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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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sogar eine kleine Flöte hervor und begann, eine fröhliche Melodie zu spielen.
    Wenn die sich keine Sorgen machen, dachte Bianca, dann habe ich auch keinen Grund dazu. Aber als es plötzlich direkt über ihnen laut donnerte, wurde sie doch von Furcht gepackt.
    Als sie den Eintopf von einer tropfenden Stelle wegzog, setzte sich Raul, einer der Männer, mit denen sie oben auf Deck geredet hatte, zu ihr.
    „Kann ich Euch helfen, Señora?“, fragte er.
    „Ihr könnt mich beim Umrühren ablösen, wenn Ihr möchtet“, antwortete Bianca und reichte ihm den langen Löffel. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, um sich vor der feuchten Kälte zu schützen. „Ich muss sagen, Raul, diese Mannschaft ist die zuvorkommendste, die mir jemals begegnet ist.“
    Er lachte schüchtern und rührte den brodelnden Eintopf energischer als nötig um. „Kapitän Grattiano duldet keinen Zank und Streit, Señora.“
    „Das könnte auch an Bord eines Schiffs schnell verhängnisvoll werden. Das sehe ich oft genug in meiner Taverne.“ Sie hielt inne. „Ist der Kapitän denn sehr streng? Wird hier auf der Calypso oft ausgepeitscht?“
    „Nur, wenn es unbedingt nötig ist“, erwiderte Raul. „Aber das kommt nur sehr selten vor. Die meisten von uns haben vorher auf Schiffen gedient, auf denen …“ Er brach ab und sah sie nicht an.
    Der Kapitän ist hart, aber gerecht . Mendozas Satz kam Bianca wieder in den Sinn. Seine Männer ließen nichts auf ihn kommen. „Ihr meint, Schiffe, die nicht unter einem so guten Kommando wie die Calypso stehen.“
    Raul nickte. „Wir sind alle froh, hier zu sein, Señora. Und in Kapitän Grattianos Diensten zu stehen. Er ist ein guter Kapitän, und auf diesen Wassern sucht man seinesgleichen vergebens.“
    „Hmm.“ Bianca hatte gelernt, dass der Kapitän eines Schiffs nur so gut wie seine Mannschaft war, und dass ein Kapitän, der etwas von seiner Rolle verstand, wusste, wie er seine Männer zu Treue und harter Arbeit anhielt. „Habt ihr deshalb keine Angst, einen Sturm auf einem ankernden Schiff durchzustehen?“
    Raul lachte. „Nachdem, was wir in der Mona–Passage erlebt haben, Señora, kann uns dieses bisschen Regen hier keine Angst einjagen!“
    Wieder donnerte es über ihnen. Bianca zuckte zusammen, und Raul lachte noch mehr. „Ich war wohl zu lange an Land“, sagte sie.
    „Man vergisst schnell, wie es auf hoher See ist. Vor zwei Jahren hatte mich das Fieber erwischt, und ich lag wochenlang in Havanna im Bett. Danach musste ich mich auch erst wieder neu an die Wellen und den Wind gewöhnen.“
    „Aber selbst wenn dies ein gefährlicher Sturm wäre, hättet Ihr keine Angst, oder? Ihr würdet auf Euren Kapitän hören und ihm vertrauen.“
    Raul nickte. „Die meisten von uns werden ihr Leben bestimmt hier auf See lassen, Señora. Da machen wir uns nichts vor. Aber Kapitän Grattiano würde nie etwas von uns verlangen, was er nicht auch selbst zu tun bereit ist. Er achtet darauf, dass wir unseren gerechten Anteil an den Gewinnen erhalten und dass es uns an nichts fehlt. Er tut mehr für uns als jeder andere.“
    „Aber das ist nicht alles, oder?“
    „Was meint Ihr, Señora?“
    „Was ich sagen will, ist …“ Bianca senkte ihre Stimme zu einem leisen Flüstern.
    „In Santo Domingo hieß es immer, die Calypso sei ein verzaubertes Schiff.“
    Raul sah sie prüfend an. Behauptungen von „Zauberkraft“ jeglicher Art waren gefährlich; die Inquisition hatte überall, selbst in der neuen Welt, ihre Spione. Doch was immer er in ihren Augen sah, es schien ihn zu beruhigen. Er nickte und sagte: „Vielleicht ist sie das wirklich.“
    „Wie meint Ihr das?“
    „Als während des schrecklichen Sturms der Großmast brach und wir den sicheren Tod vor Augen hatten“, erzählte er leise, „da passierte etwas ganz und gar Unheimliches.“
    Bianca beugte sich vor und lauschte gebannt seiner Geschichte. Sie wusste schon, dass Balthazar übernatürliche Fähigkeiten hatte. Dass es in seiner Macht stand, sie trotz allem, was geschehen war, unwiderstehlich in seine Nähe zu locken. Woher kam bloß diese Anziehungskraft, die nicht nur sie selbst, sondern auch seine Mannschaft und die blasierte venezianische Gesellschaft in seinen Bann zog?
    „Der Sturm in der Mona–Passage war schrecklich“, sagte Raul. „Der Wind heulte geradezu dämonisch, der Regen war so heftig, dass wir kaum die Hand vor Augen sehen konnten, und das Schiff schwankte, dass es fast unmöglich war, aufrecht zu stehen. Ich

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