Im Zauberbann der Liebe: Roman (German Edition)
schloss sie die Augen und senkte ihre Abwehrschilde nach und nach. Noch nie hatte sie so viel Macht konzentriert, und es war leicht zu sehen, wie gefährlich das Ritual danebengehen konnte. Aber sie traf jede Vorsichtsmaßnahme, und selbst als ihre Abwehrschilde völlig außer Kraft gesetzt waren, spürte sie, dass sie die Macht beherrschte, die sie lenkte. Die sie beherrschte, aber auch verwandelte.
In tranceartigem Zustand, in dem sie unbeteiligt und sich gleichzeitig auch der kleinsten Einzelheit bewusst war, durchleuchtete sie Fraynes verletzten Körper und merkte, dass sie sehr viel tiefer blicken konnte als zuvor. Sie musste das volle Ausmaß seiner Verletzungen in Erfahrung bringen und dann wahrscheinlich eine Entscheidung treffen, was versucht werden konnte, da ihr Vorrat an Heilkräften nicht unerschöpflich war.
Sie runzelte die Stirn, als ihr Geist in Fraynes Körper eindrang. Seine Lebenskraft war gefährlich schwach, kaum mehr als eine verlöschende Glut. Aus Sorge, dass er die Strapazen des heilenden Rituals nicht überleben würde, beschloss sie, ihm einen Teil ihrer eigenen Lebenskraft zu spenden. Lebenskraft war anders als Magie. Obwohl sie von allen im Kreis magische Energie übermitteln konnte, hatte sie, was das Spenden von Lebenskraft anging, nur Kontrolle über ihre eigene, und so sollte es auch sein.
Im Geiste spann sie einen goldenen Faden Lebenskraft von ihrem Solarplexus zu Lord Fraynes. Ihre Macht bewirkte, dass sein flackerndes Lebenslicht gefestigt wurde. Der Faden, der sie verband, ermöglichte ihr auch, die Schwingungen seiner Persönlichkeit zu erspüren, die jetzt tief verborgen in ihm schliefen. Er war ein Mann von großer Liebenswürdigkeit und Mitgefühl. Die Welt brauchte ihn genauso sehr, wie seine Freunde ihn brauchten.
Als sie zu ihrer Untersuchung zurückkehrte, vergewisserte sie sich, dass sein Gehirn nur die Erschütterung erlitten hatte, die sie vorher schon gespürt hatte. Die würde von alleine heilen.
Als Nächstes suchte sie nach inneren Blutungen. Wie sie vermutet hatte, hatte er sowohl durch seine äußeren wie inneren Verletzungen, die einen Milzriss mit einschlossen, sehr viel Blut verloren. Die Macht, über die sie gebot, ermöglichte es ihr jedoch, den Riss zu schließen und die Blutung zum Stillstand zu bringen.
Dann betrachtete sie die arg zersplitterten Knochen in seinem Bein und beschloss, dass es sich lohnte, etwas Energie auf ihre saubere Heilung zu verwenden. In Gedanken ließ sie Knochen entstehen, die kräftig und gesund waren und den echten Knochen während ihrer Heilung als Schablone dienen würden. Wäre das gebrochene Bein Fraynes einzige Verletzung gewesen, hätte sie die Knochen sofort miteinander verwachsen lassen, aber sie konnte sich einen solch großen Energieaufwand dafür nicht leisten, da seine anderen Verletzungen sehr viel lebensbedrohlicher waren.
Als sie merkte, dass sich mehrere verletzte Stellen schon entzündeten, durchflutete sie seinen Körper mit einem Zauber, der dazu diente, das Entstehen von Fieber zu verhindern. Infizierte Wunden waren häufig tödlich, und er hatte nicht die Kraft, gegen eine Entzündung anzukämpfen.
Wohl wissend, dass sie schon eine beträchtliche Menge der vorhandenen Macht verwendet hatte, konzentrierte sie sich auf die kritischste Verletzung: Fraynes gebrochenes Genick. Sie musste nicht nur die gebrochenen Wirbel, sondern auch die Blutgefäße und gerissenen Nerven wiederherstellen, die Botschaften von Gehirn zu Muskeln übertrugen. Falls ihr das nicht gelang, hatte Frayne keine Chance mehr auf ein gesundes, aktives Leben. Dann wäre es weitaus gnädiger, sich zurückzuziehen und ihn in Frieden sterben zu lassen.
Sie bewegte ihre Hände an beiden Seiten seines Nackens hinunter und fühlte das Kitzeln seiner Bartstoppeln an ihren Fingerspitzen. Zuerst die gebrochenen Wirbel ...
Nachdem sie sich ein Bild von den Rissen und Brüchen gemacht hatte, stellte sie im Geist eine Schablone gesunder Wirbel her wie zuvor schon bei seinem Bein. Dann ließ sie mit der Kraft eines Gießereifeuers Energie in die Schablone einströmen.
Sie hatte nicht genügend Macht. Als sie sich dessen bewusst wurde, hätte sie weinen können vor Frustration. Sie war so nahe daran, die Knochen wieder miteinander zu verschmelzen, aber es war einfach nicht mehr genug Magie vorhanden, um die Arbeit zu beenden. Es musste doch etwas geben, was sie tun konnte ...
In ihrer Verzweiflung erinnerte sie sich daran, dass es vielleicht
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