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Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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heftete sich dann wieder auf mich.
    Â»Dürfen wir unseren Augen trauen?«, sprach er mit seiner tiefen, wohlklingenden Stimme. »Welchen Zaubers hat sich unsere hochgeschätzte Prinzessin bedient, um sich das Himmlische Pferd gefügig zu machen? Sollte sie heimlich die Burg verlassen und unsere Herzen beunruhigt haben, nur um uns mit dieser Leistung in Erstaunen zu setzen?«
    Gespannte Stille trat ein. Eine Stille, die mir unheimlich und drohend vorkam. Die Zügel klebten in meinen Handflächen. Mit fester, doch leiser Stimme hörte ich mich antworten:
    Â»Herr, dies war nicht meine Absicht.«
    Er ging um das Pferd herum mit langsamen, elastischen Schritten, wobei er das Tier von allen Seiten betrachtete. Ich straffte die Schultern, sah kühl geradeaus. Schließlich blieb er stehen und schnalzte mit der Zunge.
    Â»Wahrlich!«, meinte er. »Das Ungeheuer zu bändigen, scheint eine leichte Sache. Wer könnte seinem Ruf als wilde Bestie jetzt noch Glauben schenken?«
    Seine breite Hand packte die Zügel. Hi-Uma spitzte die Ohren und blähte die Nüstern. Der , dessen Name verflucht ist, lachte. Er sagte so laut, dass alle es hören konnten: »Gestattet, Prinzessin, dass ich meinerseits vor dieser erlauchten Gesellschaft den Grasfresser reite.«
    Ein Zittern durchlief Hi-Umas Körper. Unter dem feuchten Fell begannen die Muskeln zu spielen. Kein sichtbares Zeichen rechtfertigte seine Unruhe, keine Bewegung von mir hätte ihn erschrecken können. Dennoch schien das Tier mein Unbehagen zu spüren. Ich strich über seine Stirn, um es zu beruhigen.
    Â»Herr, das Himmlische Pferd zu besteigen, muss zuerst erlernt werden. Wenn der Hohe Herr erlaubt -«
    Er ließ mich nicht ausreden, warf den Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus.
    Â»Lernen? Was sollte da zu lernen sein? Und Ihr, Prinzessin? Wer war denn Euer Lehrmeister?«
    Eisig gab ich zur Antwort: »Suki-no-Aname, Sohn des Herrn über die königlichen Reitställe, hatte diese Ehre.« Ich spürte, wie mein Herz sich verkrampfte, und fügte kaum hörbar hinzu: »Er verlor gestern bei dem Schiffbruch sein Leben. Die Große Göttin möge ihm ewige Ruhe schenken.«
    Sein Lachen verstummte. Er runzelte die Stirn und musterte mich. Ob er die Wahrheit ahnte? Seine Augen schimmerten plötzlich weich. Mir war, als ob er einen Seufzer erstickte. Doch schon verwandelte sich sein Ausdruck. Der teilnahmsvolle Blick erlosch ebenso schnell, wie er gekommen war. Seine Augen zeigten wieder trockene Härte, während das übliche spöttische Lächeln um seine Mundwinkel zuckte.
    Â»Seid Ihr nicht auch der Meinung, Prinzessin, dass ein Edelmann von Yamatai auf den Unterricht eines Stallknechts verzichten kann?«
    Ich starrte ihn an. Seine Worte trafen mich wie Schläge. Ich glaubte, ihn zu hassen, ihn, den Menschen, der mir auf dieser Erde am nächsten stand! In ohnmächtiger Verzweiflung wehrte ich mich gegen die Macht des Schicksals, das uns zwang, uns zu kränken, zu verletzen und zu bekämpfen.
    Â»Herr«, erwiderte ich, so ruhig ich es vermochte. »Es ist mir nicht möglich, Eurer Bitte nachzukommen. Das Himmlische Pferd zu reiten, vermag nur ich allein.«
    Er lachte herausfordernd. Seine sehnige Hand packte die Zügel. Hi-Uma blähte die Nüstern, wich stampfend zurück. Seine Ohren richteten sich plötzlich wie Dolche auf. Doch der Mann schenkte der Drohung keine Beachtung. Er sagte so laut, dass alle es hören konnten:
    Â»Nun, wir werden ja sehen. Ich gehe das Wagnis ein.«
    Â»Herr«, rief ich erschrocken, »bleibt ihm vom Leib!«
    Doch er wischte meine Warnungen zur Seite: »Gestattet, Prinzessin, dass ich vor dieser erlauchten Gesellschaft den Grasfresser reite!«
    Sein Ton war höflich, wie es sich gehörte, duldete jedoch keinen Widerspruch. Es war seine Ehre, die jetzt auf dem Spiel stand, ich hatte es plötzlich begriffen. Unter hundert starrenden Blicken glitt ich mit zitternden Knien zu Boden. Hi-Uma stampfte, schüttelte störrisch den Hals. Seine verdrehten Augen gaben das von einem rötlichen Adernetz durchzogene Weiß des Augapfels frei. Der , dessen Name verflucht ist, spürte die Erregung des Hengstes. Mit einer Hand umfasste er dessen Unterkiefer, während er ihn gleichzeitig mit der anderen oberhalb der Nüstern packte. Das Pferd, wie in einem Schraubstock gefangen, hielt für

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