Im Zauber dieser Nacht
der anderen Seite drangen Stimmen und Gläserklingen gedämpft zu ihnen herüber.
Erst jetzt bemerkt Alessandro, dass er noch immer Lilleys Hand hielt. Er sah auf ihre verschränkten Finger. Sie folgte seinem Blick, und er konnte spüren, wie sie zitterte. In der Ferne grollte ein Donner. Der Wind trieb dicke schwarze Wolken über den Himmel und wirbelte den dünnen Baumwollrock um Lilleys Beine.
Trotz der kühlen Luft war es Alessandro, als würde er innerlich glühen. Er unterdrückte ein Aufstöhnen und ließ ihre Hand los.
Lilley verdiente Besseres als eine Reihe von billigen One-Night-Stands. Er durfte nicht riskieren, dass sie ihn liebte. Und wenn ihm etwas an seinem eigenen Seelenheil lag, musste er sich das Gefühl zu ihr aus dem Herzen reißen. Zu lange schon glaubte er nicht mehr an die Liebe. Er vertraute niemandem. Geld und Sex waren die einzigen verlässlichen Dinge auf der Welt. Liebe war eine Lüge.
Er wusste das alles, aber sein Körper zitterte vor Anstrengung, Lilley nicht in seine Arme zu reißen und in ihrer Weichheit und Wärme zu versinken. Er ballte seine Hände zu Fäusten, um sie nicht nach ihr auszustrecken.
„Warum bist du gekommen?“, brachte er mühsam heraus.
Ein Blitz zuckte über den Himmel und tauchte Lilleys Gesicht in gleißendes Licht. „Bist du in Miss Bianchi verliebt?“, fragte sie leise.
Er presste die Zähne zusammen. „Ich habe dir doch gesagt, dass die Ehe eine gegenseitige gewinnbringende Verbindung ist. Liebe hat nichts damit zu tun.“
„Aber du willst doch bestimmt nicht den Rest deines Lebens ohne Liebe verbringen.“ Sie betrachtete ihn prüfend, dann veränderte sich ihre Miene. „Oder doch?“
Wieder donnerte es, näher diesmal. Die ersten Tropfen fielen. Von der anderen Seite der Hecke hörte Alessandro aufgeregtes Rufen und laute Stimmen. Offenbar flüchteten die Gäste ins Haus. „Sag mir einfach, was du zu sagen hast, und dann geh!“
Lilley blickte auf den Rasen. „Das ist schwierig. Viel schwieriger, als ich mir vorgestellt hatte.“
Der Regen wurde dichter. Alessandro beobachtete, wie ein dicker Tropfen dicht neben Lilleys Mundwinkel über ihre Wange lief. Instinktiv streckte sie die rosafarbene Zungenspitze aus und leckte ihn auf. Fast hätte er aufgestöhnt.
Er musste sie von hier fortschaffen, bevor er etwas tat, was er für immer bereuen würde. „Ich hätte dich nie verführen dürfen“, sagte er leise. „Es tut mir leid, dass ich dich jemals angefasst habe.“
Sie sah traurig zu ihm auf. „War es so schrecklich?“
Schrecklich? Seine Kehle zog sich in einem ungekannten Schmerz zusammen. Zum ersten Mal seit neunzehn Jahren hatte er ein Herz gefunden, dass er nicht brechen wollte. Und dann brach er es. „Dein erstes Mal hätte etwas ganz Besonderes sein sollen. Mit einem Mann, der dich liebt, der dich vielleicht eines Tages geheiratet hätte. Nicht ein One-Night-Stand mit einem Mann wie mir.“
„Sei nicht so hart zu dir.“ Sie versuchte ein Lächeln. „Es waren zwei Nächte.“
Er erinnerte sich an ihren süßen Duft, ihren Geschmack, das Gefühl ihrer Haut an seiner. „Eines Tages wirst du jemand anderen finden“, zwang er sich zu sagen.
„Schickst du mich darum nach New York?“
„Du weißt, dass ich es war?“
„Natürlich weiß ich das.“ Sie straffte die Schultern, während der Regen unablässig auf sie niederströmte. Alessandro konnte den Blick nicht von ihrem nassen T-Shirt abwenden. „Danke. Das war sehr … freundlich von dir.“
Bei ihrem dankbaren Lächeln kam er sich noch mehr wie ein Ungeheuer vor. „Verflucht, das war nicht nett! Ich habe dich weggeschickt, weil ich heiraten werde. Und zwar nicht aus Liebe. Aber wenn ich einen Schwur leiste, werde ich ihn halten.“
„Und wenn ich eine Erbin wäre wie sie?“, flüsterte Lilley. „Hättest du dann mich gewählt?“
Langsam schüttelte er den Kopf. „Du würdest niemals in meine Welt passen. Dieses Leben würde all das zerstören, was ich an dir so bewundere. Dein Leuchten und deine Fröhlichkeit.“ Er streckte die Hand aus und hätte beinahe ihre Wange berührt. Hastig ließ er die Hand wieder fallen. „Olivia wird meine perfekte Braut sein.“
„Ich kann nicht zulassen, dass du sie heiratest. Nicht ohne dass du weißt …“ Sie fuhr sich mit der Zunge über ihre sinnlichen Lippen. „… was ich dir zu sagen habe.“
Inzwischen war Alessandros Anzug komplett durchnässt. „Nicht“, stieß er aus. „Sag es nicht!“
Sie zögerte.
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