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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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hatte Angst, über die Reling geschwemmt zu werden. Aber der Kapitän blieb die ganze Zeit über am Ruder stehen, selbst wenn es so aussah, als würden die Wellen ihn vom Schiff reißen. Und dann …“
    „Dann was?“, wisperte Bianca gespannt.
    „Der Kapitän blickte auf einmal hoch zur Spitze des Großmasts. Wir sahen einen Blitz. Es muss jedenfalls ein Blitz gewesen sein, auch wenn ich so etwas noch nie gesehen hatte. Es sah aus wie ein Stern, der zur Erde fiel.“
    „Ein Stern?“
    „Aye, ein Stern, der den Mast entlang tanzte. Er glühte blau und silbern und flog durch die Wolkendecke. Und dann fiel der Mast auch schon, und wir mussten ihn über Bord hieven, damit er uns nicht versenkte.“
    „Und der Stern?“
    „Er flog einfach davon, als habe es ihn nie gegeben. Aber ich könnte schwören, Señora, dass der Kapitän ihn gesehen hat, bevor er über uns erschien. Er hat ihn herbeigerufen, und der Stern rettete uns.“
    Bianca schluckte, und ihre Kehle fühlte sich plötzlich völlig ausgetrocknet an. Da war in der Tat Seltsames im Spiel, wenn auch nicht so, wie Raul es sich vorstellte. Sie hatte von dem seltenen Phänomen der Korona–Entladung gehört, und sie bezweifelte, dass Balthazar in der Lage war, sie willentlich herbeizurufen. Aber sie wusste, dass er seine Männer dazu bringen konnte zu glauben, dies stünde in seiner Macht. Und auch sie dazu bringen konnte, dies für möglich zu halten. Das war Balthazars unerklärliche Zauberkraft.
    „Habt keine Angst, Raul“, flüsterte sie. „Ich werde die Geschichte für mich behalten.“
    Er nickte, und sie nahm ihm den Löffel aus der Hand. „Ich glaube, wir können jetzt essen“, sagte sie. „Denkt Ihr, der Kapitän wird bald unter Deck kommen? Dieser Regen wird ihm zusetzen, selbst wenn es kein gefährlicher Sturm ist.“
    „Er wird erst kommen, wenn er sicher ist, dass das Schiff nicht in Gefahr schwebt“, antwortete Raul. „Aber wir anderen wären äußerst dankbar für eine warme Mahlzeit.“
    Bianca lachte und kam seinem Wunsch gern nach. Sie servierte den Männern großzügige Portionen ihres Eintopfs und nahm als Dank eine Flasche Wein an. Trotz des hohen Wellengangs, der das Schiff heftig rollen ließ, herrschte unter Deck eine fast ausgelassene Stimmung. Selbst das stetige Tröpfeln des Regens, der durch die Ritzen in ihr Essen und auf ihre Köpfe fiel, schien niemanden zu stören. Die Flöte wurde lauter und höher, und einige Männer fingen unbeholfen an, eine Gavotte zu tanzen.
    Ihre linkischen Sprünge und Drehungen und die schwindelerregende Musik, die sogar den Donner übertönte, brachten Bianca zum Lachen. Mendoza ergriff ihre Hand und zog sie zu den Tänzern.
    „Nein!“, protestierte sie und schüttelte lachend den Kopf. „Ich bin wahrlich keine gute Tänzerin.“
    „Und sieht es so aus, als ob wir das wären?“, rief Mendoza. „Verglichen mit unseren Galoppsprüngen, müsst Ihr wie ein Engel tanzen.“
    Er packte sie um die Taille und wirbelte sie in einer Bewegung, die einer eleganten Volta ähnelte, herum. Selbst als das Schiff von einer Welle emporgehoben wurde, kam er nicht aus dem Gleichgewicht und ließ sie erst wieder los, als der nächste Partner sie aufforderte.
    Während sie tanzte, vergaß sie den Sturm und ihre ungewisse Zukunft. Immer wilder drehte sie sich und dachte an den Stern, der den Mast der Calypso umtanzt hatte. Frei und hell, glänzend wie ein Rauchzeichen inmitten der tiefsten Verzweiflung.
    Sie hatte nie ein wirkliches Zuhause gekannt. Sogar im Haus ihrer Mutter hatte sie immer Marias Enttäuschung darüber gespürt, dass ihre Tochter ihre Talente nicht geerbt hatte. Dass Bianca – ihre braunhaarige Tochter, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand – so gar keine übernatürlichen Fähigkeiten besaß. Die langen Jahre der Wanderschaft, der harten Arbeit und des Hungers, und dann die Zeit, als sie mit einem Mann verheiratet war, den sie nicht von ganzem Herzen liebte, hatten sie zermürbt. Ein Zuhause, einen Ort der Wärme und der Sicherheit, an den sie wirklich gehörte, schien es für sie nicht zu geben.
    Als sie in die Hände klatschte und inmitten des Gelächters der Männer zur Musik tanzte, vergaß sie all dies. In dieser Welt, die Balthazars war, schien es einen Platz für sie zu geben.
    Plötzlich wurde die Luke über ihnen inmitten einer Windböe geöffnet, und als Bianca sich herumdrehte, sah sie Balthazar vom Deck heruntersteigen. Sein völlig durchnässtes Hemd klebte an

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