Im Zauber dieser Nacht
sind Sie nett!“ Er strich ihr sanft eine wellige Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wie können Sie so … gnädig sein?“
Sie zuckte zusammen. Noch ein Mann, der sie nett nannte. Das war doch nur ein anderes Wort für ängstlich oder feige . Kein Wunder, dass Alessandro kleine Maus zu ihr sagte. „Halten Sie mich für einen Feigling?“, wisperte sie.
„Wovon reden Sie?“ Er nahm ihr das leere Glas aus der Hand und gab ihr sein eigenes, volles. „Hier, trinken Sie das.“
Ungeweinte Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie ihn anschaute. „Das hätte ich nicht laut aussprechen sollen. Sie müssen denken …“
Er schien bis auf den Grund ihrer Seele zu blicken. „Nein. Entschuldigen Sie sich niemals dafür, mir zu sagen, was Sie denken.“
„Jetzt sind Sie nett.“
Ein kleines Lächeln zuckte um seinen sinnlichen Mund. „Das hat man mir bisher noch nie vorgeworfen. Trinken Sie einen Schluck!“
Gehorsam nippte sie an ihrem Glas.
„Köstlich, nicht wahr?“, fragte Alessandro. „Ich habe das Weingut gerade einem Brasilianer abgekauft. Es hat mich ein Vermögen gekostet. Aber das war es wert. Mein Erzfeind wird schäumen vor Wut.“
Lilley setzte das Glas ab. „Doch nicht etwa St. Raphaël?“
„Ah, Sie haben den Champagner erkannt!“ Er lächelte zufrieden. „Das Weingut war früher im Besitz des Grafen von Castelnau. Jetzt gehört es mir.“
„Was Sie nicht sagen“, murmelte Lilley schwach.
Sie erinnerte sich, wie ihr Cousin Théo gewütet hatte, als er das Weingut bei einem Geschäft an einen Brasilianer verloren hatte. Erst nach dem Verlust hatte er begriffen, was es ihm wert war.
Typisch, dachte sie. Die Menschen wollten immer das, was sie nicht hatten.
Seit fünf Jahren konkurrierten die beiden Männer miteinander. Damals hatte Théo eine kleine italienische Luxusfirma aufgekauft, die eigentlich Alessandros zugestanden hätte. Wenn er jemals ihre Verwandtschaft mit seinem Erzfeind herausfand, würde er ihr niemals glauben, dass sie nicht Théos Spionin war. Erst recht nicht, nachdem er sie allein in seinem Büro ertappt hatte!
Ihre Knie zitterten so sehr, dass sie taumelte. Alessandro hielt sie fest. „Geht es Ihnen nicht gut?“ Besorgt musterte er sie. „Haben Sie vielleicht den Champagner zu schnell getrunken?“
Für einen Moment lehnte sie ihren Kopf an seine muskulöse Brust und schloss die Augen. Bei ihrer Bewerbung hatte sie absichtlich nicht den Namen ihres Vaters angegeben. Sonst wäre sie niemals engagiert worden. Wenn sie Alessandro jetzt die Wahrheit sagte, würde sie ihren Job verlieren. Sie wäre gezwungen, nach Hause zurückzukehren. Unmöglich! dachte sie sofort. Ihr Vater hatte von ihr verlangt, dass sie seinen Angestellten heiratete. Einen Mann, der doppelt so alt war wie sie.
„Lilley?“
Sie richtete sich auf. „Ich brauche nur etwas zu essen“, murmelte sie.
„Kommt sofort.“ Er nahm das Glas aus ihrer Hand und stellte es ab. „Ich habe eine Art privates Dinner arrangiert.“ Sein Lächeln ließ ihn plötzlich überraschend jung wirken. „Mein Fahrer hat etwas vom Buffet für uns zusammengestellt. Wir können auf dem Weg nach Hause ein kleines Picknick in der Limousine genießen.“
„Ein Picknick? In Ihrer Limousine?“, fragte Lilley schwach. Als sie den Kopf schüttelte, wurde ihr wieder schwindelig, aber das hatte nichts mit dem Champagner zu tun. „In Ordnung. Ich … ich hatte nur nicht gedacht, dass der Abend so schnell zu Ende sein würde.“
„Alles Schöne geht einmal zu Ende.“ Er reichte ihr seine Hand.
Widerstrebend legte sie ihre kleine Hand zwischen seine starken Finger, und er führte sie durch den Ballsaal. Immer wieder hielt er an, um sich von jemandem zu verabschieden. Lilley atmete erleichtert auf, als sie endlich durch die großen Türen ins Freie traten.
Noch immer lag Nebel über der Landschaft. Lilley fröstelte. „Es ist bestimmt gleich Mitternacht.“
„Fast. Woher wussten Sie das?“
„Weil ich mich schon die ganze Zeit wie Aschenputtel fühle.“ Sie sah ihn an. „Vielen Dank für den schönsten Abend meines Lebens.“
Er runzelte die Stirn, dann stieß er sie gegen eine der Marmorsäulen. Lilley erschauerte, als sie den kalten, harten Stein an ihrem nackten Rücken spürte.
„Ich glaube, Sie verstehen nicht“, sagte er leise. „Ich bringe Sie nicht zu Ihnen nach Hause.“ Er schwieg einen Moment, dann fuhr er fort: „Ich nehme Sie mit zu mir.“
Schockiert starrte sie ihn an. In ihren Ohren
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