Im Zauber dieser Nacht
Schuld, dass er ihr Herz gebrochen hatte.
Sie stand auf, ging langsam zum Fenster und sah hinaus auf die ruhige Straße. Dort unten hatte sie vor einem Monat die Wahl getroffen, die ihr ganzes Leben verändert hatte.
Sie würde nach New York gehen. Aber sie würde allein gehen.
Dann fiel ihr ein: Sie würde nie wieder allein sein.
Plötzlich löste sich zum ersten Mal seit vier Wochen der Druck auf ihrem Herzen, und sie spürte eine tiefe Freude. Wie konnte sie traurig sein, dass sie Alessandro verloren hatte, wenn er ihr dieses wundervolle Geschenk gemacht hatte?
Sie würde gehen, ganz wie er es wollte. Aber eine Sache musste sie vorher noch erledigen. Er hatte ihr nicht seine Privatnummer gegeben, und sie konnte ihm die Neuigkeit schlecht von seiner Sekretärin ausrichten lassen. Ihr blieb nur eine Möglichkeit, Alessandro zu sagen, dass er Vater wurde.
„Alessandro, endlich!“ Olivias gekünstelter Tonfall verursachte Alessandro auf der Stelle schlechte Laune. „Hast du mich vermisst, Darling?“
Er hatte Olivias Ankunft schon durchs Fenster beobachtet. Sie war der erste Partygast des Abends. Es war nicht ihre Art, zu früh zu kommen. Wahrscheinlich waren ihr die Gerüchte zu Ohren gekommen. Unglücklicherweise trafen sie zu.
In seiner Brusttasche konnte er den Fünf-Karat-Ring fühlen, schwer genug, um ihn geradewegs hinunter in die Hölle zu ziehen. Er zwang sich zu einem Lächeln und drehte sich zu ihr um.
„Ich habe dich vermisst.“ Olivias Lächeln zeigte ihre weißen Zähne.
Wie immer war sie makellos gekleidet. Das schwarze Cocktailkleid betonte vorteilhaft ihre gebräunte Haut und den schlanken, durchtrainierten Körper. Als sie auf ihn zukam, klirrten diamantene Armbänder an ihrem schmalen Handgelenk. Die perfekte Caetani-Braut, versicherte Alessandro sich.
Wenn er nicht genauso so korrupt und rücksichtslos wie sein Vater werden wollte, musste er endlich sesshaft werden. Das hatte seine Nacht mit Lilley nur allzu deutlich gezeigt.
Hastig schob er die Erinnerung an Lilleys große, vertrauensvoll blickenden Augen und ihren sinnlichen Körper fort.
Olivia beugte sich vor, um ihn auf den Mund zu küssen, aber im letzten Moment drehte er den Kopf weg, sodass ihre Lippen nur seine Wange trafen. Seine unwillkürliche Reaktion überraschte sie beide.
Wenigstens sein Körper sollte sich über Olivia freuen. Seit einem Monat hatte er keinen Sex mehr gehabt.
Sie trat einen Schritt zurück. „Was ist los?“, fragte sie gekränkt.
„Nichts.“ Was sollte er sagen? Dass er sie vermisst hatte? Dass er sich nach ihr gesehnt hatte, als das Geschäft geplatzt war?
In Wahrheit hatte er im Augenblick seiner bitteren Enttäuschung nicht einmal an sie gedacht. Er hatte sich nach einer andern Frau verzehrt. Nach ihrem weichen Körper. Ihrer Wärme und Freundlichkeit.
Er presste die Zähne aufeinander. In diesem Moment packte Lilley sicher schon für New York. Bestimmt hasste sie ihn. In den vergangenen vier Wochen musste sie durch die Hölle gegangen sein. Er hatte nicht einmal die Höflichkeit besessen, sich von ihr zu verabschieden. Normalerweise bekamen seine One-Night-Stands hinterher wenigstens einen Strauß Blumen.
Aber er hatte sich mit Absicht so eiskalt verhalten. Grausam, um ihr etwas Gutes zu tun.
Olivia hatte sich offensichtlich entschlossen, den kurzen Vorfall zu vergessen. Sie verzog ihre rot geschminkten Lippen zu einem forschen Lächeln. „Ich habe mich so gefreut, als du angerufen hast“, murmelte sie und schenkte ihm einen koketten Augenaufschlag an. „Ich hatte schon fast geglaubt, du hättest dich von mir getrennt.“
„Das hatte ich auch. Ich mag es gar nicht, wenn man mir ein Ultimatum stellt.“
„Die Lektion habe ich gelernt.“ Sie lächelte noch immer, aber ihre Augen blieben kalt. Selbst ihre Haut fühlte sich kalt an, als sie ihre Hand in seine schob. Nichts an ihr war weich oder warm, weder ihr Körper noch ihre Seele. „Ich bin sehr froh, dass wir wieder zusammen sind. Wir sind wie füreinander geschaffen, nicht wahr?“
Alessandro betrachtete ihr ebenmäßiges Gesicht mit den großen, grünen Augen und den scharfen Wangenknochen. Rein äußerlich war Olivia makellos. Sie passte perfekt in seine Welt.
„Sì“ , erwiderte er fest. „Perfetto.“
Er reichte ihr seine Hand, und gemeinsam gingen sie die geschwungene Treppe hinunter in die Halle. Inzwischen hatten sich zahlreiche Gäste im Foyer versammelt. Ursprünglich hatte er nur mit wenigen guten Freunden
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