Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
nicht, wie ich Kontakt mit ihm aufnehmen kann. Er hat mir nie mitgeteilt, wo er sein Lager aufgeschlagen hat! … Versprich mir, dass du niemandem von meiner Schwangerschaft erzählst“, flehte Erin. „Bitte.“
„Du hast mein Wort. Obwohl ich von der Aussicht nicht begeistert bin, deinen Bruder zu belügen.“
„Ich verspreche dir, dass ich nach einem Ausweg suchen werde.“
„In der Zwischenzeit bin ich für dich da.“
Erin erhob sich mit dankbarem Gesichtsausdruck. „Du bist vermutlich müde. Ich lasse dich jetzt allein und hole dich zum Essen.“
Anne sah ihr prüfend in die Augen. „Geht es dir wirklich gut?“
„Ich fühle mich nur etwas erschöpft. Wenn ich mich hinlege, sieht man mir beim Abendessen bestimmt keine Müdigkeit mehr an.“ Auf dem Weg zur Tür wandte sie sich nochmals um. „Ich freue mich, dass du hier bist.“
„Ich mich auch.“ Anne lächelte aufmunternd. „Es wird alles gut, Schwester.“
Erin nickte mit Zweifel im Herzen und verschwand.
Ein paar Stunden später trafen sich alle zum Essen. Wieder bemerkte Erin, wie Edwolf und Anne sich heimlich Blicke zuwarfen, während sie das Gespräch alleine bestritt. Entwickelte sich etwa vor Erins Augen eine unmögliche Liebe?
„Können wir uns noch einmal über meine Ehe unterhalten?“ versuchte Erin das Thema anschneiden, das sie nicht mehr länger umschiffen konnte.
„Vor deinem Besucher möchte ich nur ungern darüber sprechen“, murmelte Edwolf.
Erin war nur zu klar, welchen Teil er vor Anne nicht ausbreiten wollte.
„Ich will meine Ehe nicht annullieren lassen“, fuhr Erin fort.
Ihr Bruder warf einen raschen Blick in Annes Richtung, doch die schenkte Erin ein aufmunterndes Lächeln. „Und warum nicht?“
„Weil … weil ich meinen Mann vielleicht liebe?“
„Vielleicht?“ Edwolf verschluckte sich beinahe an einem Bissen Fleisch.
„Also, gut. … Ich liebe ihn.“ Die Worte entsprachen der Wahrheit. Inzwischen hatte sie Liam sein Verschweigen ihrer Vergangenheit während ihres Gedächtnisverlustes verziehen. Ihr Herz sagte ihr, dass er sie niemals gezwungen hätte, ihre Wettschulden einzulösen und seine Geliebte zu werden. Und dass er sie geheiratet hatte … nun, vielleicht hatte er romantische Gefühle für sie entwickelt und …
„Du kannst diesen Mann nicht lieben. Im letzten halben Jahr hast du nicht einmal von ihm gesprochen!“
Sie funkelte ihn wütend an. „Dir ist der Grund dafür nur zu gut bekannt.“
Ihr Bruder schüttelte den Kopf. „Egal. Woher dein Sinneswandel kommt, interessiert mich nicht. Diese unsinnige Unterhaltung möchte ich jetzt auch nicht fortführen.“
„Aber Gefühle darf man nicht unterdrücken! Sonst …“, versuchte Anne zu vermittelt. Edwolfs abweisender Gesichtsausdruck brachte sie zum Schweigen.
„Verzeiht, dass Ihr Zeuge dieser … Auseinandersetzung geworden seid“, meinte Edwolf schließlich. „Ich werde das Thema ein anderes Mal mit meiner Schwester erörtern. … Alleine.“ Der bedeutungsvolle Blick, den er Erin dabei zuwarf, machte deren Hoffnungen zunichte, die Situation im Guten bereinigen zu können.
Der Rest des Essens verlief in angespanntem Schweigen.
„Ich werde mit unserem Gast noch im Garten spazieren gehen, und Anne die Umgebung zeigen“, verkündete Edwolf, als Erin sich müde zurückziehen wollte.
Erin war bei dem Ausflug eindeutig nicht erwünscht. Vom Fenster ihres Zimmers aus beobachtete sie ihren Bruder und ihre beste Freundin. Die beiden gaben ein schönes Paar ab. Hoffentlich brach Edwolf Anne nicht das bereits ihm zugetane Herz.
Am nächsten Morgen konnte Erin zusehen, wie Edwolf und Anne umeinander schlichen wie Katzen um einen Topf Sahne. Die beiden gingen vertraut miteinander um und bald war Erin klar, dass sie die sanftmütige Anne guten Einfluss auf ihren Bruder auszuüben schien, der ruhiger und zufriedener wirkte. Sie hoffte, dass ihr diese Ausgeglichenheit bei der unvermeidbaren Konfrontation zwischen Erin und Edwolf zugutekommen würde.
Doch ein Zwischenfall später an diesem Tag machte die Chance auf eine friedliche Einigung zwischen Edwolf und Erin zunichte.
26. Kapitel
Poltern und wütende Schreie auf dem Hof des Schlosses ließen Erins Herz stocken. Was war geschehen? Ging es ihrem Bruder gut? War Anne etwas zugestoßen?
Sie blickte aus dem Fenster hinunter auf die Treppen, die ins Innere des Schlosses führten. Entsetzt bemerkte sie vier Wachleute ihres Bruders, die einen Mann herein schleiften. Er war
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