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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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waren schaumbedeckt. Dann bewegte sich die Luft. Der Himmel wurde kühl, blau, glatt. Ein frischer Wind wehte vom Meer. Die Flut setzte ein. Trotz der Entfernung hörten wir die Brandung tosen.
    Später begegneten uns Fischer, die auf dem Weg zum Strand waren, um in der Nacht ihre Netze auszulegen. Die Mädchen trugen Muschelketten und lachten uns zu.
    Gegen Abend schlugen wir an einem Hang unser Lager auf. Die sinkende Sonne färbte sich rot; ich hatte sie noch nie so groß gesehen. Der Himmel glänzte wie Bernstein und die Berge warfen lange Schatten. In den Baumgipfeln ließen Vögel noch leise ihre abendlichen Rufe hören, dann brach die Dunkelheit herein und die kupferne Mondscheibe tauchte hinter den Hügeln auf.
    In dieser Nacht lag ich lange wach. Ich dachte an den morgigen Tag und erschauerte. Ich lauschte in mich hinein, um ein Zeichen der Gottheit zu vernehmen, doch sie sandte mir keine Botschaft. Ich bemerkte, wie der Nebel aufstieg, dann schlief ich ein.
    Als ich erwachte, war mein Gesicht kalt vor Nässe und mein ganzer Körper erstarrt. Verblüfft schaute ich mich um: Das Lager war in dichten Nebel gehüllt. Der rote Schein eines Feuers drang durch den Dunst. Die Diener kauerten um die Glut und bereiteten den Tee, während die Krieger die Pferde sattelten; ich hörte das Klirren des Zaumzeugs, das Stampfen der Hufe.
    Kuchiko trat aus dem Dunst. Sein schwarzer Umhang war von winzigen Tropfen bedeckt. »Der Nebel steigt aus dem Meer hoch«, sagte er, und ich lächelte, denn ich erinnerte mich, dass die Leute erzählten, Susanoos Festung sei von Wolken umgeben.
    Wir brachen auf. Kiefern und Bambusstauden ragten verschleiert in die Höhe; kein Lufthauch bewegte die Zweige. Wir ritten durch eine Wolkenwand, die jedes Geräusch verschluckte. Allmählich hatte ich den Eindruck, dass die Nebelmassen sich zu lichten begannen: Reisfelder und Maulbeerhaine schimmerten smaragdgrün durch den Dunst. Plötzlich richteten die Pferde die Ohren nach vorn, und die Männer griffen nach ihren Waffen: Ein seltsames, rhythmisches Stampfen drang durch den Nebel.
    Kuchiko ließ den Zug anhalten und schickte einige Krieger voraus. Bald tauchten sie schemenhaft wieder zwischen den Bäumen auf und meldeten: »Es sind nur Bauern, die ein Fest feiern.«
    Immer deutlicher hörten wir den Lärm. Gesang und Pfeifen mischten sich mit Händeklatschen und dumpfem Trommeldröhnen.
    Wir ritten jetzt einen Hügel hinunter. Ich spähte angestrengt durch die sich auflösenden Nebelschwaden. Und mit einem Mal brach der Dunstschleier auf und der Festzug zeigte sich in all seiner Farbenpracht. An die hundert Bauern mussten es sein, die auf ihren Schultern ein riesiges, säulenförmiges Gebinde trugen. Es war aus Bambushalmen und Reisstroh und mit dicht verknoteten Seilringen zusammengehalten. Alle Männer waren bis auf einen Lendenschurz nackt. Ein breites weißes Stirnband hielt ihr Haar zusammen. Die Frauen, die sie singend und tanzend begleiteten, trugen kurze Gewänder und Schärpen in grellen Farben. Ihr Haar war rot gepudert, die Augen schwarz umrandet, die Brauen nachgezogen. Sie waren mit Blumen und grünen Reishalmen bekränzt. Hinter dem singenden Zug holperte ein Wagen, der von zwei schwarzen Stieren gezogen wurde. Ihre Hörner waren rot gefärbt und die hölzernen Joche mit Blumen geschmückt. Bunte Schnüre flatterten von ihrem Geschirr herunter. Zwei lange Taue, aus weißem und rotem Stoff gedreht, waren an der Deichsel befestigt und wurden von den Händen vieler Frauen, Mädchen und Knaben gehalten. Auf dem Wagen befand sich die Trommel, die größte, die ich je gesehen hatte. Zwei Männer schlugen sie in wechselndem Takt.
    Wir ritten näher an den Zug heran. Einige der Bauern verneigten sich höflich, doch die meisten waren bereits angetrunken, schwenkten Reisweinkrüge und riefen uns Scherze zu. Mein Blick fiel auf eines der Mädchen, das in seinen Händen ein Zugtau des Wagens hielt. Sie trug ein rotes Gewand; der Nebel glänzte wie Öl auf ihren schlanken goldbraunen Schenkeln. Mohnblumen schmückten ihr purpurschimmerndes Haar. Als der Wagen vorbeiholperte, musterte sie mich neugierig und lachte. Ich wandte die Augen zur Seite.
    Kuchiko fragte einen älteren Mann, was für ein Fest gefeiert würde.
    Der verbeugte sich und sprach: »Wir begehen das Feuerfest zu Ehren der Erdmutter. Die

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