Im Zeichen der Wikinger
werden sämtliche Unterlagen und Notizen vernichtet.«
Strengste Geheimhaltung war das A und O bei dieser Sitzung, bei der es um die künftige strategische Planung des Cerberus-Imperiums ging. Die Männer und Frauen, die am Tisch saßen, leiteten die größten Erdölunternehmen der nördlichen Hemisphäre, und sie hatten sich hier versammelt, um ihr gemeinsames Vorgehen für die kommenden Monate abzusprechen. Nach Meinung der Börsianer, der Beamten im Wirtschaftsministerium und der Reporter des
Wall Street Journal
war jeder dieser Ölgiganten darauf bedacht, die Geschicke seiner Firma selbst zu lenken, Herr im eigenen Haus zu bleiben. Nur die hier Anwesenden wussten, dass sie hinter den Kulissen längst mit Curtis Merlin Zale und der Cerberus Corporation verbündet waren, dass ein Marktmonopol entstanden war, wie es noch nie eines gegeben hatte, und bei dem nichts dem Zufall überlassen wurde.
Die Ölbosse hatten auf Grund ihrer heimlichen Verbindung mit Cerberus Milliardengewinne gemacht, aber keiner von ihnen wollte wegen illegaler Geschäftspraktiken hinter Gitter gehen. Alle waren sich darüber im Klaren, dass sie gegen das Kartellrecht verstießen, dass man ihnen nach einer eingehenden Untersuchung von Seiten des Justizministeriums vorwerfen könnte, sie hätten eine Markt beherrschende Stellung angestrebt, wie es sie seit Rockefeller und seiner Standard Oil nicht mehr gegeben hatte. Doch sie hatten die entsprechenden Vorkehrungen getroffen, damit eine derartige Untersuchung gar nicht erst eingeleitet wurde. Gefahr drohte ihnen nur aus den eigenen Reihen – falls einer absprang und die Justizbehörden über die kriminellen Machenschaften des Kartells aufklärte. Andererseits aber wusste jeder, dass auf Verrat der Tod stand, dass der Verräter und seine sämtlichen Angehörigen binnen kurzer Zeit spurlos verschwinden oder bei Unfällen ums Leben kommen würden. Dass es kein Entrinnen gab.
Und außerdem lockte trotz aller Risiken ein geradezu kosmischer Gewinn. Diese Leute konnten sich ohne weiteres vorstellen, dass sie auf Grund ihrer Absprachen letztlich hunderte von Milliarden, wenn nicht Billionen Dollar verdienen konnten.
Doch es ging ihnen nicht nur ums Geld, sondern auch um Macht, und die ließ sich ihrer Meinung nach nur daran ermessen, inwieweit man Einfluss auf die Regierung der Vereinigten Staaten nehmen konnte, auf den Senat und den Beamtenapparat.
»Sie kennen ja alle die Prognosen«, sagte Zale zum Auftakt der Besprechung. »Wobei ich hinzufügen möchte, dass es sich keineswegs um beschönigte Zahlen handelt. Zwischen 1975 und 2000 nahm die Weltbevölkerung um fünfzig Prozent zu.
Dementsprechend stieg der Bedarf an Rohöl. Etwa um das Jahr 2010 wird der Höhepunkt der Ölförderung erreicht sein. Bis dahin sind es nur mehr sieben Jahre. Danach geht es stetig bergab, sodass um 2050 nur noch ein Bruchteil der heutigen Fördermengen zur Verfügung steht.«
Rick Sherman, der sechsundvierzig Jahre alte Chef der Zenna Oil, der aussah wie der Mathematiklehrer einer Mittelschule, aber eine der größten Ölfirmen des Landes leitete, musterte Zale durch die dicken Gläser seiner randlosen Brille. »Die Statistiken hinken hinterher. Das Öl wird schon jetzt immer knapper. Der Bedarf übersteigt die weltweite Fördermenge, und mit der wird es steil bergab gehen.«
»Wenn die Aussichten bezüglich der Förderung düster sind, sehe ich für die Weltwirtschaft sehr schwarz«, sagte Jesus Morales, Chef der CalTex Oil Company. »Der daraus resultierende Schock wird lähmend und von Dauer sein. Die Preise werden in ungeahnte Höhen schießen, es wird zu einer Hyperinflation kommen, vielleicht sogar zu Rationierungsmaßnahmen. Mich schaudert beim bloßen Gedanken daran, wie sich künftig die Transportkosten entwickeln werden.«
»Ganz meine Meinung.« Sally Morse putzte die Gläser ihrer Lesebrille und las Zales Bericht. Die Chefin von Yukon Oil, Kanadas größtem Ölproduzenten, hatte sich vor fünf Jahren widerwillig und als letztes Mitglied dem geheimen Kartell angeschlossen, doch jetzt kamen ihr allmählich Bedenken.
»Große Vorkommen wird man künftig nicht mehr finden. Seit 1980 ist man trotz gegenteiliger Voraussagen von Seiten der Geologen auf keine neuen Felder mehr gestoßen, die mehr als zehn Millionen Barrel abwerfen. Die eintausenddreihundertundelf großen Ölfelder, von denen wir wissen, enthalten vierundneunzig Prozent aller bekannten Ölvorkommen der Welt.
Wenn diese Felder erschöpft
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