Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
etwas wie ein Pekinger Telefonbuch gab – oder ob die Familie Yang ein Telefon hatte. Außerdem konnte kein Mitglied des Teams die chinesische Schrift lesen. All das türmte sich zu einem unüberwindlichen Hindernis auf.
    »Wir sind gleich da«, kündigte der Kameramann an. »Muss nur noch einmal links abbiegen … hier …«
    Das Erste, was sie sahen, war eine Unmenge von khakifarbenen Uniformen: Polizisten, die wie Soldaten in Reih und Glied standen und das Haus abriegelten. Das CNN-Team hielt an und sprang aus dem Van, worauf sie sofort angestarrt wurden, als entstiegen sie einem UFO. Pete Nichols hatte seine Kamera bereits auf der Schulter, nicht unbedingt zur Freude der Polizisten, die alle ausführlich über dieses Fernsehteam aufgeklärt worden waren und auch darüber, welchen Schaden es der Volksrepublik zugefügt hatte. Deshalb bedachten sie die Neuankömmlinge mit giftigen Blicken – was Wise sehr entgegenkam.
    Der schwarze Fernsehkorrespondent ging schnurstracks auf den Polizisten mit den meisten Rangabzeichen an der Uniform zu.
    »Guten Tag«, sagte er freundlich.
    Der Polizist nickte nur. Sein Gesichtsausdruck war vollkommen neutral, als ob er um bescheidene Einsätze Karten spielte.
    »Könnten Sie uns vielleicht helfen?«, fragte Wise.
    »Bei was?«, wollte der Polizist in gebrochenem Englisch wissen, gleich darauf wütend, erkennen gegeben zu haben, dass er die Sprache verstand. Es war immer besser, sich dumm zu stellen, wurde ihm ein paar Sekunden zu spät bewusst.
    »Wir suchen Frau Yu, die Frau von Reverend Yu, der hier gelebt hat.«
    »Nicht hier«, antwortete der Polizist und winkte ab. »Nicht hier.«
    »Dann warten wir eben«, sagte Wise.
     
    »Herr Minister«, sagte Cliff Rutledge zur Begrüßung.
    Shen hatte sich verspätet, was die amerikanische Delegation überraschte. Es konnte bedeuten, dass er seinen Gästen eine Botschaft übermitteln wollte, etwa des Inhalts, dass sie, im großen Gesamtzusammenhang betrachtet, nicht unbedingt wahnsinnig wichtig waren. Oder er war durch neue Anweisungen aus dem Politbüro aufgehalten worden. Oder vielleicht war auch nur sein Auto heute Morgen nicht angesprungen. Rutledge tendierte zu Möglichkeit zwei. Es war anzunehmen, dass sich das Politbüro indirekt in die Gespräche einschalten wollte. Shen Tang hatte vermutlich eine ausgleichende Position eingenommen und seinen Kollegen erklärt, dass der amerikanische Standpunkt, obgleich ungerechtfertigt, in diesen Gesprächen schwer zu erschüttern sei, weshalb es langfristig der klügste Schachzug sei, den Amerikanern zunächst entgegenzukommen und die Einbußen beim nächsten Schlagabtausch im kommenden Jahr wieder wettzumachen. Schließlich habe das Bedürfnis der Amerikaner nach Fairplay, so dürfte er ihnen erklärt haben, sie schon mehr Verhandlungen gekostet als irgendein anderer Faktor der Geschichte.
    Zumindest hätte sich Rutledge an Shens Stelle so verhalten, und er wusste, dass der chinesische Außenminister nicht auf den Kopf gefallen war. Im Gegenteil, er war ein geschickter und kompetenter Diplomat, der die tatsächliche Lage sehr schnell richtig einzuschätzen verstand. Er musste schließlich wissen, dass die amerikanische Position von der öffentlichen Meinung im Land erzwungen wurde, und dass diese öffentliche Meinung gegen die Interessen der Volksrepublik war, weil die Volksrepublik vor den Augen der Weltöffentlichkeit einen kapitalen Fehler gemacht hatte. Wenn es Shen also gelungen war, die übrigen Mitglieder des Politbüros von seinem Standpunkt zu überzeugen, würde er gleich mit einem kleinen Zugeständnis beginnen, das zu erkennen gab, welchen Verlauf der Verhandlungstag nehmen würde, und welches Rutledge erlaubte, ihn bis zur Beendigung der Nachmittagssitzung ein paar Schritte zurückzudrängen. Darauf hoffte Rutledge, weil es seine Delegation dem anvisierten Ziel näher bringen würde und ihn darüber hinaus in Foggy Bottom ziemlich gut dastehen ließe. Deshalb nahm er einen letzten Schluck von seinem Begrüßungstee und bedeutete Shen, nachdem dieser es sich auf seinem Stuhl bequem gemacht hatte, mit der morgendlichen Verhandlungsrunde zu beginnen.
    »Es fällt uns schwer, Amerikas Standpunkt in diesem und in anderen Punkten zu verstehen …«
    Hoppla.
    »Amerika hat sich dazu entschieden, unsere Souveränität in vieler Hinsicht zu verletzen. Da wäre zuerst die Taiwan-Frage …«
    Rutledge lauschte in den Kopfhörer, der ihm die Simultanübersetzung übermittelte. Shen

Weitere Kostenlose Bücher