfhunderter beschnupperte die schneebedeckten Spuren auf dem Hof der Hütte. Er pisste auf die Abdrücke der Schäferhunde, vor Wölfen hatte er keine Angst. Aber auf dem Hof und auf den Treppenstufen gab es noch andere zweifelhafte Gerüche. Die Soldaten hatten Stiefelfett im Schnee hinterlassen. Naskas Schuhe rochen für den Fuchs nach der Halbinsel Kola, aber am verblüffendsten war Jermakkis starker Geruch. Ein anderes Tier, verflucht!
    Der junge Fuchs schnüffelte lange an diesen Spuren und überlegte scharf, wie das Wesen beschaffen war, von dem so grauenhafte Gerüche ausgingen. Er konnte das Problem nicht lösen, denn er hatte ja noch nie einen Kater gesehen.
    Der Fünfhunderter war unendlich angewidert.
19
    Die Nacht pumpte wieder Verstand in Naska Mosnikoffs kleinen Schädel. Am Morgen stellte sie sofort fest, dass sie nicht in der Gästezelle eines Klosters

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