Im Zauber der Gefuehle
er sich so sehr nach etwas gesehnt. Einen Augenblick lang war er versucht, ihren Kopf mit beiden Händen zu packen und seinen Mund auf den ihren zu pressen, doch das würde ihn nicht befriedigen ... was er von ihr wollte, war nicht mit Gewalt zu erzwingen.
Stattdessen trug er Lottie aus der Dusche, trocknete sie beide vor dem Kamin im Schlafzimmer ab und kämmte Lotties langes Haar. Im nassen Zustand wirkten ihre feinen Strähnen bernsteinfarben, hellten sich aber zu einem blassen Champagnerton auf, sobald sie trockneten. Er bewunderte den Kontrast zwischen ihrem glänzenden Schopf und dem samtenen Morgenmantel, während er ihr das Haar mit den Fingern glatt strich.
»Was ist zwischen dir und Sir Grant vorgefallen?«, wollte Lottie wissen, indem sie sich an seine Brust lehnte. Sie saßen auf dem dicken Aubusson-Teppich vor dem Kamin. Sie trug einen seiner Morgenmäntel, der ihr bei weitem zu groß war.
»Natürlich hatte er vollstes Verständnis für die Entscheidung meines Schwagers«, meinte Nick, der zu seiner eigenen Überraschung feststellte, dass die bittere Verzweiflung, die seine Gedanken am Vormittag beherrscht hatte, erheblich nachgelassen hatte. Anscheinend gewöhnte er sich langsam an das, was vor ihm lag, wenn auch höchst widerwillig. Er berichtete ihr, was Morgan ihm über die bevorstehende Auflösung der Runner gesagt hatte, und Lottie wandte sich um und musterte ihn ernst.
»London ohne die Bow-Street-Runner?«
»Die Dinge ändern sich«, meinte er entschieden. »Ich selbst kann ein Lied davon singen.«
Lottie setzte sich so, dass sie ihn ansehen konnte, wobei sie, ohne weiter darüber nachzudenken, einen Arm auf sein aufgestelltes Knie stützte. »Nick«, sagte sie behutsam, »als Sophia und ich uns heute unterhielten, erwähnte sie etwas, das du meines Erachtens wissen wollen würdest, obwohl es eine Überraschung sein soll.«
»Ich mag keine Überraschungen«, murmelte er. »Ich hatte in letzter Zeit mehr als genug.«
»Ja, das dachte ich mir.«
Ihre Augen schimmerten klar und dunkelbraun, und Nick starrte unverwandt in ihr wunderhübsches, fein geschnittenes Gesicht mit dem spitzen Kinn und der etwas zu klein geratenen Nase. Die kleinen Unvollkommenheiten machten ihre Schönheit einzigartig und unendlich interessant, wohingegen ihn ein perfektes Antlitz mit klassischen Zügen schnell gelangweilt hätte. Er genoss den leichten Druck ihres schlanken Armes an seinem Bein, und wie ihre Brust ab und an gegen sein Knie strich.
»Was hat meine Schwester dir erzählt?«, wollte er wissen.
Lottie glättete mit den Fingern die lockeren Falten des seidenen Morgenmantels. »Es geht um euren Familiensitz in Worcestershire. Sophia und Sir Ross lassen das Anwesen wieder herrichten, es ist als ein Geschenk für dich gedacht. Sie lassen Reparaturen am Haus durchführen und die Parks und Gärten neu bepflanzen. Sophia hat sich große Mühe gegeben, Stoffe und Farben und Möbel zu finden, die denjenigen ähnlich sind, an die sie sich noch erinnern kann. Sie sagt, es wäre wie eine Reise in die Vergangenheit ... und wenn sie durch die Eingangshalle geht, erwartet sie förmlich, die Stimme eurer Mutter zu hören und euren Vater rauchend in der Bibliothek vorzufinden ...«
»Herrgott«, stieß Nick hervor und stand auf.
Lottie blieb vor dem Kamin sitzen und streckte ihre Hände aus, um sie am Feuer zu wärmen. »Sie wollen es uns zeigen, sobald die königliche Vorladung da ist. Ich dachte, ich warne dich lieber, damit du dich darauf vorbereiten kannst.«
»Danke«, presste Nick angespannt hervor. »Obgleich nie genug Zeit wäre, um das zu tun.« Das Familienanwesen ... Worcestershire ... er war nicht mehr dort gewesen, seitdem seine Eltern gestorben waren. Gab es denn überhaupt keinen Ausweg, verdammt noch mal? Er hatte das Gefühl, unerbittlich in einen bodenlosen Abgrund gezerrt zu werden. Der Name der Sydneys, der Titel, das Anwesen, die Erinnerungen ... er wollte nichts davon, aber man ließ ihn dennoch nicht in Frieden.
Auf einmal kam ihm ein Verdacht. »Was hat dir meine Schwester sonst noch erzählt?«
»Nichts Wichtiges.«
Nick hätte es Lottie angesehen, wenn seine Schwester sich ihr anvertraut hätte, doch anscheinend hatte Sophia nichts verraten. Und wenn sie es Lottie bisher nicht erzählt hatte, würde sie wahrscheinlich auch weiterhin schweigen. Etwas entspannter fuhr er sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar. »Zur Hölle mit allem und jedem«, sagte er leise, doch als er
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