Im Wald der stummen Schreie
können. Ruhelose Seelen auf dahintreibenden Inseln ...
Jetzt zielten sie mit Bögen aus Knochen auf sie. Ohne nachzudenken, hob sie die Pistole und feuerte. Der Knall ließ die Feinde erstarren. Sie konnte nicht zielen. Ihre Insel trieb ab, sodass sie keine standfeste Position einnehmen konnte. Aber sie feuerte und feuerte noch einmal. Um ihnen Angst einzujagen.
Ein Sirren links, dann rechts. Pfeile. Schlecht gezielt. Die fehlende Standsicherheit war auch für den Feind ein Handikap. Jeanne kauerte sich nieder. Legte sich hin, tauchte mit dem Bauch ins Wasser ein und legte die Hände zusammen, um einen besseren Halt zu haben. Abzug. Knall. Abzug. Knall. Sie sah nichts. Die Bäume, das Schilf, die Lianen zogen mit dem Strom dahin, während die Inseln auseinanderdrifteten.
Bald würde ihr die Munition ausgehen. Vor allem wusste sie eines: Mochte sie auch dem schnellen Tod durch die Pfeile entgehen, blieb ihr nicht der langsame Tod erspart, wenn sie auf ihrer Insel abtrieb. Wenn sie sich allzu weit von dem Pfad entfernte, wenn sie wartete, bis sich die Landschaft allzu sehr veränderte und neu formierte, würde sie ihren Weg nie mehr wiederfinden.
Kriechend wich sie zurück und richtete sich auf. In der Ferne glaubte sie die Linie der Palmen und der Johannisbrotbäume zu erkennen, die den Pfad säumte. Wenn sie diese Richtung einschlug und von Insel zu Insel hüpfte, konnte sie wieder das Festland erreichen. Ohne zu zögern, holte sie Schwung und sprang. Eine Kröte auf Seerosen. Eine Kröte, die bei jedem Sprung nicht wusste, ob die Stelle, an der sie landete, standhalten würde. Sie sprang. Prallte zurück. Pfeile sirrten um sie herum.
Sie erreichte das Ufer.
Fand zurück auf den Pfad.
Sie warf einen Blick zurück. Die Ungeborenen trieben noch immer auf ihren pflanzlichen Pirogen dahin. Ob zu Recht oder zu Unrecht, sie fühlte sich sicher. Sie sah auf ihre Uhr. 15.30 Uhr. Das Ziel – die lancha – war noch immer erreichbar. Im Laufen zog sie das Magazin heraus, um zu überprüfen, wie viele Patronen sie verschossen hatte. Es blieb ihr nur noch eine Kugel.
Sie fand in ihren Laufrhythmus zurück. Palmwedel, Farne, Schilf ... Und die blutrote Erde. Wie viele Kilometer lagen noch vor ihr? Sie wusste es nicht. So wenig wie sie wusste, ob ihr noch andere Zombies auf den Fersen waren ...
Ein Rascheln in den Sträuchern ringsherum. Das war die Antwort. Ein Knarren und Knacken in dem Röhricht und in den Ginsterbüschen hinter den Bäumen. Die Angreifer rückten vor. Sie wollten ihr Angst einjagen. Sie wussten, dass die Angst ihr schlimmster Feind war. Diese Angst würde sie lähmen. Sie zu einer leichten Beute machen.
Oder aber es war eine Treibjagd.
Sie zwangen sie dazu, sich auf eine Falle zuzubewegen ...
Jeanne lief weiter. Geradeaus. Sie erblickte einen Baum, dessen Stamm sich in einer Höhe von etwa zwei Metern teilte und sich als ideales Versteck eignete. Sie stürmte darauf zu und umfasste einige Lianen, um sich daran hochzuziehen. Dann besann sie sich. Das Versteck war einfach zu perfekt. Die Ungeborenen würden bemerken, dass ihre Fußabdrücke hier aufhörten. Sie mussten nur die umstehenden Bäume absuchen, um ihr Versteck zu entdecken.
Sie erinnerte sich an ein Buch über Konfrontationen zwischen Scharfschützen in den großen Kriegen des 20. Jahrhunderts. Eine der bevorzugten Listen dieser Soldaten bestand darin, ein Versteck zu suchen – ohne sich dort zu verstecken. Vielmehr hatten sie, aus der Ferne, ein wachsames Auge darauf. Sie wussten, dass sich der Feind anschleichen würde, in der Erwartung, den Gegner dort zu überraschen ...
Jeanne wich im Schlamm zurück, wobei sie ihre Füße in ihre eigenen Fußabdrücke setzte. Sie verließ den Pfad und verbarg sich im Schilfdickicht. Dann entdeckte sie ein anderes Versteck. Nicht so leicht zugänglich – es lag einige Meter über dem Boden. Ein s-förmiger Hohlraum in einem schwarzen, verbrannten Stamm, über dem sich die Äste und Blätter entfalteten.
Jeanne griff nach den Lianen, die den verkohlten Stamm überzogen. Nach einigen Klimmzügen hatte sie die Spalte erreicht. Sie duckte sich hinein, wobei sie sich wie ein Fötus zusammenkrümmte. Sie vermied es, an all die Plagegeister – Insekten und Parasiten – zu denken, die darin herumkriechen mochten.
Bevor sie sich völlig darin vergrub, riss sie ein fünfzig Zentimeter langes Stück Moos aus. Ein grünliches Netz, mit dem sie ihr Gesicht bedeckte. Eine perfekte Tarnmaske, um beim
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