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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Kultfackel wird zur Festung von Suga getragen und heute Abend in Anwesenheit unseres Königs verbrannt.«
    Ich machte ein Zeichen. Wir trieben die Pferde an und überholten den Festzug, der bald hinter uns im Nebel verschwunden war. Eine Weile noch begleiteten uns das Dröhnen der Trommel, das aufreizende Zirpen der Flöten, das dumpfe, rhythmische Keuchen der Männer, die das Strohgebilde trugen.
    Ein leichter Wind kam auf. Die Luft schmeckte nach Tang und Salz. Wir konnten nicht mehr allzu weit vom Meer entfernt sein. Nach und nach durchdrang ein Flimmern die Nebeldecke, verwandelte die Schleier und Dämpfe in unzählige Lichttröpfchen. Alles glänzte, funkelte, strahlte und das vielstimmige Gezwitscher und Trillern der Vögel klang von überall her. Geblendet, benommen schloss ich die Augen. Als ich sie öffnete, glaubte ich zu träumen: Wind und Sonne hatten die Dunstschwaden aufgelöst. Vor uns lag das Hochmoor von Suga: eine unendlich weite Fläche, dicht bedeckt mit Gräsern, die sich wie grüne Wellen unter den Windstößen bogen. Dahinter erstreckte sich das Meer, so dunkelblau, dass es fast schwarz glänzte. Und auf der anderen Seite der Bucht, wo die roten Klippen steil emporstiegen, erhob sich auf einer Plattform die Festung.
    Mir stockte der Atem. Obwohl ich schon vieles über diese Festung gehört hatte, war sie in meiner Vorstellung doch nicht größer gewesen als jede andere Burg. Jetzt erst verstand ich, weshalb dieses Bauwerk auf die Menschen so einen großen Zauber ausübte.
    Der gigantische Mauerring bestand aus schweren, glatten Steinquadern, vermutlich Basaltblöcken. Die Ecktürme - es gab deren acht - waren mit Stroh gedeckt. Das Gemäuer hatte keine Zinnen, sondern war in regelmäßigen Abständen von rot und blau bemalten Pfosten gekrönt. Ein schmaler Pfad schlängelte sich durch die Ebene; dann wand sich der Weg über den steilen Abhang zu einem der Türme empor. Als wir näher kamen, bemerkte ich, dass die Festung von zwei Mauern umgeben war. Die Basaltblöcke waren ohne Mörtel so genau aneinandergefügt, dass sie eine glatte Fläche bildeten. Alle Mauern waren mit Bogenschützen besetzt.
    Wir erreichten das gigantische, steinerne Tor. Das schmiedeeiserne Fallgitter war hochgezogen. Die schweren, eisenbeschlagenen Torflügel standen offen. Nachdem wir das Tor passiert hatten, kamen wir auf eine Steinbrücke. Sie spannte sich über einen Abgrund und führte zu einem anderen, ebenso gewaltigen Tor, das in die zweite Ringmauer eingelassen war. Überall standen Wachen. Sie trugen schwarze, eng anliegende Harnische und Helme, die ihnen die Augen beschatteten. Ihr langes Haar war zu Zöpfen geflochten, und ich erkannte mit einem Blick, dass ihre Schwerter die besten im ganzen Inselreich waren. Regungslos sahen sie uns entgegen. Das zweite Tor war geschlossen, doch als wir darauf zuritten, öffnete es sich wie von selbst. Der gewaltige Oberbalken bestand aus einem Baumstamm. Darauf war das Wappen mit der heiligen Sonnenscheibe über einer fächerförmigen Blume gemalt.
    Die Hufe klapperten auf den Steinen. Wir ritten durch den dunklen Torbogen in einen riesigen, quadratischen Innenhof. Der Sandboden warf die Sonnenstrahlen zurück. Eine breite, steinerne Treppe führte zu einer Terrasse und darüber ragte mit hochgeschweiften, strohbedeckten Dächern der Palast.
    Mein Atem ging schneller, als hätte ich gerade einen Berg bestiegen, und ich benetzte meine trockenen Lippen mit der Zunge. Das Gebäude vor mir glich einer gigantischen Galeere, die sich mit aufgeblähten Segeln in den Himmel schwang. Die Mauern wurden von rot bemalten Pfosten gestützt, zwischen denen hölzerne Türflügel angebracht waren. Die kunstvoll geschmiedeten Verzierungen der eisernen Angeln zeichneten sich auf den schweren Brettern ab.
    Stallburschen kamen herbei, um die Pferde in Empfang zu nehmen. Ich gab den Männern ein Zeichen, abzusitzen. Kuchiko warf mir einen fragenden Blick zu. Ich sagte: »Bitte, wartet hier. Ich möchte ihm allein begegnen!«
    Er verneigte sich und trat zurück.
    Langsam erklomm ich die Steinstufen. Ein zarter Nebelflaum kräuselte sich um die Ecktürme, und das Sonnenlicht blendete mich, sodass ich die Lider senkte. Als ich sie wieder hob, sah ich oben auf der Treppe einen Mann stehen. Er kam mir nicht eine Stufe entgegen. Hochgewachsen und regungslos

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