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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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oder im alten Hauptquartier nahe dem Potomac abrufbar. Die meisten Daten in den Containern der sieben Zwerge blieben auf ewig unangetastet, waren nur noch Fußnoten von Fußnoten und für niemanden mehr von Interesse.
     
    »Und?«, fragte Zhang Han San.
    »Unsere russischen Nachbarn haben ein unverschämtes Glück«, antwortete Fang Gan und reichte dem Minister ohne Geschäftsbereich die Akte. Zhang war sieben Jahre älter als Fang, woraus sich aber keine Rangunterschiede ergaben. »Was wir mit so reichen Geschenken nicht alles anfangen könnten!«
    »Allerdings.« Dass Rohöl und Gold für jedes Land ein Gewinn wären, blieb als Selbstverständlichkeit unerwähnt.
    »Ich hatte schon entsprechende Pläne parat.«
    »Meisterhafte Pläne, in der Tat«, antwortete Fang, zog eine Packung Zigaretten aus der Tasche und bat den Freund, der vor fünf Jahren zu rauchen aufgehört hatte, wortlos um Erlaubnis. Der gab ihm mit einer wegwerfenden Handbewegung zu verstehen, dass er nichts dagegen hatte, worauf Fang einen Stängel aus der Packung zupfte und ansteckte. »Aber wir haben leider Pech gehabt.«
    »Erst lassen uns die Japaner hängen und dann auch noch dieser frömmelnde Narr aus Teheran«, maulte Zhang. »Hätte sich auch nur einer unserer vermeintlichen Verbündeten an die Absprachen gehalten, wären wir jetzt um sehr viel Gold und Öl reicher …«
    »Wirklich schade. Aber ich fürchte, das Ausland hätte uns diesen plötzlichen Reichtum ohnehin nicht gegönnt«, sagte Fang, nachdem er einen Schwall Rauch ausgeblasen hatte.
    Jetzt winkte Zhang mit der Hand ab. »Du glaubst doch nicht etwa, dass die Kapitalisten irgendwelchen Prinzipien gehorchen? Sie sind auf Rohöl und Gold angewiesen und kaufen es bei dem Anbieter, der es ihnen am billigsten lässt, egal, ob er ihnen sympathisch ist oder nicht. Sie kaufen. Die Amis kaufen sogar Öl von Mexiko, anstatt es sich einfach zu nehmen. Diese Feiglinge! Dass die Japaner auf Prinzipien pfeifen, haben wir erst kürzlich wieder einmal bitter erfahren müssen. Die würden auch Öl von einem Multi kaufen, der die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Bomben gebaut hat. So etwas heißt in deren Sprache ›realistisch‹«, empörte sich Zhang. Kein Geringerer als Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, hatte vorausgesagt, dass sich die Kapitalisten darum reißen würden, der Sowjetunion das Seil zu verkaufen, an dem diese sie später aufknüpfen würde. Allerdings war Lenin nicht davon ausgegangen, dass der Marxismus scheitern könnte. So hatte auch Mao nicht bedacht, dass sich seine große politisch-ökonomische Vision womöglich nicht verwirklichen lassen würde. Er hatte nur den sprichwörtlich ›großen Sprung nach vorn‹ gesehen, der einfache Bauern unter anderem dazu ermutigt hatte, in ihren Hinterhöfen Eisen zu verhütten. Dass die zurückbleibende Schlacke zu nichts mehr zu gebrauchen war, war tunlichst verschwiegen worden.
    »Tja, das Glück war uns wirklich nicht hold, und so müssen wir ohne Öl und Gold auskommen.«
    »Vorläufig«, murmelte Zhang.
    »Was?«, fragte Fang, der ihn nicht ganz verstanden hatte.
    Zhang blickte auf und schien von seinen eigenen Gedanken erschreckt worden zu sein. »Hmm? Ach, nichts, mein Freund«, sagte er und wandte sich endlich der Innenpolitik zu. Das Gespräch dauerte noch genau 75 Minuten. Danach ging Fang in sein Büro zurück. Auf dem Weg durchs Vorzimmer winkte er Ming zu und forderte sie zum Mitkommen auf.
    Die Sekretärin eilte ihm nach und schloss die Tür, bevor sie ihren Platz vor seinem Schreibtisch einnahm.
    »Neuer Eintrag«, diktierte Fang müde, denn er hatte schon einen langen Tag hinter sich. »Turnusmäßiger Austausch mit Zhang Han San. Wir sprachen über …« Er fasste das Gespräch zusammen, und Ming machte sich fleißig Notizen, die sie dann noch in das offizielle Tagebuch des Ministers zu übertragen haben würde. Chinesische Politiker waren allesamt eingefleischte Tagebuchverfasser, insbesondere die Mitglieder des Politbüros, die sich nicht nur dazu verpflichtet fühlten (Chronisten und Historikern zuliebe), sondern auch ein persönliches Interesse daran hatten, jede politische Äußerung, sämtliche Gespräche und die jeweiligen Standpunkte zu dokumentieren, weil sie sich auf den Fall darauf gefasst machen mussten, für Fehler anderer zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dass alle Sekretärinnen auf diese Weise Kenntnis auch von streng gehüteten Geheimnissen erhielten, wurde nicht als Problem gesehen,

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