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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Presto bestätigten, daß er große Ähnlichkeit mit dem Turm aus ihren Träumen hatte. Doyle holte Jacob Sterns Zeichnung hervor, und auch hier fanden sie manche exakte Ähnlichkeit.
    »Damit ist die Zeichnung erklärt«, sagte Doyle und sah Lionel Stern an. »Ihr Vater muß dieses Gebäude gesehen haben, als er beim Parlament der Religionen war.«
    Und dennoch – Jack, Presto und Mary Williams spürten, daß hier etwas nicht stimmte. Der Water Tower sah genauso aus, und dann wieder doch nicht; er erschien wie ein Modell oder ein Muster für den Turm aus dem Traum, der dunkler war, bedrohlicher, abweisender. Und das Zentrum von Chicago war nicht mit einer Wüste zu verwechseln. Ihre Entdeckung hatte weniger erbracht, als sie anscheinend verheißen hatte; sie vergrößerte das Geheimnis und dämpfte ihren Mut.
    Was sollte man von der Übereinstimmung ihrer Träume halten? fragte sich Doyle. Er hatte einmal einen Fall untersucht, in dem drei Medien in ganz verschiedenen Teilen der Welt gleichzeitig verschiedene Teile derselben Geistbotschaft empfangen hatten, aber alle drei hatten ihre Informationen im Trance-Zustand erhalten, nicht im Schlaf, und es war dabei nur um eine einfache schriftliche Nachricht gegangen, nicht um komplizierte Bildwerke, die durch eine obskure, aber anscheinend identische Erzählung miteinander verwoben waren.
    Nach dem, was sie erfahren hatten, konnte man vermuten, daß Jacob Stern an dem gemeinsamen Traum ebenfalls beteiligt war. Warum waren diese vier ausgewählt worden, um diese spezielle Botschaft zu empfangen? Daß Mary Williams eine solche Gabe besaß, war glaubhaft. Jack hatte nie mediale Fähigkeiten gezeigt, wenngleich sein Bruder okkulte Kräfte besessen hatte; der Umgang mit Rauschgift hätte sie indessen wohl auch bei Jack hervorrufen können. Aber Presto entsprach in keiner Weise dem Profil des klassischen Mediums; er war Rechtsanwalt, um Himmels willen: Konnte man noch fester auf dem Boden der Tatsachen stehen?
    Und die zweite Gemeinsamkeit: Jeder der Männer stand in irgendeiner Beziehung zu einem heiligen Buch, das in seiner Religion oder Kultur von zentraler Bedeutung war. Mary Williams hatte nichts mit einem solchen Buch zu tun, aber sie kam auch aus einem Volk, das keine Schriftsprache besaß.
    Nichts davon gab Antwort auf die entscheidenden Fragen: Was war Sinn und Zweck des Traums? Was hatte er mit den verschwundenen Büchern zu tun?
    Der Traum ist mir vielleicht nicht gegeben, dachte Doyle, aber soviel kann ich doch tun: Ich muß die Antwort auf diese Fragen finden, damit sie vollbringen können, was immer dieser Traum von ihnen verlangt …
    Doyle wandte sich zu Sparks um, der ein wenig abseits stand und stumm zum Turm hinaufstarrte.
    Und wenn ich keinen Weg finde, Jack zu sich selbst zurückzubringen, erkannte er, dann werden sie es niemals schaffen.
    Einige Straßen weit westlich des Water Tower, wo Doyle und die anderen noch immer standen und die rätselhafte Fassade betrachteten, geleitete Frederick Schwarzkirk soeben Dante Scruggs in sein Büro im vierten Stockwerk. Die Druckschrift auf der Tür bestand nur aus seinem Namen und einem einzigen Wort: Sammler. Das Gebäude gehörte zu den neueren Bürohäusern in der Gegend, und Frederick war einer der wenigen Mieter auf dieser Etage; zu dieser späten Stunde war sonst nirgends ein Lebenszeichen zu entdecken.
    Im Innern der matt erleuchteten Räume herrschte ein wirbelndes Treiben. Ein halbes Dutzend Männer waren damit beschäftigt, Bücher und Papiere in Kisten zu verpacken und in den Flur hinauszufahren. Die Männer waren in Schwarz gekleidet und trugen Handschuhe. Das vordere Zimmer war ganz ausgeräumt; nur in der Mitte stand noch ein wuchtiger Eichenholzschreibtisch mit einem Telegrafenapparat, aus dem sich ein Papierstreifen mit den Punkten und Strichen einer eingegangenen Nachricht schlängelte.
    »Ich komme soeben von einer Geschäftsreise nach Übersee zurück«, sagte Frederick. »Und wie Sie sehen, Mr. Scruggs, bin ich dabei, mein Unternehmen zu verlegen.«
    Dante nickte; er lächelte und schwieg. Auf der Kutschfahrt hierher war er zu dem Schluß gekommen, je weniger Fragen er an Frederick richtete, desto besser. Der Mann verströmte eine Aura von Selbstbewußtsein und Macht, daß Dante sich daneben dumm wie Stroh, gleichzeitig aber auf das liebevollste versorgt fühlte, etwa wie ein Schoßhund. Und die Stimmen sagten ihm immer wieder, er solle unbesorgt sein; er könne entspannt darauf vertrauen, daß

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