Im wilden Meer der Leidenschaft
zu wechseln, glaube ich! Stellst Fragen über mich, damit du nicht über dich selbst reden musst.“
„Gut erkannt. Ich rede nie gern über mich. Ich bin ein langweiliges Thema.“
„Aber wieso? Das sind fantastische Karten. Die besten, die ich jemals gesehen habe.“
„Das sagt mein Bruder Marcus auch. Er will, dass ich zurück nach Venedig komme oder mich in Sevilla oder Cadiz niederlasse. Und ein Geschäft eröffne, wo ich Karten zeichnen und verkaufen kann. Anscheinend ist der Bedarf nach so etwas sehr groß.“
Zurück nach Europa – zu seinen Kindern? Zu der dunkelhaarigen Frau im eleganten Kleid? Bei dem Gedanken zog sich Biancas Magen zusammen. Doch sie verbannte die Vorstellung in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins, in den sie all ihren Kummer schob. „Das hört sich nach einer vernünftigen Idee an. Das Leben auf See ist hart; das kann kein Mann auf Dauer durchhalten.“
Balthazar zuckte die Schultern. „Die Seefahrt scheint das Einzige zu sein, worin ich richtig gut bin.“
„Oh, ich würde nicht sagen, es sei das Einzige.“
„Ach nein?“ Er hob fragend die Brauen.
„Nein, wirklich nicht.“
Er lehnte sich über den Tisch und griff spielerisch nach dem Pelzbesatz des Morgenrocks. Als er über ihre Haut strich, erschauerte sie. Seine Augen verdunkelten sich und wurden moosgrün, als er auf ihren Busen starrte, der unter dem Brokat zu erkennen war.
„Worin bin ich denn noch gut, Señora ?“, fragte er mit heiserer Stimme.
Bianca schüttelte den Kopf und hielt seine Finger fest, die sich gerade auf Wanderschaft über ihren Körper begeben wollten. „Du bist schon arrogant genug, denke ich! Ich werde deinem Selbstvertrauen nicht noch mehr Auftrieb verschaffen.“
Er lachte und beugte sich näher, um ihr einen Kuss zu geben. „Dann solltest du dich jetzt anziehen, cara , damit ich nicht in Versuchung gerate, meine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Es wird mir hier drin zu heiß.“
In der Tat war es in der Kabine heiß geworden, aber Bianca war sich sicher, dass diese Hitze nicht von der höher steigenden Sonne ausging. Sie griff nach ihren eigenen Kleidern, der Männerhose und dem Hemd, die auf ihrer Truhe lagen, und fühlte sich plötzlich sehr schüchtern. In der Dunkelheit der Nacht schien die Intimität mit ihm das Natürlichste der Welt zu sein. Aber am helllichten Tage …
Sah alles ganz anders aus.
„Kann ich mit dir an Deck kommen?“, fragte sie und schnürte ihr Wams zu. „Ich werde dir auch nicht im Weg stehen.“
„Einverstanden. Mal sehen, wie gut du dich auf einem Schiff auskennst.“
„Immerhin bin ich aus Europa auf einem hierher gekommen, oder etwa nicht?“
„Und bist sicherlich mit deinem Ehemann um die Inseln gesegelt, oder?“
„Das auch. Ich kann Segel flicken oder das Deck schrubben.“
„Sag das lieber nicht Mendoza. Er teilt dich sonst gleich zur Arbeit ein.“
„Also gehört er nicht zu denen, die glauben, dass Frauen auf einem Schiff Unglück bringen?“
„Nur manche Frauen.“ Er öffnete seine Truhe, um den Morgenrock wegzuräumen, und Bianca erhaschte einen kurzen Blick auf weitere Bücher und saubere Hemden.
Und auf einen geschnitzten irischen Bogen, den er an der Hinterseite der Truhe neben einem Köcher von Pfeilen verstaut hatte.
Er nahm einen Gradstock heraus und klappte den Deckel zu, sodass ihr der Blick auf die Waffe versperrt wurde. War dies der Bogen, den er benutzt hatte, um seinen Vater ins Jenseits zu befördern?
„Hat da irgendjemand etwa Geschichten ausgeplaudert?“, fragte er.
„Wie bitte?“ Der Anblick des Bogens hatte Bianca durcheinandergebracht.
„Geschichten von Frauen an Bord, die Unglück bringen. Und von einer Frau im Besonderen.“
„Mendoza natürlich. Ich wollte wissen, wer der Mann in meiner Taverne war und warum er dich umbringen wollte.“
„Es gibt viele Männer, die mich lieber tot als lebendig sehen würden. Frauen übrigens auch, könnte ich mir vorstellen“, sagte er. „Diego Escobar ist einfach hartnäckiger als die meisten anderen.“
Bianca erstarrte. „Heißt das, er wird dir auch in Zukunft wieder auflauern?“
„Wahrscheinlich. Er hat sich schnell aus Santo Domingo fortgemacht. Aber wir leben in einer kleinen Welt, und wenn er hört, dass ich nicht tot bin …“ Er drehte sich um und sah ihren geschockten Gesichtsausdruck. „Oh Bianca. Wie entsetzt du aussiehst. Ich glaube nicht, dass er uns finden wird.“
„Du hast gesagt, er sei hartnäckig.“
„Aber ich
Weitere Kostenlose Bücher