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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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bringen wir …“
    „Eine Rechnung? Wie beim Eierkaufen?“
    „Genau.“ Er fuhr fort, ehe sie darüber lachen konnte. „Wir haben sie in einen anderen Tempel gebracht, wo der Priester von Xenia, der Totengöttin, in unserem Namen mit den gefallenen Feinden spricht und sie um Vergebung bittet.“
    Alanka horchte auf. „Wie eine Krähe in der zweiten Phase.“
    „Ja.“ Er schnalzte mit der Zunge, um das Pony zu beruhigen, das bei Alankas plötzlicher Bewegung die Ohren angelegt hatte. „Indem wir uns mit den Toten vertragen, finden wir Frieden.“
    „Vergeben euch die Toten immer?“
    „Meiner Erfahrung nach, ja. Sie haben im Jenseits nichts davon, jemandem etwas nachzutragen.“
    Sie stieß einen verächtlichen Laut aus. „Mein Vater hat auch nichts davon, einen Teil von mir festzuhalten, aber er tut es trotzdem.“
    „Vielleicht ist das ein anderes Problem und verlangt nach einer anderen Lösung.“
    „Das sagt Rhia auch. Funktioniert das Ritual deines Volkes?“ Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern, als hätte sie Angst, ihre Hoffnung laut auszusprechen. „Fühlt man sich hinterher reiner?“
    „Ja.“ Mit dem Daumen streichelte er ihre Handfläche. „Vollkommen rein.“
    „Ich kann es mir nicht vorstellen.“ Sie stieß einen sehnsüchtigen Seufzer aus. „Was ist mit den Albträumen und den Erinnerungen? Werde ich je aufhören, die Gesichter dieser Männer zu sehen?“
    „Das lässt sich nur auf eine Art herausfinden.“
    „Ich frage Rhia, wenn wir Rast machen.“
    „Willst du sie nicht jetzt fragen?“
    Sie vergrub das Gesicht in seinem Nacken und legte den anderen Arm fest um seine Taille. „Nein. Ich will sie nicht jetzt fragen.“
    Er lächelte und hob ihre Hand an seine Lippen. Alanka schien die letzte Frau auf der Welt zu sein, die ihn anziehend finden sollte. Sein Volk hatte ihre Familie und ihre Heimat vernichtet. Der Tod ihrer Angehörigen schmerzte und beschäftigte sie, ob wach oder schlafend. Er, Filip, hätte eine schmerzliche Erinnerung an alles sein sollen, was sie verloren hatte, und an alle Taten, für die sie sich schämte, egal wie wenig recht sie damit hatte. Und doch schien sie sich – fast gegen ihren Willen – zu ihm hingezogen zu fühlen.
    Filip schauderte. Vielleicht war Alanka nicht bei ihm, obwohl , sondern weil er ein verwundeter Nachfahre war. Vielleicht benutzte sie ihn, um ihre Schuldgefühle den Männern gegenüber, die sie in der Schlacht getötet hatte, zu stillen. Er ließ ihre Hand los.
    „Warum magst du mich?“
    Sie gähnte. „Was ist denn das für eine Frage? Ich tue es einfach.“
    „Was gibt es an mir zu mögen? Ich bin nicht nett.“
    „Zu mir bist du nett. Und du siehst gut aus, und … und bist stark.“
    „Ich bin nicht stark. Ich breche weinend zusammen, wenn ein Tier verwundet wird.“
    „Ich finde das lieb“, sagte sie. „Außerdem könntest du lernen, die Gedanken der Tiere zu blockieren, wenn du dich bloß deiner Weihung unterziehen würdest.“
    „Ich kann nicht.“
    „Doch.“
    „Ich will nicht, und wenn du meinst, ich ändere meine Meinung, dann machst du dir etwas vor.“
    Sie schwieg einen Augenblick. „Ich mag es, wie du mich küsst.“
    Er zuckte zusammen, und das Pferd blieb stehen. Im Geiste malte er sich aus, nackt mit Alanka im Gras zu liegen, seine Wunde im hellen Sonnenlicht offen zu sehen.
    Nein. Er würde seine Beine irgendwie bedeckt halten, sodass sie nur sein Gesicht, seinen Hals und seine Brust sehen konnte, die kräftig und gesund waren.
    Aber sie würde sein Bein sehen wollen. Sie war neugierig. Sie würde es anfassen wollen.
    „Du willst mich, weil ich dein gefallener Feind bin“, sagte er. „Nicht weil ich der Mann bin, der ich bin.“
    „Du glaubst, ich will aus Mitleid mit dir zusammen sein?“ „Das ist doch nur logisch.“
    „Es ist vollkommen unlogisch. “
    „Ich habe Kriegstraumata schon bei meinen Truppen erlebt. Sie werden wahnsinnig davon …“
    „Ich bin nicht wahnsinnig!“
    „… und Wahnsinnige wissen nicht, was sie wollen oder warum sie es wollen.“
    Sie keuchte empört auf. Ihre Stimme wurde eisig. „Wie kannst du es wagen …“
    „Gib es zu. Ich werde nie die Art Mann sein, die du brauchst.“
    Ihr Schweigen war beklemmend, und er merkte, dass er zu weit gegangen war.
    „Wenn du das wirklich glaubst“, sagte sie, „dann gibt es nichts mehr zu bereden.“
    Er drehte sich zu ihr um, um seine dummen Worte zurückzunehmen, aber sie glitt bereits vom Rücken des Pferdes

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