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Im wilden Meer der Leidenschaft

Im wilden Meer der Leidenschaft

Titel: Im wilden Meer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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inneren Auge wieder auferstehen konnte.
    „Es geschah nicht lange, nachdem du Venedig verlassen hattest“, begann er. „Kurze Zeit davor war ein Mann in die Stadt gekommen. Vielleicht hast du von Il Leone gehört, dem Kapitän, dem kein Pirat gewachsen war?“
    „Natürlich! Alle Frauen schwärmten für ihn. Er war der neue Held der Stadt.“
    „Warst du auch in ihn verliebt, Bianca?“, fragte Balthazar mit einem Lächeln auf den Lippen.
    „Ich habe ihn nie gesehen. Meine Mutter ließ mich nicht oft aus dem Haus, und außerdem …“ Außerdem war sie damals schon verliebt gewesen. In Balthazar.
    „Mein Vater fand heraus, dass Il Leone eine Affäre mit Julietta Bassano hatte. Du erinnerst dich doch sicher noch an sie?“
    Bianca dachte angestrengt nach und versuchte, sich an lang vergangene Zeiten und Namen zu erinnern. „Auch sie habe ich nie getroffen, aber ich erinnere mich an ihren Namen. Dein Vater wollte sie unbedingt heiraten. Er dachte, sie sei die richtige Frau, um ihm weitere Söhne zu gebären. Deshalb wollte er ständig von meiner Mutter die Karten gelesen bekommen. Er dachte, die Karten würden ihm bestätigen, dass sie seine heißersehnten Söhne auf die Welt bringen werde. Warte, jetzt verstehe ich … er hat versucht, Il Leone umzubringen! Und du … du hast ihn daran gehindert.“
    „In gewisser Weise schon.“
    „Wieso sollte das eine Sünde sein? Du hast einen unschuldigen Menschen vor einem Verrückten beschützt.“
    „Weißt du, Il Leone war nicht ganz der Mann, für den er sich ausgab. Er war mit einer geheimen Absicht nach Venedig gekommen.“
    Fasziniert von Balthazars Erzählung, setzte Bianca sich in den Schatten einer Palme. Das war spannender als die Commedia dell’arte ! „Was war denn sein Geheimnis?“
    Er setzte sich neben sie und legte vorsichtig den Bogen ab. „Er kam nach Venedig, um Ermano Grattiano umzubringen.“
    „Nein!“
    „Doch. Wie ich später erfuhr, hatte Ermano die Mutter von Il Leone getötet. Sie war seine Mätresse gewesen und er der Vater ihres kleinen Jungen.“
    „Das heißt …“
    „Dass er mein Bruder ist. Marcus Velazquez. Und so hat Julietta meinem Vater tatsächlich einen Sohn geboren, wenn er sich das auch anders vorgestellt hatte.“
    „Und du musstest deinen Vater umbringen, um deinen Bruder zu retten.“
    Er nickte und sah sie mit ernstem Blick an. „Ich wünschte, ich hätte auch deine Mutter retten können. Und alle anderen, denen mein Vater Leid zugefügt hat.“
    Bianca schluckte die aufsteigenden Tränen herunter. Schluckte den Gefühlsausbruch hinunter, der sie zu überwältigen drohte. Stattdessen kniete sie sich neben ihn und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Seine Augen hatten ihre dunkle grüngoldene Farbe angenommen, und er sah sie fragend an. Er würde doch nicht etwa ernsthaft denken, sie würde sich nun von ihm abwenden!
    Oder ihn jemals verlassen.
    „Dein Vater hat niemanden mehr verletzt als dich“, sagte sie. „Er hat kein besseres Ende verdient. Aber du hast mit deiner Tat deinen Bruder beschützt und sicherlich unzählige andere Leben gerettet. Dein Vater hat einfach nur aus Raffgier und Boshaftigkeit getötet. Ich weiß, dass du dazu niemals imstande wärst.“
    Er lächelte sie an. „Findest du mich nicht böse und aufbrausend?“
    Sie lachte. „Ich weiß, dass du gern diesen Eindruck vermitteln würdest. Und ich weiß, dass du zornig darüber bist, als ein Grattiano auf die Welt gekommen zu sein. Doch deine Mannschaft findet dich hart, aber gerecht. Sie segeln lieber unter deinem Kommando als unter dem irgendeines anderen Kapitäns in diesen Gewässern. Sie würden dir überallhin folgen.“
    „Und du, Bianca? Würdest du mir folgen, obwohl du weißt, von wem ich abstamme und was für ein gefährliches Leben ich führe?“
    Bianca dachte an das winzige Wesen, das in ihr heranwuchs; das Kind, das die gleiche Abstammung erben würde und Balthazars gefährliches Leben mit ihnen teilen müsste. „Ich bin dir immerhin schon bis hierher gefolgt, oder etwa nicht? Ich habe deinetwegen Santo Domingo verlassen.“
    „Aber für wie lange?“
    Sie setzte sich wieder neben ihn und sah auf das kleine Haus und den blauen endlosen Himmel. Er hatte natürlich recht. Hier und jetzt waren sie zusammen, aber was würde die Zukunft bringen? Wie würden der nächste und der übernächste Tag aussehen? „Können wir nicht auf Vista Linda bleiben?“, fragte sie, obwohl sie genau wusste, dass sie sich nicht für immer hier

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