Im Zeichen des Highlanders
Tür öffnete, blieb Callum stehen und sah zu Sir Euan zurück. »Ich müsste bei ihm leben, oder?«
»Ja«, antwortete Sir Euan. »Das heißt aber nicht, dass du nicht gehen kannst, wohin du willst, wenn du es willst.«
»Ich denke auch darüber nach, später.« Callum sah zu Uven. »Komm jetzt mit. Vielleicht finde wir auch den Jungen mit der großen Nase.«
Sobald sich die Tür hinter Ian und den beiden Jungen geschlossen hatte, wandte sich Kirstie an Payton: »Du hast ihm ein Messer gegeben?«
Payton zuckte die Achseln. »Ich wusste nicht, dass er so viele hat.«
»Scheinbar bin ich die Einzige, die ihm keines geschenkt hat. Und – Junge mit der großen Nase? Er gibt Simon noch immer Namen?«
»Ach ja, er nennt ihn nicht mehr Verräter oder Feigling.« Fast hätte Payton lachen müssen, als sie aufstöhnte. »Lass es im Moment, wie es ist, Liebling. Simon und Callum sind in Größe und Stärke einander vollkommen ebenbürtig, Simon ist allerdings mindestens ein Jahr älter als Callum. Ich denke, sie prüfen einander, um festzustellen, wer der Anführer des Rudels ist.«
Kirstie verdrehte die Augen. Als sie Sir Euan ansah, wurde sie wieder ernst. »Ihr habt sicher gehofft, dass Callum direkt mit Euch mitkommt.«
»Ja, das hatte ich«, er lächelte schwach, »aber sein Zögern überrascht mich nicht. Anderen mag es nicht als richtige Familie erscheinen, aber für Callum ist das seine Familie – hier bei Euch und den anderen Kindern. Als mir Bryan erzählte, was der Junge durchgemacht hat, und selbst er wusste nicht alles, habe ich eingesehen, dass wir eventuell das eine oder andere Problem bekommen werden.«
»Es gibt zwei Sachen, die für Callum wichtig sind. Er muss sich sicher fühlen und er muss wissen, dass er sich angenommen fühlt, dass ihn das, was ihm widerfahren ist, nicht untragbar gemacht, ja sogar besudelt hat.«
»Er wird bald feststellen, dass keiner in der Familie, der etwas zu sagen hat, ihm die Schuld an dem gibt, was ihm widerfahren ist, so, wie die meisten vernünftigen Menschen keiner Frau die Schuld geben oder sich von ihr abwenden würden, die gegen ihren Willen schlimm missbraucht wurde. Genau genommen ist nicht das ausschlaggebend, was andere denken oder glauben, sondern, was Callum über sich denkt.«
Payton nickte. »Ganz genau. Wir haben daran gearbeitet. Er muss lernen, auf das, was er kann, stolz zu sein. Meiner Meinung nach wird es ihm helfen, wenn er merkt, dass die MacMillans anfangen, ihn für einen der ihren zu halten und ihn anzunehmen. Nicht nur durch das, was dieser Mistkerl ihm angetan hat, sondern auch durch das, was die Familie seiner Mutter, ja, was diese ganze Stadt ihm angetan hat, hat der Junge das Gefühl entwickelt, unerwünscht und unwürdig zu sein. Man kann es gelegentlich aus bestimmten Dingen, die er äußert, heraushören. Ich glaube, seine Mutter hat ihn innig geliebt, denn er scheint eine mütterliche Form von Zuneigung annehmen zu können.«
Sir Bryan nickte zuerst, dann seufzte er. »Es ist erstaunlich, dass er überhaupt Zuneigung akzeptiert. Ich dachte immer, ein sehr kleines Kind lebt unter dem Segen der Vergesslichkeit, doch leider erinnert sich Callum sehr deutlich daran, was geschehen ist, als seine Mutter starb, und das, obwohl er sehr klein war. Und wenn man hört, wie er gezwungen war, in so zartem Alter auf der Straße zu leben …« Sir Bryan schüttelte den Kopf. »Das Schwierigste daran war die Erkenntnis, dass ich kaum auf die Misere der Kleinen achte, die so zerlumpt und vernachlässigt wirken. Ich lebe hier, doch ich kann mich nicht erinnern, den Jungen ein einziges Mal gesehen zu haben. Nach allem, was ich weiß, gehörte er zu denen, denen ich ab und zu eine Münze zugeworfen habe.«
»Nun, da du dich so schuldig fühlst und – du sagst ja selbst, du lebst hier – es diesen Ort gibt, der sich ein Zuhause für Findlinge und Waisen nennt …«
Während Payton die Wut seines Cousins über das Elend der Kinder unter der Fürsorge der Darrochs weckte, entschuldigte sich Kirstie schnell. Sie betrat gerade die Halle, als sich Sir Euan zu ihr gesellte und leise die Tür hinter ihnen schloss. Er sah so nachdenklich aus, dass Kirstie nervös wurde. Ihrer Erfahrung nach bedeutete ein derart ernster Ausdruck auf dem Gesicht eines Menschen oftmals, dass er im Begriff war, ihr schlechte Nachrichten zu überbringen oder ihr etwas mitzuteilen, das ihr nicht gefallen würde.
»Ich hätte gerne unter vier Augen mit Euch über Callum
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