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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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versuch nicht, mich zu halten. Bliebe ich zurück, so müsste ich mich vor den Göttern schämen. Auch mein Herz wäre nicht einverstanden, denn ich wurde zur Tapferkeit erzogen …«
    Er sah, dass sie zitterte, und schloss sie eng in seine Arme. Sie lehnte wie in tiefer Erschöpfung den Kopf an seine Brust. Ihr ganzer Körper schien von den Schlägen ihres Herzens zu dröhnen.
    Mit rauer Stimme sagte er: »Ich werde dich zum Kunne-Iomante begleiten. Wie könnte ich es verantworten, dass du dich und unser Kind in Gefahr begibst?«
    In ihrem Gesicht ging eine Wandlung vor; wie eine aus dem Schlaf Erwachende zuckte sie zusammen, und heftig rief sie aus: »Nicht ich, sondern du sollst der Rache des Königs zum Opfer fallen!«
    Er starrte sie an, bis ins Tiefste getroffen. »Seine Allerhöchste Majestät weiß, dass er mich am härtesten und sichersten durch dich treffen kann!«
    Da warf sie stolz den Kopf in den Nacken. »Sei unbesorgt, besitze ich nicht Macht über die Bären?« Sie krallte sich an seinen Schultern fest. Leise, eindringlich kam es über ihre Lippen: »Den Weg, den ich jetzt gehen werde, muss ich allein gehen! Du aber führe an meiner Stelle das Volk, das zwischen Wäldern und Schilf wohnt, und schütze es, wenn es von Feinden bedroht wird.«
    Er starrte sie an. Stellte ein Mann auf der Fährte seines Lebens sich selbst nicht genug Fallen, sollte er auch noch in den Schlingen stolpern, die andere für ihn legten? Er versuchte zu überlegen. »Was sie zu tun gedenkt, kann einer Königin nur zur Ehre gereichen. Und sie ist Königin. Sie muss an ihr Volk denken. Ich darf sie nicht in Fesseln legen, an ihr mit meinen Zweifeln und Schmerzen nagen. Sie hat erkannt, dass ich hier benötigt werde. Könnte irgendein anderer die Ainu besser führen als ich? Ikanui vielleicht oder Tinemba? Sie würden auf jeden Scheinangriff hereinfallen und selbst dann noch über Recht oder Unrecht reden, wenn schon alle Hügel um den Ikoma so voll von Tungusen-Lanzen sind wie von den Halmen des Schwertgrases …«
    Kubichi sah zu ihm empor. Sie presste die Lippen aufeinander, wie Kinder es tun, um die Tränen zurückzuhalten.
    Da streichelte er sanft ihre Wange und sprach: »Sorge dich nicht. Ich bleibe bei deinem Volk und werde ihm zur Seite stehen wie ein Vater seinen Kindern. Meine Krieger werden dich zum Kunne-Iomante begleiten. Hokiji wird sie führen.«
    Ihre Züge entspannten sich. Sie holte tief und befreit Atem. »Jetzt ist alles gut. Bei Tagesanbruch werde ich das Lager verlassen. Doch das wird nicht unser letzter Abschied sein. Ich weiß, dass wir uns wiedersehen und dass ich dir eines Tages noch näher sein werde, als ich es heute bin …«
    Wieder spürte er den Schauer auf seiner Haut. Er stieg wie dunkler Frost aus seinem Blut. »Was willst du damit sagen?«
    Â»Nichts weiter!« Heiter lächelnd nahm sie seine Hand und legte sie auf ihren Leib. »Dein Kind will leben, fühlst du es? Bald wirst du es sehen. Du wirst leben und unser Kind wird leben. Ich weiß es …«
    Ihm entging nicht, dass sie sich selbst nicht erwähnte.
    Â»Und du?«, fragte er heftig. »Warum sprichst du nicht von dir?«
    Sie legte ihm zärtlich die Hand auf die Lippen. »Fürchte nichts. Wir bleiben immer beisammen. Bald werden wir nur noch ein Blut, ein Geist und eine Seele sein. Die Götter, die in den Höhen wohnen, sind gnädig. Aber das Leben, nach dem wir Menschen ausblicken, ist geringer als das Leben, das die Götter uns schenken …«

19
    D er Morgenhimmel schimmerte wie Perlmutter und die aufgehende Sonne kleidete die Wipfel in Gold. Der Rauch der Lagerfeuer stieg senkrecht hoch. Aus Unterholz und Baumkronen klang Gezwitscher und Trillern. Die Krieger bestiegen schon ihre Pferde. Alle trugen Brustharnische, Helme und waren schwer bewaffnet. Die Ainu, Männer und Frauen, warteten in bedrücktem Schweigen. Die Häuptlinge trugen ihre Bärenfelle. Der Gestank erfüllte die Lichtung und machte die Pferde unruhig.
    In ihren Umhang gehüllt, trat Kubichi aus dem Zelt. Ein Stirnband aus geflochtenen Pflanzenfasern hielt ihre Locken zurück. Ihr klares goldenes Gesicht war starr wie eine Maske. Hinter ihr erschien Susanoo. Hokiji verneigte sich und gab ein Zeichen. Man führte das Pferd der Königin vor. Susanoo blieb stumm, während sie sich ihm

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