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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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deiner unsterblichen Seele die Rückkehr in ihre Himmlische Heimat für immer verwehren.«
    Ich wandte mich ab von dem Weinenden, der zusammengesunken am Boden kauerte, und verließ mit festen Schritten den Raum. Mein Entschluss war gefasst.
    Meiner Zofe Maki befahl ich, meinen Lederharnisch, meinen Köcher und den Birkenholzbogen bereitzulegen. Sie befestigte mir die Beinschienen und die ledernen Handgelenkschützer. Dann ließ ich Yeasu, den Befehlshaber meiner Leibgarde, kommen.
    Er beugte vor mir seine breiten Schultern. Seine Augen blickten scharf und klug. Mit knappen Worten erklärte ich ihm die Sachlage und erteilte ihm den Befehl, eine Bereitschaft von fünfzig Mann aufzustellen, die mir das Geleit ins Ainu-Gebiet geben sollten. In dem Bestreben, nicht zu schreien, war meine Stimme eher ein Flüstern. Yeasu stellte keine überflüssigen Fragen; er verneigte sich und ging. Wir verstanden einander. Wir waren uns beide darüber im Klaren, dass wir uns auf ein gewagtes Unterfangen einließen, wenn wir die Rachepläne des Königs zu durchkreuzen versuchten. Ich setzte meine Ehre aufs Spiel und Yeasu seinen Kopf. Doch ich war überzeugt, dass mir das Heer wohlgesinnt war und meine Handlungen als gottgewollt hinnahm. Ich hatte ein Gefühl für solche Dinge.
    Kurz darauf meldete mir eine Ordonnanz, dass alles bereit war. Ich warf meinen Bogen über die Schulter und schritt, gefolgt von Maki, die Treppen hinunter. In mir war wieder Ruhe eingekehrt. Die Kunde, dass ich zum Heiligen Berg der Ainu reiten würde, hatte sich mit Windeseile ausgebreitet. Die Höflinge drängten sich erregt flüsternd unter den Pfosten; einige wichen zurück, als ich in den Innenhof trat. Auf der Schattenseite wartete ein Teil des Heeres - jene Krieger, die soeben auf dem Wasserweg als Verstärkung eingetroffen waren. Mit Schild und Wurfspieß ausgerüstet, verharrten die Männer regungslos in dichten Reihen; vor ihnen standen ihre Offiziere. Auf den Festungsmauern schritten die Wachen langsam auf und ab; ihre Speere blitzten in der Sonne.
    Shiro-Uma, meine weiße Stute, erwartete mich vor der Treppe. Sie trug einen Harnisch und einen mit Gold und Kupfer verzierten Sattel. Sie stampfte übermütig; ihre rot lackierten Hufe scharrten den Sandboden auf. Ein Stallbursche hielt das Pferd, während ich aufsaß. Meine Leibgarde hatte bereits Aufstellung genommen. Yeasu, der die Einheit führte, trug einen Kettenpanzer und einen stählernen Helm.
    Plötzlich ertönte ein Gongschlag. Im Vorhof, auf der anderen Seite des Tores, bliesen die Wachen in ihr Horn. Eine Bewegung ging durch die Menge; alle sanken in die Knie. Yeasu warf mir einen fragenden Blick zu. Ich aber gab ihm ein Zeichen, im Sattel zu bleiben. Die bronzebeschlagenen Torflügel öffneten sich. Umgeben von seinem Gefolge, trat Iri in den Innenhof. Er trug seine Bronzerüstung und den Helm mit den hochgeschwungenen Hörnern. Ein purpurner Umhang wallte um seine Schultern. Ein Diener ging hinter ihm und hielt einen roten Sonnenschutz über ihn; sein Gesicht, in rötlichen Schatten getaucht, leuchtete wie Kupfer im Feuerschein. Strahlend schön sah er aus, wie ein Hirsch in Menschengestalt, und jeder war von seiner Erhabenheit überwältigt. Ich jedoch, von meiner Leibgarde umgeben, saß hoch aufgerichtet im Sattel, blickte ihm starr ins Gesicht. Meine Hand umklammerte die Reitpeitsche. Ich drückte die Fersen in Shiro-Umas Flanken. Die winzigen Glöckchen, die an ihrem Zaumzeug befestigt waren, klirrten, als sich die Stute mit tänzelnden Schritten in Bewegung setzte.
    Kurz vor dem König hielt ich mein Reittier an. Wir maßen uns mit Blicken, als seien wir allein auf der Welt. Sein Gesicht war unbewegt; er zuckte mit keiner Wimper. Doch ich sah in seinen Augen ein unergründliches Flackern. Er begrüßte mich förmlich und höflich. Er sei nicht davon unterrichtet gewesen, dass die Königin an dem Feldzug zum Ikoma teilzunehmen gedenke.
    Ich antwortete mit einer Frage: »Was, Majestät, schätzt Ihr höher ein, den Sieg über die Ostprovinzen oder die Ehre Eures Königshauses?«
    Meine Stimme hallte über den Hof. Keiner rührte sich. Alle waren wie erstarrt. Iri ließ mich nicht aus den Augen. Unsere Blicke waren wie Klingen, die sich im Sonnenschein kreuzten.
    Doch gelassen erwiderte er: »Entscheidend allein ist das Versprechen, das ich der

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