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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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dem Bett neben ihr niedersank. Sie verschwand auch nicht, als sie ihr Hochzeitskleid auszog und sich nackt neben ihn unter die warme Decke legte. Und als sie ihn Stunden später weckte, um sich noch einmal zu lieben, blieb das Gefühl. Trotz der Grausamkeit der Nachfahren und der ewigen Geheimnisse der Geister würden er und Rhia einen Weg finden, glücklich zu sein, solange sie einander nie verließen.

10. KAPITEL
    A lanka, willst du mich heiraten?“
    Alanka antwortete nicht, sondern machte stur damit weiter, den Wald von einem Hochsitz aus zu beobachten, der ihnen auch als Wachturm diente. Er steckte in den niedrigen kahlen Ästen einer Hemlocktanne und gewährte direkte Sicht auf den Pfad, der zum Fluss führte.
    Endrus summte eine kurze Melodie, ehe er es noch einmal versuchte. „Alanka, wieso sind Bäume eigentlich nicht lila?“
    Sein seltsamer Humor hatte sie früher so heftig zum Lachen gebracht, dass ihr die Bauchmuskeln wehtaten. Als sie noch jünger gewesen waren und ihre Ausbildung zu Jägern begonnen hatten, hatten sie häufig versucht, sich gegenseitig den Schuss zu vermasseln, indem sie genau zum richtigen Zeitpunkt eine dumme Bemerkung machten.
    „Alanka, wie groß war die kleinste Spinne, die du je gegessen hast?“
    Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal gelacht hatte. Das sollte sie vielleicht beunruhigen, aber der gleiche schwere Umhang, der ihren Ernst bewahrte, bewahrte auch ihr Leben.
    „Alanka, woher kommt Borke?“
    „Ich könnte die Eindringlinge viel besser hören, wenn du mit deinem Geplapper aufhörst.“
    „Ich versuche ja nur, dich aufzuheitern.“ Die Spitze seines Bogens stieß gegen ihre Schulter. „Oder dich wütend zu machen.“ Er wartete und stieß dann noch einmal fester zu. Ein Jahr zuvor noch hätte sie den Bogen auf dem Kopf des Pumas zertrümmert.
    Er stieß einen tiefen Atemzug aus. „Jede Reaktion wäre schön.“
    „Warum?“
    „Wir vermissen dich. Wann kommst du wieder nach Hause?“
    „Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich bin zu Hause.“
    „Sicher. Halt still.“ Er streckte die Hand aus und zog eineSträhne schwarzes Haar zu sich, die ihr aus dem Zopf gerutscht war.
    Sie wich zurück. „Au.“
    „Ich habe doch gesagt, du sollst stillhalten.“ Er zeigte ihr ein kleines Reisig Piniennadeln. „Sah aus, als hättest du einen kleinen Hut auf. Ziemlich verwegen.“
    Eine starke Brise erhob sich, und um sie herum begann es Piniennadeln zu regnen. „Es gibt viele diesen Herbst“, bemerkte sie.
    „Der Sommer war trocken.“ Sie sahen zu, wie die dünnen braunen Nadeln herumwirbelten und hinabfielen. Endrus klopfte sich auf ein Knie. „Rabe soll also kommen. Das ist ziemlich aufregend“, fügte er hinzu, als spräche er von einem bevorstehenden Gelage.
    „Sie kommt, weil unser Volk in schrecklicher Gefahr ist. Das ist nicht aufregend. Und wenn das Rabenkind von Rhia geboren wird, bedeutet es, dass es wenigstens fünfzehn Jahre dauert, ehe es seine Gabe verliehen bekommt. Es ist vielleicht auch gar nicht dieses Kind, sondern ihr zweites oder ihr fünftes oder das von jemandem anders. Die Nachfahren können in der Zwischenzeit jede Menge Leute umbringen.“
    „Wenn du nur die dunkle Seite sehen willst, sicher.“
    „Es ist die wahre Seite.“
    Endrus rutschte vor und setzte sich neben sie an den Rand des Hochsitzes. „Du solltest aus deinem Haus ausziehen.“
    „Warum?“
    „Von den Erinnerungen wegkommen. Ich helfe dir beim Tragen.“
    Sie dachte einen Augenblick lang nach, ob es ihr wirklich so wichtig war, dass sie ihr ganzes Leben dafür änderte. Endlich sah sie ihn an. „Vielleicht.“
    Seine dunklen Augen funkelten. „Als Gegenleistung musst du meine Küche putzen.“
    Gespielt empört sah sie ihn an und wandte sich dann wieder dem Pfad zu. Die Brise wehte stärker und brachte sie unter ihrer leichten Jacke aus Pferdeleder zum Zittern. Bald war es an derZeit, Pelz zu tragen. Sie fragte sich, ob es unpassend wäre, in den Besitztümern der Gefangenen nach einem besseren Mantel zu suchen.
    Alanka wollte Endrus gerade nach seiner Meinung fragen, als sie in der Ferne Schritte hörte. Sie raschelten im trockenen Laub. Für einen Hasen oder Vogel war das Geräusch zu laut. Rotwild vielleicht?
    „Ich höre was.“ Sie schnupperte, aber der Wind wehte aus der entgegengesetzten Richtung.
    Endrus machte seinen Bogen bereit und legte einen Pfeil gegen die Sehne.
    Sie schloss die Augen und horchte auf den Rhythmus der Schritte.

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