Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
für seinen Rücken. Wie dem auch sei – er folgte einem UAZ-469, der wie die russische Version eines amerikanischen Geländewagens aussah und dessen Fahrer den Weg in- und auswendig kannte. Der Kiowa Warrior Kampfhubschrauber, den Giusti auf dem Bahnhof gesehen hatte, befand sich in der Luft, erkundete die Gegend und meldete, dass sie hauptsächlich leere Straßen vor sich hatten, da der Zivilverkehr von russischen Militärpolizisten umgeleitet wurde. Direkt hinter Giustis Kommandofahrzeug rollte ein Bradley, den der rot-weiße Wimpel des 1 st Regiment der 4 th Cavalry zierte. Innerhalb der amerikanischen Waffengattungen konnte dieses Regiment auf eine lange und ruhmreiche Geschichte zurückblicken. Am 30. Juli 1857 war es zum ersten Mal in die Schlacht gezogen (damals natürlich noch mit Pferden), gegen die Cheyenne am Solomon-Fluss. Dieser Feldzug in Sibirien würde der Regimentsstandarte nun ein weiteres Gefechtsband einbringen … und Giusti hoffte, dass er lange genug lebte, um dieses Band selber anzuheften. Die ihn umgebende Landschaft – Gebirgsausläufer mit vielen Kiefern – erinnerte ihn an Montana. Die Sicht war weit, genau wie es ein motorisierter Soldat liebte, denn so konnte der Feind schon auf große Entfernung angegriffen werden. Besonders amerikanische Soldaten zogen diese Ausgangslage vor, weil sie über Waffen verfügten, die eine größere Reichweite hatten als diejenigen der meisten anderen Armeen.
»DARKHORSE SIX. Hier spricht SABRE SIX, Over«, tönte es rauschend aus dem Funkgerät.
»SABRE SIX«, antwortete LTC Giusti.
»SABRE, ich überfliege gerade Checkpoint Denver. Die Bahn ist immer noch frei. Verkehr negativ, Feindsichtung negativ, Over. Gehe auf Kurs Ost, Richtung Checkpoint Wichita.«
»Roger, danke, Over.« Giusti warf einen Blick auf seine Karte, um die exakte Position des Hubschraubers zu ermitteln.
Also befand sich 30 Kilometer voraus immer noch nichts, worüber er sich Sorgen machen müsste – zumindest laut dem Captain, der seinen führenden Hubschrauber flog. Wo wird es losgehen? , fragte sich Giusti. Alles in allem hätte er es vorgezogen, anzuhalten und an der vom Divisionskommandeur einberufenen Konferenz teilzunehmen, um herauszufinden, was zum Teufel hier eigentlich passierte, aber als Kommandeur einer Panzeraufklärungseinheit war es seine Aufgabe, vorzurücken, den Feind aufzuspüren und dann dem Divisionskommandeur, IRON SIX, Bericht zu erstatten. Eigentlich hatte er noch gar keinen richtigen Auftrag, außer den, zum russischen Treibstoffdepot zu fahren, seine Fahrzeuge aufzutanken, einen Sicherheitstrupp abzustellen und seinen Vormarsch fortzusetzen, sobald die Vorhut der schweren Einheiten der First Armored dort eingetroffen war. Seine Truppe sollte also praktisch die Rolle des Schinken im Sandwich übernehmen, wie es einer seiner Kommandeure der Panzeraufklärer-Kompanie scherzhaft nannte. Aber dieser Schinken konnte zurückbeißen. Drei Panzerkompanien standen unter seinem Befehl, jede mit neun Kampfpanzern vom Typ Abrams M1A2, dreizehn gepanzerten Kettenfahrzeugen vom Typ Bradley M3A2 und einem Kettenfahrzeug, mit dem die Feuerunterstützungstrupps vorrücken sollten, die als FIST bezeichnet wurden. Giusti hoffte, dass irgendwo hinter ihm bald der Zug mit der Artillerie der First Armored eintraf. Seine wertvollsten Aktivposten waren die Panzerkompanien ›D‹ und ›E‹, die mit je acht Hubschraubern vom Typ Kiowa Warrior OH-58D ausgerüstet waren. Diese konnten sowohl Aufklärungsflüge durchführen als auch Hellfire- und Stinger-Lenkwaffen abfeuern. Kurz gesagt: Sein Bataillon konnte auf sich selbst aufpassen – innerhalb überschaubarer Grenzen.
Mit jedem Kilometer, den sie dem Feind näher rückten, würden seine Männer vorsichtiger und aufmerksamer werden, denn sie waren zwar ausgezeichnete Soldaten, aber weder unsichtbar noch unsterblich. Amerika hatte bisher nur ein Mal gegen China gekämpft, vor beinah 60 Jahren in Korea, und diese Erfahrung war für beide Seiten negativ gewesen. Der erste große Angriff der Chinesen kam unerwartet und hatte die Amerikaner zu einem schmachvollen Rückzug hinter den Fluss Jalu gezwungen. Doch nachdem die amerikanischen Truppen sich wieder gesammelt hatten, forderte der Kampf eine Million Tote auf Seiten der Chinesen. Feuerkraft war immer schon die Antwort auf zahlenmäßige Übermacht. Eines hatte Amerika aus seinem eigenen Bürgerkrieg gelernt: Es war besser, Material zu verbrauchen, als Menschenleben
Weitere Kostenlose Bücher