Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
Flammen fiel, bildete sich dichter Qualm. Ein undurchdringliches Grau senkte sich über das Schiff. Die Gestalten der Männer verschwammen im Nebel, ihre Gesichter wurden zu undeutlichen Flecken. Der Rauch brannte in den Augen und drang in die Lungen. Wir husteten, hielten den Atem an, erstickten fast, während der rötliche Feuerschein der vorbeigleitenden Strohflöße unterhalb der Rauchdecke flackerte. Plötzlich erschütterte ein gewaltiger Stoß die Galeere. Der »Seefalke« schwankte und neigte sich nach Steuerbord. Die Segel klatschten hin und her. Die Trommelschläge brachen ab. Die Ruderer gerieten vorübergehend aus dem Takt: Riemen krachte gegen Riemen. Ein Tuch vor Mund und Nase gedrückt, sah ich, wie ein riesiger schwarzer Gegenstand an der Schiffsflanke vorbeischoss und von den Fluten mitgerissen wurde.
    Â»Das sind Baumstämme, die sie die Stromschnellen hinunterschicken!« Kuchikos Stimme neben mir klang atemlos.
    Â»Mit voller Kraft voraus!« Die Stimme des Kapitäns, der den Befehl brüllte, erstickte in einem Hustenanfall. Der »Dora« ertönte: dröhnend und regelmäßig. Die Trommel, auf die der Taktmeister hämmerte, klang wie das Pochen eines erregten Herzens. Die Ruder wühlten das Wasser auf. Wieder ein dumpfer, wuchtiger Aufprall; Holz zersplitterte. Ein zweiter Baumstamm glitt schrammend und knirschend die Schiffsflanke entlang. Der Kiel hob sich. Ich verlor das Gleichgewicht, stürzte gegen die Reling. Kuchiko half mir, mich aufzurichten. Ich rang nach Luft. Einige der Wachen auf dem Unterdeck waren der Länge nach hingeschlagen. Sie kamen nur mühsam wieder auf die Füße. Ein Mann schwankte benommen: Er hatte seinen Helm verloren und Blut lief ihm übers Gesicht.
    Pfeile sirrten durch den Dunstschleier. Einer traf den Verwundeten in die Kehle. Ein zweiter bohrte sich in die Reling, wo ich mich soeben angelehnt hatte. Kuchiko warf sich vor, deckte mich mit seinem Schild. Die Luft schwirrte von Pfeilen. Und im selben Augenblick, als die letzten Rauchschwaden sich auflösten, drangen die Boote der Ainu aus dem Schilfdickicht hervor. Mit unglaublicher Geschwindigkeit glitten sie den schwerfälligen, hoch aufragenden Galeeren entgegen, verteilten sich und griffen von allen Seiten zugleich an. In jedem Boot befanden sich sechs Ruderer und ebenso viele Bogenschützen, Männer und Frauen. Fast alle führten Hanfseile mit sich, die mit Widerhaken versehen waren. Geschickt und blitzschnell wurden diese Seile an Bug und Heck in die Höhe geworfen, wo die Haken an der Reling hängen blieben. Die Ainu zogen sich mit großer Behändigkeit an ihnen empor. Die Krieger an Deck trennten mit ihren Schwertern die Seile durch, und wenn die Angreifer in Reichweite kamen, schlugen sie ihnen Hände und Köpfe ab. Die verwundeten Ainu stürzten ins Wasser, wo sie der Sog gegen den Schiffsrumpf schleuderte. Einige wurden von den Ruderschlägen getroffen und brachen sich das Rückgrat. Die stickige Luft war von Kampfgeschrei, Jammern und Stöhnen erfüllt. Yi-Am, kühl wie immer, stand neben den beiden schweißtriefenden Männern, die mit weit ausholenden, kraftvollen Bewegungen den »Dora« schlugen. Das Dröhnen war mir unerträglich. Ich spürte es in meinen Schläfen, in meinem Blut, in meinem Innersten. Jeden Augenblick musste ich damit rechnen, dass mich ein Pfeil traf oder mir ein Speer in den Rücken gestoßen wurde; dennoch hatte ich von meiner Waffe noch keinen Gebrauch gemacht. Ich dachte an Nagasume Tomi, an seinen Mut, an seine Verzweiflung. Ich fühlte mich ihm sehr nahe.
    Die Ainu, denen es gelungen war, sich an der Galeere hochzuziehen, stürmten jetzt mit wildem Geschrei auf das Deck. Sie stießen auf die ersten Reihen der Tungusen, die in geschlossener Formation ihren Ansturm erwarteten. Die Ainu kämpften mit kurzen, stumpfen Schwertern, mit sichelförmigen Wurfdolchen und mit Pfeil und Bogen. Keiner von ihnen besaß einen Schild und nur wenige waren durch einen Bambusharnisch geschützt. Um Raum zum Fechten zu haben, mussten die Tungusen ihre Reihen lockern. Flink wie Wiesel drangen die Angreifer in die kleinste Bresche. Ein halbnackter Ainu mit langem, lockigem Bart schoss einen Pfeil auf einen Wachhauptmann ab. Der Tunguse stöhnte vor Schmerz, ließ sein Schwert fallen und versuchte, das Geschoss aus seiner Brust zu ziehen. Als ihn ein zweiter Pfeil

Weitere Kostenlose Bücher