Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
wäre noch einfacher. Das katholisch-irische Amerika hatte im FBI seit eh und je einen festen Verbündeten. Wenn die Kirche Informationen brauchte, wurde sie in der Regel schnell bedient, vorausgesetzt natürlich, diese Informationen waren mit der nationalen Sicherheit vereinbar.
In diesem Fall gab es keinerlei Bedenken. Die Oral Roberts University war eine sehr konservative Institution und sofort bereit, auf die Fragen des FBI zu antworten. Für die Sekretärin, die den Anruf des FBI-Mannes Jim Brennan aus Oklahoma City entgegennahm, war die Anfrage so selbstverständlich, dass sie Auskunft gab, ohne ihren Vorgesetzten um Erlaubnis gefragt zu haben. Yu Fa An hatte tatsächlich an dieser Universität studiert, sich zuerst zum Elektroingenieur ausbilden lassen und anschließend nach einem dreijährigen Studium im Fach Theologie promoviert. Beide Abschlüsse habe er mit Auszeichnung gemacht, klärte die Sekretärin Brennan auf und wusste auch die aktuelle Pekinger Adresse von Pastor Yu zu nennen. Brennan bedankte sich für die Auskunft, beantwortete die E-Mail-Anfrage aus New York und traf sich dann wie an jedem Morgen mit dem SAC, um mit ihm den Einsatzplan für diesen Tag zu besprechen.
In Jackson, Mississippi, lief die Sache etwas anders ab. Dort war es der SAC selbst – der Special Agent in Charge oder diensthabende Sonderermittler –, der sich bei Pastor Gerry Pattersons Baptistengemeinde erkundigte, die in einem vornehmen Vorort der Landeshauptstadt angesiedelt war. Diese Pfarrgemeinde gab es schon über 175 Jahre und sie zählte zu den reichsten in dieser Gegend. Pastor Patterson war, wie sich herausstellte, ein Mann von beeindruckender Statur. Er trug ein frisch gewaschenes weißes Hemd und eine blau gestreifte Krawatte. Das dunkle Jackett hing an einem Kleiderständer in der Ecke. Er begrüßte den FBI-Agenten sehr höflich, bat ihn, Platz zu nehmen, und erkundigte sich, womit er zu Diensten sein könne. Auf die erste Frage antwortete er: »Yu! Ja, das ist ein feiner Mann, ein guter Freund aus der Studienzeit. Wir nannten ihn Skip, denn Fa erinnerte uns zu sehr an The Sound of Music – Sie verstehen? Ein guter Mann, vorzüglicher Theologe. Dieser Jerry Falwell sollte sich von ihm einmal Nachhilfe in Glaubensfragen geben lassen. Ob ich mit ihm korrespondiere? Aber natürlich. Wir lassen ihm alljährlich ungefähr 25 000 Dollar zukommen. Wollen Sie mal ein Foto sehen? Es hängt in der Kirche und zeigt uns beide in jungen Jahren«, sagte Patterson lächelnd. »Skip hat enorm viel Mumm. In China die christliche Lehre zu verkünden ist bestimmt kein Zuckerlecken. Aber er beklagt sich nie. In seinen Briefen äußert er sich immer zuversichtlich. Es wäre gut, wenn wir in der Kirche sehr viel mehr Männer seines Schlages hätten.«
»Sie sind offenbar sehr beeindruckt von ihm«, stellte SAC Mike Leary fest.
»Er war ein guter Student und ist heute ein guter Pfarrer, der unter denkbar schlechten Bedingungen hervorragende Arbeit leistet. Ja, Mr. Leary, für mich ist Skip ein Held.« Solche Worte aus dem Munde eines so verdienten Kirchenmannes wie Patterson zu hören war wirklich überzeugend.
Der FBI-Agent stand auf. »Das war schon alles. Ich danke Ihnen.«
»Darf ich wissen, warum Sie sich über meinen Freund erkundigt haben?«
Leary hatte mit dieser Frage gerechnet und sich eine Antwort zurechtgelegt. »Reine Routineermittlungen. Ihr Freund hat nichts zu befürchten – jedenfalls nicht hier bei uns.«
»Gut zu hören«, sagte Pastor Patterson lächelnd und schüttelte dem Besucher die Hand. »Wir sind übrigens nicht die einzige Gemeinde, die sich um Skip kümmert.«
Leary merkte auf. »Wirklich?«
»Aber ja. Kennen Sie Hosiah Jackson?«
»Pfarrer Jackson, der Vater des Vizepräsidenten? Ich bin ihm noch nie begegnet, weiß aber natürlich, wer er ist.«
Patterson nickte. »Ja, Hosiah ist ein großartiger Mann.« Vor nur 40 Jahren hätte sich ein weißer Geistlicher gewiss nicht so positiv über einen schwarzen Amtsbruder geäußert, aber in Mississippi hatten sich die Zeiten geändert, in mancher Hinsicht sogar schneller als anderswo in Amerika. »Ich habe ihn vor einigen Jahren persönlich kennen gelernt, und wir kamen unter anderem auch auf Skip zu sprechen. Seine Gemeinde spendet ihm ebenfalls fünf- bis zehntausend Dollar pro Jahr, und er hat auch noch andere schwarze Gemeinden dazu bewegt, Hilfe zu leisten.«
Schwarze und weiße Kirchgänger in Mississippi unterstützen chinesischen Pastor
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