Im Zauber dieser Nacht
Er hatte sie nicht nur aus seiner Firma geworfen, er wollte nicht einmal, dass sie in derselben Stadt lebte wie er.
Ihr Blick fiel auf die Zeitschrift in dem Pappkarton. Bei Alessandros Anblick mit Olivia Bianchi an der Hand spürte sie eine Welle der Übelkeit. Hastig lief sie ins Bad.
Als sie sich danach die Zähne putzte, wurde ihr Blick immer wieder wie magisch von der rosafarbenen Pappschachtel auf dem Waschbeckenrand angezogen. Nadia hatte sie vor einigen Tagen für sie gekauft, und Lilley hatte sie seitdem gründlich ignoriert.
Sie brauchte keinen Test. Sie konnte nicht schwanger sein. Sie hatten schachtelweise Kondome verbraucht. Jedes einzelne Mal hatten sie verhütet, das ganze Wochenende über.
Außer …
Sie erstarrte. Außer einmal. In der Dusche.
Aus dem Spiegel blickte ihr ein bleiches Gesicht mit riesigen verstörten Augen entgegen. Wie konnte etwas so Wunderbares auf so entsetzliche Weise zu Ende gehen?
Glücklich wie noch nie war sie in Alessandros Armen eingeschlafen. Sie war so unfassbar dumm gewesen, ganz zaghaft an eine gemeinsame Zukunft zu glauben.
Sie war allein erwacht. Lächelnd hatte sie sich in das Betttuch gewickelt und auf die Suche nach Alessandro gemacht. Immer wieder hatte sie übermütig seinen Namen gerufen.
Stattdessen antwortete ihr die Haushälterin. „Der Prinz musste zu einem dringenden Geschäftstermin“, erklärte sie steif. „Abbot wird Sie zurück in die Stadt fahren.“
Sie reichte Lilley das gewaschene und gebügelte Abendkleid und servierte ihr Eier und Toast an demselben Tisch, an dem Lilley und Alessandro noch vor wenigen Stunden ihr sinnliches Frühstück eingenommen hatten. Der Chauffeur hatte sie ohne ein Wort in die Stadt gefahren. Bei der Erinnerung brannten ihre Wangen noch immer vor Scham.
Aber trotz allem bereute sie ihre gemeinsame Zeit nicht. Wie könnte sie? Endlich hatte sie gewagt, ein Risiko einzugehen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie sich wirklich lebendig gefühlt. Und sie hatte Leidenschaft erlebt. Eine alles verschlingende Leidenschaft, die Körper und Seele glühen ließ, wie ein Leuchtfeuer in dunkler Nacht.
Also gut. Sie würde ihn nie wiedersehen. Das konnte sie akzeptieren. Sie hatte keine andere Wahl. Sie schaffte es sogar, ihm für das Erlebnis dankbar zu sein. Für die Erinnerung.
Aber was, wenn sie schwanger war?
Sie presste die Hände auf ihr rasendes Herz. Sie würde den Test machen, jetzt sofort! Dann wusste sie endlich Bescheid. Er würde sowieso nur beweisen, dass sie sich einfach den Magen verdorben hatte.
Zwei Minuten später hielt sie das Röhrchen in ihren zitternden Fingern. Sie versuchte, ein unbekümmertes Liedchen zu summen, aber es kam nur ein Krächzen heraus.
Drei Minuten. Wahrscheinlich noch zu früh, aber ein Blick konnte nicht schaden …
Schwanger.
Schwangerschwangerschwanger.
Die Badezimmerwände schienen auf sie zuzukommen. Hastig stopfte sie das Teströhrchen in den Abfalleimer, lief in die Küche und setzte Wasser auf. Bevor sie begriff, was sie tat, hatte sie Tee gekocht, so wie es ihre Mutter bei einer Katastrophe früher immer getan hatte.
Doch als sie dann die große heiße Tasse in der Hand hielt, fühlte sie sich gar nicht getröstet. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Der große Unterschied war, dass damals ihre Mutter dagewesen war. Unglücklich trug Lilley ihren Tee zum Sofa und kuschelte sich in den Quilt.
Ein Baby.
Sie würde Alessandros Baby bekommen.
Sie griff wieder nach der Zeitschrift und betrachtete die Fotos. Dann überflog sie den Artikel dazu. In seiner Villa in Sonoma feierte Alessandro das alljährliche Erntedankfest am Ende der Weinlese. Es gab Gerüchte, dass es in diesem Jahr eine Verlobungsfeier werden würde.
Freitag. Das war heute!
Lilley strich mit den Fingerspitzen über Alessandros hübsches, kaltes Gesicht. Sie war sich so sicher gewesen, dass er sie wiedersehen wollte. Nach ihrem Wochenende war sie bei jedem Handyklingeln zusammengezuckt. Wie unglaublich naiv sie gewesen war! Wie vertrauensselig. Sie hatte einen Anruf erwartet, Blumen, eine Karte, irgendetwas. Nichts war gekommen.
Aber etwas hatte er ihr gegeben. Das größte Geschenk, das eine Frau bekommen konnte. Ein Baby. Fast ehrfürchtig legte sie die Hand auf ihren flachen Bauch.
Was würde Alessandro dazu sagen?
Sie konnte noch immer seine barsche Stimme hören: Ich werde dich nicht heiraten. Ich werde dich niemals lieben.
Er hatte ihr nie etwas vorgemacht. Es war ganz allein ihre
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