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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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zu hellem Rot. In weitem Umkreis flimmerte die Hitze. Ein großer Busch, auf den er zulief, sprühte in einer Funkengarbe auf. Er schwenkte ab, hastete weiter.
    Ein Ächzen, ein lautes Knirschen: Ein Spalt brach auf, lief über die ganze Bergflanke. Er stolperte, fiel auf die Knie, klammerte sich mit Händen und Füßen verzweifelt am Boden fest. Das Beben erstarb. Als er sich zerschrammt und blutig aufrichtete, fiel ihm Emekka ein. Die Höhle, wo die Priesterin lebte, war nicht weit. Vielleicht konnte er sie noch retten …
    Ein neuer Stoß wurde spürbar, noch machtvoller. Oben am Hang löste sich ein Felsblock, sprang in die Tiefe, rollte dumpf aufschlagend dem Wald entgegen. Der Boden dröhnte unter den ungeheuren Stößen. Er spürte den Luftzug, als das Ungetüm an ihm vorbeiraste, noch zweimal aufschlug und dann unter dem Kreischen der berstenden Stämme ins Dickicht tauchte. Das Rauschen verhallte in der Ferne …
    Keuchend erreichte er die Höhle. Einige hölzerne Geräte lagen noch an der Feuerstelle. Er rief; niemand antwortete. Etwas Weißes schimmerte zwischen den Steinen. Er lief darauf zu und sah die Priesterin im Geröll liegen. Der Felsblock hatte sie erfasst und überrollt.
    Er machte kehrt und rannte durch den Rauch, bis es in seiner eigenen Brust wie Feuer brannte. Der Vulkan tobte und brüllte; die gläsern roten Adern der Lava quollen aus der offenen Kraterwunde. Bald verlor er die Orientierung, wusste nicht einmal mehr, von welcher Seite das Feuer kam. Und auf einmal wurden im schwärzlichen Rauch die Umrisse eines Bären sichtbar. Das Tier trampelte hin und her, brüllte vor Schmerz und schlug mit gewaltigen Tatzenhieben auf die Feuersbrunst ein. Und als ein Windstoß die Äste erzittern ließ, verwandelte sich der Bär in eine Feuergestalt, die unter den Bäumen wirbelte, tanzte, sich drehte. Nach einer Weile fiel das Feuermonster hin, wälzte sich im Buschwerk und lag dann still da. Die Verzweiflung verlieh Susanoo übermenschliche Kräfte. Er jagte durch das Unterholz, hörte das helle, heiße Donnern des Feuers. Flecken schwammen vor seinen Augen, schmolzen zu flackernden Lichtern. Blindlings war er bis an den Rand einer steilen Böschung getaumelt, als er ein Plätschern vernahm und im rötlich schimmernden Wasser sein eigenes Spiegelbild erblickte. Da packte er die herunterhängenden Äste und ließ sich in den Flusslauf gleiten. Das Wasser war tiefer, als er gedacht hatte. Die Strömung erfasste ihn mit einem klatschenden Schlag, während sich über ihm das Blätterwerk im flackernden Licht des Feuers zu röten begann. Zischend fielen brennende Zweige, Funken und Ascheklumpen in den Fluss. Tierleiber und tote Vögel schaukelten in den schwappenden Wellen. Ein Ast versetzte Susanoo einen heftigen Stoß in den Rücken. Er klammerte sich daran fest und ließ sich treiben.

28
    D as Tal war wie ein Kessel, von senkrechten Granitwänden umschlossen, und dazwischen rauschte und schäumte der Fluss. Aus unzähligen Einschnitten im Felsen rieselten schillernde Kaskaden. Die Strömung trieb Susanoo mit großer Geschwindigkeit vorwärts. Strudel erfassten ihn. Er ging unter, schluckte Wasser, aschigen Schaum und wirbelnde Blätter. Das Sonnenlicht glitzerte auf den Wellen und funkelte schmerzhaft in seinen entzündeten Augen. Endlich merkte er, wie sich die Schlucht weitete und eine mit Schilf und Buschwerk bewachsene Ebene in Sicht kam. Er verdoppelte seine Anstrengungen und schwamm auf das Ufer zu, fand Steine, auf denen er stehen konnte, und watete an Land. Wasser floss aus seinem langen Haar, während er sich an der Böschung hochzog. Unter seinen Füßen gab der Schlamm mit gurgelndem Geräusch nach. Der Fluss hatte ihn eine beachtliche Strecke stromabwärts getragen. Der Wind brachte den Geruch von Schwefel, Asche und schwelendem Holz herüber. Dunstschleier verfinsterten die Sonne und hinter den Bäumen flackerte Glut auf. Doch das ferne Grollen des Vulkans wurde durch das Wasserrauschen übertönt.
    Das Röhricht war mit einer feinen Staubschicht bedeckt, die sich mit den Frühlingspollen vermischte und ihm in die Lungen drang. Hustend schleppte er sich durch das Schilf, bis er zwischen den Wurzeln eines Baumes auf trockene Erde sank. Sein Körper war wie zerschlagen, mit Brandwunden und Abschürfungen bedeckt, aber das Wasser hatte

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