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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Schiff. Die Wachen zogen auf. Sie standen regungslos in angemessenem Abstand und ihre Schilde leuchteten wie goldene Spiegel. Die Mannschaft drängte sich flüsternd und verlegen im Hintergrund, während sich die Edelleute um den König versammelten. Das Licht der Fackeln schimmerte rötlich auf der Wölbung der Bronzehelme, funkelte bei jeder Bewegung auf den ehernen Brustplatten. Die Standarten bewegten sich im Luftzug; die grellfarbigen Wappenbilder schienen von eigenem Leben erfüllt. Mein Blick blieb auf Itzuse haften, der wie gebannt auf den König starrte. Er trug einen Helm mit Stahlplatten an Schläfen und Wangen und mit bunten Seidenquasten geschmückt. Etwas regte sich in meinem Gedächtnis; ein Schauder überlief mich. Ich wandte den Blick von ihm ab.
    Als Hana und Etsu an Deck erschienen, ging ein Raunen durch die Menge; dann verstummte jedes Geräusch. Die Priesterinnen schritten mit gesenktem Blick an den Männern vorbei. Ihre bloßen Füße glitten lautlos über die Holzplanken. Ihre Gesichter waren weiß gepudert. Das lackschwarze Haar war im Nacken mit einem Reisstrohband zusammengebunden. Die Flammen warfen rubinrotes Licht auf die Falten ihrer Überwürfe, deren lange Ärmel über den Boden schleiften. Sie knieten vor mir nieder; ihre Gesichter schimmerten wie Perlmutter im rauchigen Dunst.
    Maki brachte ein kleines, mit frischem Wasser gefülltes Becken. Ich tauchte meine Hände hinein und trocknete sie mit einem weißen Tuch. Es herrschte vollkommene Stille, als ich die Ärmel meines Gewandes zurückschlug, mich über die Truhe beugte und die beiden goldenen Schlösser löste. Einen Augenblick lang verhielt ich regungslos und lauschte auf das Pochen meines Herzens. Eigentlich müsste ich Angst haben, dachte ich. Aber ich hatte keine. Was mochte der Grund sein? Ich schob den Deckel zurück.
    Das Sternenschwert lag vor mir, in makellose Seide gehüllt. Ein prickelndes Gefühl überlief meine Haut. Ich hob die Lider, richtete den Blick auf den König. Sein Gesicht war ausdruckslos, doch ein merkwürdiges Grinsen verzerrte seine Lippen und seine Augen glühten. »Beeil dich!«, gebot sein Blick. Ich verneigte mich und hob das Schwert mit beiden Händen. Ich war überrascht, wie leicht es war. Behutsam legte ich es auf die Matte. Kein Laut war zu vernehmen, niemand rührte sich. Die Krieger um uns herum hielten den Atem an. Ehrfurchtsvoll wickelte ich das Schwert aus der Seide, indem ich vermied, das Metall zu berühren, damit auch nicht der kleinste Fingerabdruck seine Vollkommenheit störte. Und dann lag die Waffe vor mir, glänzend, gewaltig, einzigartig. Wie ein stählernes Gewächs traten sieben flammengleich gebogene Klingen aus seinem Schaft. Der Griff war aus massivem Silber. Ich starrte auf die in den Stahl eingravierte Inschrift: Es schien gleichsam, als wäre sie in mein Herz geprägt. Mein Puls begann zu rasen, während meine Lippen geräuschlos die Geheimworte formten:
    Â»Zur Mittagszeit, am elften Tag des fünften Monats des vierten Jahres von Taihô wurde das Schwert mit den sieben Klingen vollendet, aus mehr als hundertmal gehärtetem Eisen. Es wehrt die Gefahr ab in der Schlacht, es ist Prinzen und Königen würdig. Es wurde geschmiedet von …«
    Ein Schatten verdunkelte den bläulich funkelnden Stahl: Der Name schien zugleich auf der Klinge wie auch in meinem Gedächtnis verblasst. Ich sah Iris Hand ungeduldig nach der Waffe greifen. Schon umschlossen seine Finger den silbernen Griff. Er riss das Schwert an sich und schwang es gegen das Licht. Hoch aufgerichtet stand er vor den Kriegern. Rote Funken tanzten in seinen Augen. Seine raue, triumphierende Stimme hallte über das Schiff: »Ich streckte die Hand nach dem Sieg aus und die Göttin selbst überreichte mir das Sternenschwert. Mein Wille hier auf Erden ist einziges Gesetz. Rüstet euch zum Kampf! Wir werden die Schlacht gewinnen!«
    Seine Worte gingen im Jubel unter. Die Männer riefen den Namen des Herrschers und ihre Stimmen hallten wie Kriegsgeschrei. Die Muschelhörner dröhnten. Die Wachen begannen, mit den flachen Schwertern im Takt gegen die Schilde zu schlagen. Das klingende Hämmern drang durch die Nacht, verbreitete sich von einem Schiff zum anderen, vereinigte sich mit dem fernen Rauschen der Brandung. Das Schwert, das Iri mit beiden Händen hochhielt, schimmerte jetzt

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