Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
mich erschöpft und sollte mich nach dem Essen vielleicht wieder hinlegen. … Ich möchte mit dir gerne über meinen Mann unterhalten“, meinte Erin dann, sobald sie alleine waren.
„Gut, dass du dieses Thema ansprichst. Es ist mir gelungen, meine Schulden zu reduzieren. Meine Gläubiger werden trotzdem ungeduldig. Es ist an der Zeit, dass du einer Annullierung zustimmst, und wir einen geeigneten Heiratskandidaten suchen.“
Das war ganz und gar nicht das, was sie zu hören erwartet … gehofft hatte. „Wirklich? … Ich meine … Glaubst du, dass es tatsächlich sein muss?“
„Es ist notwendig. Wir sind übernächste Woche zu einem Ball bei den Smithers eingeladen. Dort werden einige respektable Männer anwesend sein, die passable Ehemänner abgeben könnten. Einer von ihnen wird dir schon gefallen.“
Erin starrte auf ihren Bruder, der diese Erklärung so wunderbar beiläufig gemacht hatte. Als würde er mit ihr darüber diskutieren, welches Menü sie bei dem Ball wählen sollten. Lieber Huhn oder Wild? Es war nicht von Bedeutung, was sie wollte. Edwolf wollte die Entscheidung für sie treffen. Sie sprachen allerdings über ihr Leben, ihre Zukunft, und er klang gelangweilt!
Ihr blieb gut eine Woche, um zu überlegen, wie sie diesem Albtraum entkam. Ihr Stolz hinderte sie daran, Liam um das Geld zur Begleichung von Edwolfs Schulden zu bitten. Er hatte es nicht verdient. Nicht, nachdem er sich seiner eigenen Schwester gegenüber so gleichgültig verhalten hatte. Sie musste nachdenken. Sie wollte warten, bis sie Anne von ihren Problemen berichten konnte.
Nach der Nachspeise hatte sie sich eine Möglichkeit überlegt, eine Gnadenfrist zu erhalten, bevor sie eine endgültige Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen treffen musste. „Gibt es Wohnräume in einem anderen Flügel, die höher liegen und in die ich vorübergehend übersiedeln könnte? Ich finde den Ausblick herrlich, der sich einem von den Türmen des Schlosses aus bietet.“
Edwolf wirkte überrascht. „Natürlich kannst du in ein Turmzimmer ziehen. Ist dir der achte Stock hoch genug? Aber es hat schon viele Jahre niemand mehr darin gewohnt.“
„Diese Tatsache schreckt mich nicht ab. Das Zimmer klingt perfekt.“
„Wann möchtest du umziehen?“
Erin bemühte sich um einen beiläufigen Tonfall. „Am liebsten noch heute. Ich werde meine Sachen in das Zimmer bringen lassen.“
„Wieso diese unnötige Eile?“ fragte Edwolf und wirkte mehr als verwirrt.
„Wozu warten“, antwortete sie leichthin. Wie schrecklich, ihren Bruder anlügen zu müssen. Aber er verhielt sich nicht ehrenvoller als sie.
Gleich nach dem Essen packte sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und ließ sie von den Dienern in ihr neues Zimmer bringen. Es sah heimelig aus, nachdem ihre Zofe, eine andere Dienerin und Erin den Schmutz vieler Jahre daraus entfernt hatten. Einen Stock unter Erins befand sich ein Raum, in den sie Anne nach ihrer Ankunft einquartieren wollte. Ihr Plan schien perfekt.
Zwei Tage später erfuhr sie, dass jemand das Fenster in ihrem alten Schlafgemach zerbrochen hatte und in rasender Wut die Möbel zerstört hatte. Neuerlich hatte sich Liam der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt. Ihm waren die möglichen Folgen offensichtlich egal. Scheinbar würde es nicht so leicht werden, Liam von ihr fernzuhalten.
„Ich freue mich so, dass du da bist“, rief Erin, als Anne am nächsten Tag am späten Vormittag mit der Kutsche im Schloss ankam. Sie umarmte ihre Freundin und spürte, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
Als Edwolf die Treppen aus dem ersten Stock in die Eingangshalle herunterkam, blieb er abrupt stehen. Anne und Edwolf starrten sich wortlos an. Erin blickte von einem zum anderen und erzitterte vor Angst. Wenn es sich hier nicht um magische Anziehungskraft handelte! So einen ähnlichen Gesichtsausdruck musste sie auch zur Schau getragen haben, als sie Liam das erste Mal nach ihrem Gedächtnisverlust gesehen hatte. Augenblicklich erfasste sie Ärger. Anne durfte Edwolf nicht verfallen! Ihr Bruder würde sie nicht zu schätzen wissen. Er gäbe keinen geeigneten Ehemann für sie ab.
„Wollt ihr euch nicht begrüßen?“ fragte sie schließlich, um die Stille und den Bann zu brechen.
Da erwachten die beiden Menschen aus ihrer Trance. Anne senkte unter Erröten ihren Blick.
Edwolf ging die restlichen Stufen hinunter. „Es freut mich, Euch wiederzusehen. Erin hat Euch bereits schrecklich vermisst.“
Anne blickte auf und versank in
Weitere Kostenlose Bücher