Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
der Spitze?«
»Unser Spähtrupp meldet, dass er Fahrzeugspuren gefunden hat, aber der Feind wurde nicht gesichtet, Genosse General. Die Männer sind nicht beschossen worden und haben nur Zivilisten ausgemacht.«
»Schnell«, drängte Alexandrow.
Es war ihm ein Rätsel, wie der Fahrer und sein Gehilfe den ZIL-157 an diesen Ort hatten bringen können, aber die Erklärung interessierte ihn nicht sonderlich. Hauptsache, der Tankwagen war hier. Da Feldwebel Gretschkos BRM gerade die Führung gehabt hatte, hatte er auch sofort aufgetankt und dann über Funk den Rest der Kompanie gerufen, die daraufhin zum ersten Mal den Sichtkontakt mit den vorrückenden Chinesen abbrach und nach Norden raste. Es war gefährlich und gegen die Vorschriften, die Chinesen unbeobachtet zu lassen, aber Alexandrow konnte seinen Männern nicht garantieren, dass sich ihnen allen bald wieder eine Tankmöglichkeit bieten würde. Dann fiel Feldwebel Buikow eine Frage ein.
»Wann tanken die denn, Genosse Hauptmann? Bis jetzt haben wir noch nichts dergleichen gesehen, nicht wahr?«
Diese Bemerkung veranlasste den Hauptmann, innezuhalten und nachzudenken. »Nein, tatsächlich nicht. Ihre Tanks müssen genauso leer sein wie unsere.«
»Sie hatten Tonnen mit zusätzlichem Sprit, erinnern Sie sich? Aber die haben sie gestern irgendwann abgeworfen.«
»Ja, also reicht es bei ihnen vielleicht noch für einen Tag, oder einen halben, aber dann müssen sie tanken – bloß: wo und wie?«, fragte sich der Offizier. Er blickte sich um. Die mobile Pumpe beförderte ungefähr 40 Liter Treibstoff pro Minute in die Tanks seiner Fahrzeuge. Gretschko war mit seinem BRM schon unterwegs nach Süden, um wieder in Sichtkontakt mit den Chinesen zu kommen. Momentan rückten sie nicht weiter vor und befanden sich wahrscheinlich eine halbe Stunde von diesem Ort entfernt. Falls sie an ihrem Drill festhielten. Und von dem waren sie bisher nicht ein einziges Mal abgewichen. Dabei war früher immer behauptet worden, nur die Rote Armee sei unflexibel …
»Fertig«, sagte Alexandrows Fahrer. Er reichte dem Gehilfen den Schlauch an und schraubte den Tankdeckel auf.
»Sie fahren jetzt nach Osten«, befahl der Hauptmann dem Fahrer des Tankwagens.
»Wohin denn?«, fragte der Mann. »Da gibt es doch nichts.«
Alexandrow überlegte. Hier hatte einmal ein Sägewerk gestanden; man konnte die breiten Schneisen mit jungem Baumbestand erkennen, die entstanden waren, weil vor langer Zeit Bäume für Bauholz gefällt worden waren. Das hier war seit über einem Tag das erste halbwegs offene Gelände, das er zu Gesicht bekam.
»Ich bin von Westen hierher gefahren. Jetzt ist der Wagen leichter und ich kann ohne Probleme denselben Weg zurück nehmen. Bis zur alten Holzfällerstraße sind es nur sechs Kilometer.«
»Na schön, aber beeilen Sie sich, Hauptgefreiter. Wenn unsere Gäste Sie entdecken, jagen sie Sie in die Luft.«
»Dann leben Sie wohl, Genosse Hauptmann.« Der Hauptgefreite stieg wieder in seinen Wagen, ließ den Motor an und drehte eine große Wendeschleife.
»Hoffentlich bekommt er heute Abend einen anständigen Schluck. Den hat er sich verdient«, warf Buikow ein. Ein Soldat lebte schließlich nicht vom Krieg allein.
»Gretschko, wo befinden Sie sich?«, fragte Alexandrow über Funk.
»Vier Kilometer südlich von Ihnen. Sie rücken immer noch nicht weiter vor, Genosse Hauptmann. Ihr Offizier scheint gerade am Funkgerät zu hängen.«
»Alles klar. Sie wissen ja, was Sie zu tun haben, sobald unsere Gäste weiterfahren.« Der Hauptmann legte das Funkmikrofon weg und lehnte sich gegen sein Fahrzeug. Diese Angelegenheit schmeckte langsam alt und abgestanden. Buikow zündete sich eine Zigarette an und reckte sich.
»Warum können wir denn nicht wenigstens ein paar von ihnen erschießen, Genosse Hauptmann? Dann könnten wir mal wieder eine Nacht durchschlafen. Wäre es das nicht wert?«
»Wie oft soll ich Ihnen denn noch sagen, was Ihre verdammte Aufgabe ist, Feldwebel!« Alexandrow schrie es beinah.
»’Tschuldigung, Genosse Hauptmann«, erwiderte Buikow sanft.
56
VORMARSCH IN DIE GEFAHR
Lieutenant Colonel Giusti stieg in sein persönliches Radfahrzeug HMMWV, die moderne Inkarnation des altehrwürdigen Jeep. Ein Bradley wäre komfortabler gewesen, sogar vernünftiger, aber zu theatralisch , dachte er, und so bald werden wir wohl nicht mit dem Feind in Berührung kommen . Außerdem war der rechte Vordersitz dieses Fahrzeugs nach der endlosen Zugfahrt besser
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