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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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erste wartende Droschke; Presto und Innes folgten ihm. »Nehmen Sie das Buch mit auf Ihr Zimmer und öffnen Sie niemandem die Tür, bis wir wieder da sind.«
    Jack erwacht zum Leben, wenn es zu handeln gilt, dachte Doyle. Die übrige Zeit ist er abwesend wie eine Wachsfigur. Doyle sah Mary Williams an, als sie neben ihm in die zweite Kutsche stieg, und in seinem Kopf nahm eine Idee Gestalt an.
    Ein einsames Licht brannte in einem Fenster im Stockwerk über dem Eingang zur B’nai Abraham-Synagoge.
    »Dort liegt Brachmans Wohnung«, sagte Jack. »Das benachbarte Fenster gehört zu seiner Bibliothek, wo das Tikkunei Sohar gestohlen wurde.«
    »Bedeutsam aussehende Sache«, bemerkte Innes, der die griechisch-klassizistische Fassade des Gebäudes betrachtete.
    »Die Diebe haben einen Hintereingang benutzt«, sagte Presto.
    »Und dort werden sie es noch einmal versuchen«, meinte Jack.
    Die drei Männer bezogen im Schattendunkel auf der anderen Straßenseite ihren Posten. Sie waren an ihrem Hotel vorbeigefahren, und Jack war hineingelaufen, um den Koffer zu holen, den Edison ihm nach ihrem Besuch in seiner Werkstatt gegeben hatte.
    »Da bewegt sich jemand«, sagte Innes und deutete zu dem erleuchteten Fenster hinauf.
    Eine Gestalt erschien zwischen Lampe und Rouleau; sie war schwer zu erkennen, sah aber nicht aus wie die Silhouette eines gebrechlichen, fünf und siebzig Jahre alten orthodoxen Rabbi. Eine große Gestalt, breitschultrig.
    Mit einem großen aufgeschlagenen Buch in den Händen.
    Jack schloß den Koffer auf. Er verdeckte den Inhalt vor den neugierigen Blicken der anderen und nahm etwas Schweres, Längliches heraus, das aussah wie ein Fernglas. Ein runder Stahlrahmen saß an den Okularen, ein Gestell, mit dessen Hilfe man das Glas wie einen Helm auf den Kopf setzen konnte. Jack tat genau dieses, was zur Folge hatte, daß er nun aussah wie ein riesiger Käfer.
    Jack beobachtete die Fenster des Tempels, ohne ein Wort zu sagen. Innes und Presto wechselten hinter seinem Rücken einen unsicheren Blick.
    »Äh … sehen Sie was?« fragte Innes.
    »Ja«, sagte Jack und drehte den Kopf hin und her.
    »Irgend etwas … Besonderes?« fragte Presto.
    Jack hielt inne. »Rasch«, sagte er dann. Er nahm das Fernglas ab, legte es wieder in den Koffer und klappte ihn zu. Innes war unendlich frustriert.
    »Mir nach«, sagte Jack.
    Sie rannten über die Straße und um die Synagoge herum zur Hintertür, wo Jack ein Werkzeugetui aus einer Westentasche zog. Dann öffnete er wieder seinen Koffer und nahm ein viereckiges Gebilde von der Größe einer Schuhschachtel heraus, an dessen Vorderseite eine runde, silberne Kuppel mit einer Glasbirne im Zentrum angebracht war. Mittels schwenkbarer Klappen rings um die Kuppel ließ sich die Öffnung vor der Birne vergrößern oder verkleinern. Jack drückte Presto das Ding in die Hand und reichte Innes den Koffer.
    »Richten Sie die Öffnung auf das Türschloß und halten Sie still«, sagte er zu Presto.
    Presto tat, wie geheißen. Jack verkleinerte die Öffnung und betätigte dann einen kleinen Schalter an der Seite des Kastens. Ein leises Summen ertönte, und einige Augenblicke später drang ein dünner, zittriger Strahl von weißem elektrischem Licht aus der Öffnung und erleuchtete die Umgebung des Schlüssellochs.
    »Gütiger Gott«, wisperte Innes, »was ist denn das?«
    »Wie sieht es denn aus?« sagte Jack, während er vor dem Schloß niederkniete und sich mit seinen Dietrichen an die Arbeit machte.
    »Batteriegespeist?« fragte Presto.
    »Eine Laterne«, sagte Innes.
    »Zweimal richtig«, sagte Jack. Mit leisem Klicken öffnete sich das Schloß; Jack drehte den Türknauf und drückte die Tür langsam ins Dunkel. Die Angeln knarrten. »Knipsen Sie das Licht aus.«
    Presto schaltete das Gerät ab. Jack holte seine Augengläser wieder hervor, setzte sie auf und spähte damit durch die Tür.
    »Sie meinen nicht, daß wir einfach hätten läuten sollen?« flüsterte Innes.
    Jack legte einen Finger an die Lippen und bat um Ruhe; behutsam schlichen sie sich hinein; Innes und Presto tasteten sich voran, und jeder hatte seinem Vordermann eine Hand auf die Schulter gelegt. Jack führte sie durch den ersten Raum – eine Küche – und blieb in einem Türbogen stehen.
    Innes und Presto wollten warten, bis ihre Augen sich an die Umgebung gewöhnt hatten, aber die Finsternis blieb so undurchdringlich wie die lastende Stille ringsumher.
    Jack nahm Presto den Kasten ab und schaltete ihn kurz ein und

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