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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Miller?«
    Stumm schüttelte Lottie den Kopf, da sie befürchtete zusammenzubrechen, sollte sie auch nur einen Schritt tun.
    »Nun gut.« Die Aufmerksamkeit des Grafen richtete sich auf Lord Sydney. »Fangen wir mit dem an, was ich heute in Erfahrung gebracht habe. Es gibt keinen Viscount Sydney«, erklärte Westcliff schroff und ignorierte Lotties überraschtes Keuchen, indem er fortfuhr: »Die Abstammungslinie der Familie endete vor etwa zwanzig Jahren, als der echte Lord Sydney starb, und zwar sine prole mascula superstite — ohne überlebende männliche Nachkommen, die den Titel für sich in Anspruch hätten nehmen können. Was unweigerlich die Frage aufwirft ... wer zum Teufel seid Ihr? Und aus welchem Grund habt Ihr Euch hier eingeschlichen?«
    »Ich heiße Nick Gentry.«
    Während Lottie den Namen noch nie zuvor vernommen hatte, schien er Westcliff durchaus etwas zu sagen. »Das erklärt, weshalb Sir Ross etwas mit der Sache zu tun hat. Es handelt sich also um eine Angelegenheit der Bow Street.«
    Lottie schnappte verblüfft nach Luft, als ihr klar wurde, dass der Fremde ein Bow-Street-Runner war. Sie hatte von der kleinen, elitären Einsatztruppe gehört, die alles tat von der Aufklärung von Mordfällen bis hin zum Personenschutz der königlichen Familie. Die Männer waren für ihre skrupellose Arbeitsweise und ihren Mut bekannt, sodass sie in den höheren gesellschaftlichen Kreisen geradezu gefeiert wurden. Kein Wunder, dass dieser Mann so anders als die übrigen Gäste gewirkt hatte. »Ich bin auf der Jagd«, hatte er ihr erzählt und praktischerweise verschwiegen, dass es sich bei seiner Beute um die zweibeinige Sorte handelte.
    »Nicht wirklich«, erwiderte Gentry auf Westcliffs Vermutung. »Manchmal nehme ich auch Privataufträge an.« Sein Blick wanderte zu Lotties angespanntem Gesicht. »Vor zwei Monaten heuerte Lord Radnor mich an, um seine entlaufene Verlobte, Charlotte Howard, zu finden, die seit zwei Jahren verschwunden ist.«
    Lottie rührte sich nicht, während in ihrer Brust ein grausamer Schmerz explodierte und sich über ihren gesamten Körper ergoss. Am liebsten hätte sie alles geleugnet, doch ihr Mund zuckte nur, und sie brachte kein Wort hervor. Stattdessen hörte sie einen schrillen, verzweifelten Schrei, wobei ihr erst im Nachhinein klar wurde, dass sie selbst es gewesen war, die ihn ausgestoßen hatte. Ohne zu wissen, was sie tat, stand sie auf einmal vor Gentry und versuchte, ihm das finstere Gesicht zu zerkratzen, während Wut und Angst sie umkreisten wie zwei Bussarde auf dem Fangzug.
    Ein zorniger Fluch drang an ihr Ohr, ihre Handgelenke wurden gepackt, und sie hatte das Gefühl, dass sie in einem Schraubstock zermalmt würden, doch immer noch konnte sie nicht aufhören, sich zu wehren. Schweiß und Tränen vermischten sich und rannen ihr das Gesicht hinab, während sie schluchzend nach Luft rang und um ihr Leben kämpfte, um die Freiheit, die man ihr entreißen wollte. Irgendwo im hintersten Winkel ihres Verstandes ahnte sie, dass sie sich wie eine Verrückte gebärdete, dass dieses Verhalten ihr nicht weiterhalf, doch es gelang ihr nicht, davon abzulassen.
    »Hört auf damit, Lottie«, fauchte Gentry sie an, indem er sie heftig schüttelte. »Beruhigt Euch ... um Himmels willen ...«
    »Ich werde nicht zurückgehen!«, schrie sie schwer atmend. »Vorher bringe ich Euch um, oh Gott, ich hasse Euch, ich hasse Euch ...»
    »Lottie.« Die kalte Stimme der Vernunft schnitt widerstandslos durch ihre Seelenqual. Es war Lord Westcliff und von hinten kam einer seiner starken Arme, um sie von Gentry fortzuziehen. Wie ein verängstigtes Tier bäumte sie sich dagegen auf. »Das reicht jetzt«, erklang Westcliffs Stimme an ihrem Ohr, während sich sein Arm noch fester um ihre Taille legte. »Er wird Euch nicht fortbringen, Lottie, das schwöre ich. Ihr wisst, dass ich mein Wort niemals breche, also atmet tief durch ... und noch einmal.«
    Irgendwie erreichte sie der strenge, ruhige Tonfall des Grafen und fast gegen ihren Willen leistete sie seinen Worten Folge. Er führte sie zu einem Stuhl und zwang sie dazu, sich zu setzen. Dann ging er in die Hocke und sah sie mit seinen dunklen Augen unverwandt an. »Haltet still und atmet tief durch.«
    Lottie nickte ruckartig, wobei ihr immer noch die Tränen über das Gesicht liefen. »Lasst ihn nicht herkommen«, flehte sie flüsternd.
    Als Westcliff sich wieder erhob, warf er dem Bow-Street-Runner einen eiskalten Blick zu. »Kommt ihr bloß nicht zu

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