Im Zauber des Highlanders
durfte nie gefährdet werden.
Niemals.
»Oh, verdammte Hölle, das wusste ich nicht. Ich hole sie«, beteuerte er. Er klemmte sich den Spiegel wieder unter den Arm und lief zum Schloss.
»Wir gehen in die falsche Richtung!«, tobte der Spiegel zum dritten Mal, als Dageus die Eingangsstufen hinaufsprang.
»Nein, das tun wir nicht. Ich hab dir schon einmal gesagt, dass ich dich nicht mitnehme«, entgegnete Dageus. »Ich finde deine Frau sehr viel schneller, wenn ich mir keine Sorgen machen muss, dass du zu Bruch gehen könntest. Ich weiß, wie sie aussieht. Ich werde sie finden, das schwöre ich.«
Es stimmte, dass er keine Lust hatte, sich Gedanken zu machen, dass der Spiegel keinen Schaden nahm, aber es stimmte auch, dass er das Dunkle Heiligtum nicht länger als nötig in seiner unmittelbaren Nähe haben wollte. Er vermutete, dass die subtile Anziehungskraft während der ganzen Fahrt zum Schloss auf ihn eingewirkt und ihren Höhepunkt erreicht hatte, als er die hintere Tür des Wagens öffnete. Er verspürte nicht den geringsten Wunsch, womöglich stundenlang mit diesem Spiegel in einem geschlossenen Wagen durch die Stadt zu kurven.
Dageus warf den Kopf in den Nacken und brüllte: »Drustan!« So laut, dass die Fensterscheiben bebten.
»Himmel, Dageus, ich bin gleich hier oben«, erwiderte sein Bruder erschrocken. »Du brauchst nicht zu schreien, dass die Wände einstürzen.«
Dageus sah nach oben. Sein Zwillingsbruder stand an der Balustrade in der Großen Halle. »Woher soll ich das wissen? Warum stehst du da oben, Drustan?«
»Warum sprichst du mit einem Spiegel, Dageus?«, gab Drustan ziemlich ruhig zurück.
»Ich sagte, du sollst auf mich warten!«, rief Gwen im Korridor hinter Drustan.
Dageus schüttelte den Kopf. Er hatte keine Zeit für Erklärungen. Der Name der Frau, die er in Inverness suchen musste, lautete, wie ihm Cian zwischen seinen Beschimpfungen auf dem Weg ins Schloss erklärt hatte, Jessica St. James. Sie war an dieser Situation - was das auch immer für eine »Situation« sein mochte - unschuldig und schwebte in Todesgefahr.
Dageus musste unverzüglich los.
Er lehnte den Spiegel an die Wand neben der Tür, wedelte mit der Hand und sagte knapp: »Drustan - das ist Cian MacKeltar. Cian - Drustan MacKeltar.«
»Dageus!« Drustans Stimme war weich wie Samt, was nie ein gutes Zeichen war. »Wieso stellst du mich einem Spiegel vor?«
»Wirf einen Blick hinein, Drustan«, antwortete Dageus ungeduldig und verschob den Spiegel so, dass man ihn von oben sehen konnte.
Seinem Bruder fiel die Kinnlade herunter.
Dageus lächelte schwach. Es war schön mitzuerleben, dass er nicht der Einzige war, den der Mann im Spiegel aus der Fassung brachte. »Ich glaube, er kann nicht heraus, Drustan, also dürfte er keine Gefahr darstellen. Aber vielleicht möchtest du ihn doch lieber irgendwo unterbringen, wo ihm die Frauen und Kinder nicht zu nahe kommen, bis wir mehr in Erfahrung gebracht haben.«
Drustan blieb nach wie vor sprachlos.
Der Spiegel grollte: »Wo mir die Frauen und Kinder nicht zu nahe kommen? Ich war nie eine Bedrohung für Frauen und Kinder, Trottel.«
»Wir wissen nichts über dich«, erwiderte Dageus. »Du könntest meinem Bruder alles erklären, während ich unterwegs bin. Und wenn ich zurückkomme, könnte m i r jemand sagen, was eigentlich los ist.«
»Lass mich nicht hier«, fauchte Cian. »Nimm mich mit.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich deine Frau finde.«
Drustan fand endlich seine Sprache wieder. »Cian MacKeltar!«, explodierte er. »Unser Vorfahr Cian? Der aus dem neunten Jahrhundert?«
»Ja. Und dies ist der Dunkle Spiegel, Drustan, eines der Unseelie-Heiligtümer«, erläuterte Dageus mit gepresster Stimme. Sein Bruder verfügte nicht über den großen Wissensschatz der Draghar, und Dageus bezweifelte, dass er den Spiegel als das erkannte, was er war. »Es wäre besser, wenn du so wenig Kontakt wie möglich zu ihm hast. Er spricht die Magie in unserem Blut an und verführt uns. Ich habe versehentlich Cians Frau in der Stadt zurückgelassen. Ich muss sie holen und komme so schnell wie möglich zurück.«
Damit machte Dageus kehrt und stürmte hinaus.
20
Jessi verdrückte ihren dritten Hamburger, knüllte das Papier zusammen und stopfte es in die Tüte zurück.
»Besser, Mädchen?«, fragte Dageus.
»O ja«, antwortete sie mit einem zufriedenen Seufzer. Sie hatte noch nie so köstliche, saftige Hamburger gegessen, auch wenn sie vermutete, dass
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