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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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werden, als du dir je hast träumen lassen. Wisse wohl, daß der Tod dich immer finden kann; Ungehorsam wird nicht geduldet. Die Gewalt erreicht dich mit der Geschwindigkeit eines Gedanken. Und deine Gedanken gehören nicht länger dir. Deine Seele und dein Geist gehören einer höheren Macht. Das Dienen war immer dein Ziel, und jetzt ist es deine Wirklichkeit. Vertraue darauf, daß dein Leben dich an diesen Ort in der Zeit geführt hat, weil es das ist, was du dir gewünscht hast, und jetzt verlangt es von dir nichts als Anerkennung und absolute Hingabe.«
    Frederick stieß das Messer zwischen Dantes Beinen in die Tischplatte und ritzte ihn dabei noch einmal, so daß das Blut stärker floß. »Sei einer von uns und lebe ewig.«
    Und ein gleißender Schmerz jagte durch seinen linken Arm. Dantes Blick richtete sich dorthin, halb blind von Tränen. Rauch kräuselte sich empor, wo das glühende Eisen sein Zeichen auf dem Bizeps hinterlassen hatte; als es sich löste, sah er das Brandmal: den brennenden Kreis, durchbrochen von drei gezackten Linien.
    Dante wurde ohnmächtig.

11
     
    Eine nachlässig hingepfefferte Ansammlung von Hütten und Schuppen rings um die Stollenmündung einer toten Silbermine bildete den Stadtbezirk von Skull Canyon, Arizona. Skull Canyon hatte es zu Blütezeiten auf dreihundertfünfzig Seelen gebracht, bevor die Ader ausgebeutet war und die Bahngesellschaft beschlossen hatte, nun doch keine Stichstrecke anzulegen. In diesen Tagen hatte die Stadt an ständigen Einwohnern genau zwei: verrückte Prospektoren, ein fünfundsechzig Jahre altes Zwillingspaar aus Philadelphia, die Barboglio Brothers, die noch immer jeden Tag im Schacht arbeiteten und von dem Staub lebten, den sie dort aus den Wänden kitzeln konnten. Die andern zehn waren nur vorübergehend hier, Arbeiter, die in zyklischen Abständen in die Stadt kamen; sie bewirtschafteten die Postkutschenstation und das Skull Canyon Hotel, eine Flohkiste und die einzige Herberge für Durchreisende.
    Mit der Ankunft des Tourneetheaters am Abend zuvor war die Bevölkerung auf einunddreißig angewachsen; das Hotel konnte aber nur fünfzehn Personen unterbringen, und so mußten die Bühnenarbeiter und die jungen Männer in ihren Planwagen schlafen. Eigentlich waren es zweiunddreißig, wenn man Frank McQuethy mitzählte, der kurz vor Morgengrauen eintraf und sich hoch oben in den Felsen einen Winkel suchte, von wo aus er den Canyon und das Hotel überblicken konnte. Er ließ sich dort nieder, als die Dunkelheit sich lichtete, nah genug, um durch das Zielfernrohr an seinem Büffelgewehr die Gesichter auf der Straße sehen zu können. Dann entsicherte er die Flinte und wartete darauf, daß der Chinamann sich zeigte.
    Fünf Planwagen parkten hinter dem Hotel; einer davon war ein Packwagen. Die Pferde standen im Stall auf der anderen Seite. Die Menschen begannen sich zu regen, als das erste Licht die Felsblöcke am Rand des Canyons streichelte;
    Arbeiter schütteten ihr Waschwasser aus, schleppten Holz hinein, machten Feuer in der Küche. Rauch quoll aus dem Kaminrohr. Buckskin Frank zog sich die Satteldecke fester um die Schultern und bemühte sich, sein Zähneklappern zu unterdrücken; er sehnte sich danach, dort unten vor dem Feuer zu sitzen und die Hände um eine heiße Tasse Kaffee zu schmiegen. Hunger hatte er auch; ein nagendes Gefühl plagte seinen Magen, als er den Phantomduft von gebratenem Speck im Wind witterte.
    Während seines Ritts war die Wüste bitterkalt geworden. Er konnte es nicht abschütteln, wie er es als Kind getan hatte; diese Art Kälte wohnte in den Knochen. Irgendwann in der Nacht, etwa auf halbem Weg von Wickenburg, hatte Frank entschieden, daß er zu alt war für diesen Scheißdreck. Vielleicht hätte er doch in Richtung Sonora reiten sollen. Die Verzweiflung war wie ein Sumpf; er konnte sie gar nicht mehr zählen, die vielen schönen klaren Morgenstunden seines Lebens, die er haargenau auf diese Weise verplempert hatte, hoch oben im Gelände, wo er darauf gewartet hatte, daß irgendein ahnungsloser Saftsack aus einem Haus oder einer Höhle oder einem Tipi kam, damit Frank ihm eine Kugel in den Wanst pusten konnte. Diese Sorte Warterei führte zu der gleichen morbiden Selbstbespiegelung, die er soeben fünf Jahre lang im Knast hatte genießen dürfen. No, Sir – dieses Herumhocken in trockenen Felsspalten war eine Arbeit, die ihm nicht mehr paßte; morgens früh um diese Zeit wollte er nichts weiter als eine feste Matratze und

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