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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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Menschlich. Ein Mann, gemessen an der Schwere der Schritte. Wahrscheinlich kein Kalindonier. Sie alle wussten, dass man aus Versehen erschossen werden konnte, wenn man so früh am Morgen durch die Jagdgründe schlich.
    Außerdem kamen die Schritte auf das Dorf zu, sie entfernten sich nicht davon. Dann also ein Fremder. Ein Nachfahre? Nein, sicher nicht allein.
    „Ich sehe ihn“, flüsterte Endrus und hob den Bogen.
    Ein schlanker Mann mit langem schwarzem Haar tauchte auf. Auch wenn Alanka aus ihrem Winkel nicht sehen konnte, was er auf dem Rücken trug, verriet sein Gang ein schweres Gewicht. Dann also jemand aus weiter Ferne.
    „Halt!“
    Alanka zuckte zusammen, als Endrus’ Stimme tief und herrisch an ihr Ohr drang.
    Der Mann blieb stehen und spähte in den Baum hinauf. „Hallo?“
    „Wer bist du?“, fragte Alanka.
    Er trat einige Schritte vor, und Endrus rief: „Ich habe gesagt, du sollst anhalten!“
    Der schwarzhaarige Mann hob die Hände. „Nicht schießen, bitte. Ich komme aus Velekos.“
    Endrus spannte seinen Bogen weiter. „Dafür soll mir dein Wort reichen?“
    „Warte“, sagte Alanka zu dem Puma. „Ich erinnere mich an ihn.“ Sie kletterte aus dem Baum, zerkratzte sich dabei die Arme und fiel fast auf den Kopf.
    Der Mann sah ihr zu, die Hände noch in die Luft erhoben. Sein langer Mantel aus Bisamfell reichte ihm bis über die Hüften. Sie näherte sich ihm. Wie war doch gleich sein Name? Dann sah sie den schwarzen Feder-Fetisch um seinen Hals. „Damen?“
    „Ganz genau.“ Er lächelte und nickte ihr zu, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, wer du bist.“
    „Ich bin Alanka. Du kannst die Arme jetzt übrigens runternehmen.“
    „Alanka?“ Er starrte sie an und streckte seine Hand dann auf Taillenhöhe aus. „Die kleine Alanka?“
    „Wie lang ist es her? Zehn Jahre?“
    „Zehn lange Jahre.“ Damen grinste Endrus an, der viel eleganter vom Hochsitz heruntergestiegen war als sie. „Sei gegrüßt.“
    „Willkommen.“ Endrus stellte sich vor und bedachte Damen mit der traditionell festen Umarmung der Kalindonier. „Was führt dich her?“
    Damen erholte sich von der Umarmung und richtete seine Krähenfeder. „Ich bin nach all der Zeit endlich in die zweite Phase eingetreten.“
    Alanka und Endrus keuchten gemeinsam auf. „Hast du von der Rabenprophezeiung gehört?“, fragte der Puma.
    Damen verdrehte die Augen. „Niemand redet mehr von etwas anderem, besonders jetzt, da Reni schwanger ist.“
    „Deine Frau muss so aufgeregt sein“, sagte Alanka.
    Damen wandte den Blick ab. „Na ja, wir sind nicht verheiratet, verstehst du.“
    „Ah.“ Alanka fragte sich, warum es so lange gebraucht hatte, bis Damen in seine zweite Phase eingetreten war. Er musste schon sieben- oder achtundzwanzig sein. Es kam selten vor, dass jemand auch nur fünfundzwanzig wurde, ohne ein Kind zu zeugen.
    „Bring du ihn zu Coranna“, sagte Endrus zu Alanka. „Ichschiebe allein weiter Wache und versuche mich zu unterhalten.“ Er zwinkerte ihnen zu und machte einen Sprung, um sich dann am Rand des Hochsitzes hochzuziehen. Im nächsten Augenblick saß er wieder in seiner Wachposition da.
    Alanka und Damen gingen gemeinsam auf das Dorf zu. „Coranna wird sich freuen, dich zu sehen“, sagte sie.
    „Und sie wird mehr als überrascht sein, nehme ich an.“
    „Lustig, dass du gerade jetzt hier auftauchst. Ihr anderer Lehrling ist gerade zurück nach Asermos. Sie erwartet auch ein Kind.“
    „Das habe ich von eurem Rettungstrupp gehört, sehr gute Nachrichten.“
    „Coranna und ich wollen nächsten Frühling zu ihr gehen, wenn das Kind geboren wird. Du solltest auch mitkommen und sie kennenlernen.“
    „Das würde ich sehr gern“, gab er zurück, „aber mitten in den Wehen macht sie vielleicht nicht gern neue Bekanntschaften, was?“
    Sein trällernder velekonischer Akzent entlockte ihr das erste Lächeln seit Wochen. „Ich erinnere mich noch. Als du das letzte Mal hier warst, bin ich dir die ganze Zeit gefolgt, um dir beim Reden zuzuhören.“
    „Du findest meinen Akzent lustig, was?“
    „Ich mag die Art, wie alle deine Wörter zu einem langen Atemzug zusammenlaufen, bis du an das Ende eines Satzes kommst, und dann plötzlich geht deine Stimme nach oben.“ Ihre Stimme vertiefte sich auf den letzten zwei Worten, wie sie dachte, in einer perfekten Nachahmung des velekonischen Akzents.
    „Täuschend echt. Du würdest gut zu uns passen.“
    „Danke.“
    „Und, was ist am Ende

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