Im Zauber der Gefuehle
Lottie, auch dir wird es gelingen, dich zu amüsieren.«
Lottie hätte nicht gedacht, dass irgendetwas sie nach dem kalten Empfang bei ihrer Mutter aus ihrer Niedergeschlagenheit reißen könnte, doch die nächsten paar Tage verstand Nick es, sie so sehr abzulenken, dass es ihr schwer fiel, an irgendetwas, abgesehen von ihm, zu denken.
An jenem Abend führte Nick sie in eine Taverne aus, in der musiziert wurde und eine Theatertruppe komische Szenen aufführte, um Kundschaft anzulocken. Anfangs war Lottie die etwas schäbige, laute Lokalität nicht geheuer, doch schon bald amüsierte sie sich köstlich und nippte sogar mehr als einmal an dem Ginpunsch, den Nick für sie bestellt hatte.
Mit fortgeschrittener Stunde lagen die Ecken der Taverne immer mehr im Dunkeln und etliche Pärchen machten sich daran, sich im spärlichen Schutz der Schatten innig zu liebkosen und zu küssen. Lottie wusste, dass sie schockiert sein sollte, doch der Ginpunsch hatte sie schläfrig und tumb gemacht. Da stellte sie zu ihrem Erstaunen fest, dass sie auf einmal auf Nicks Schoß saß, die Beine zwischen den seinen eingeklemmt, und dass sie nur aufrecht sitzen konnte, weil er sie in den Armen hielt.
»Oh je«, sagte sie und starrte ungläubig in ihre fast leere Tasse. »Habe ich das alles getrunken?«
Nick nahm ihr die Tasse ab und stellte sie auf den Tisch. »Ich furchte, ja.«
»Nur du konntest all die Jahre meiner Erziehung auf Maidstone an nur einem Abend zunichte machen«, erklärte sie, was ihm ein Grinsen entlockte.
Seine Augen wanderten zu ihrem Mund, und er strich mit der Fingerspitze an ihrem Unterkiefer entlang. »Bist du nun vollkommen verdorben? Nein? Dann lass uns nach Hause gehen, und ich vollende mein Werk.«
Lottie fühlte sich wackelig auf den Beinen und sehr warm, was sie zu fortwährendem Kichern veranlasste, während er sie aus der Taverne führte. »Der Boden ist uneben«, stellte sie fest und lehnte sich an ihn.
»Nicht der Boden, Liebstes, sondern deine Füße.«
Nachdenklich blickte Lottie von seinem erheiterten Gesicht zu ihren eigenen Füßen. »Sie fühlen sich tatsächlich an, als säßen sie an den falschen Beinen.«
Nick schüttelte den Kopf, in seinen strahlend blauen Augen saß der Schalk. »Gin verträgst du wohl überhaupt nicht, wie? Komm, ich trage dich.«
»Nein, ich möchte keine Aufmerksamkeit erregen«, protestierte sie, als er sie an seine Brust hob und nach draußen auf die Straße trug. Ein wartender Lakai eilte bei ihrem Anblick ans Ende der Straße, wo ihre Kutsche in einer langen Reihe wartete.
»Du wirst mehr Aufsehen erregen, wenn du auf die Nase fällst«, erwiderte Nick.
»So schlimm steht es mit mir auch wieder nicht«, meinte Lottie empört. Seine Arme waren jedoch so stark und seine Schultern so einladend, dass sie sich seufzend an ihn kuschelte. Der leichte Moschusduft seiner Haut vermischte sich mit dem frischen Geruch nach Stärke, den seine Krawatte verströmte; eine derart betörende Mischung, dass sie sich noch enger an ihn schmiegte, um seinen Duft tief einzuatmen. Nick blieb am Straßenrand stehen und als er den Kopf drehte, strich seine rasierte Wange über die ihre und verursachte ihr eine Gänsehaut. »Was machst du?«
»Dein Geruch«, sagte sie verträumt. »Er ist wundervoll. Ich habe ihn gleich bemerkt, als wir uns zum ersten Mal begegneten und du mich beinahe von der Mauer gestoßen hättest.«
Gelächter stieg in seiner Kehle empor. »Als ich dich vor dem Absturz bewahrte, meinst du.«
Lottie war von der kratzenden Beschaffenheit seiner Haut fasziniert und strich mit den Lippen seine Kinnpartie entlang. Sie konnte spüren, wie er hart schluckte, als ihr Mund weiter nach unten wanderte. Es war das erste Mal, dass ein Annäherungsversuch von ihr ausging, und die kleine Geste erwies sich als unerwartet wirkungsvoll. Er stand da und hielt sie fest, während sich seine Brust immer heftiger hob und senkte. Fasziniert von dem Gedanken, ihn so leicht in Erregung versetzen zu können, zog Lottie am Knoten seiner Krawatte und küsste ihn am Hals.
»Nicht, Lottie.«
Genüsslich ließ sie den Finger über die durch den Bartwuchs aufgeraute Haut gleiten.
»Lottie ...«, versuchte er es erneut, doch was auch immer er hatte sagen wollen, schien in Vergessenheit zu geraten, als sie sein Ohr küsste und das Ohrläppchen zärtlich beißend zwischen die Zähne nahm.
In diesem Augenblick hielt die Kutsche vor ihnen, und der Lakai stellte eilfertig die abnehmbaren Stufen
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