Im Zeichen des Schicksals
die Sache passiert ist, ungefähr sechstausend Tassen Kaffee getrunken. Ich kann wirklich nicht mehr klar denken. Ich hab mir einfach nur Riesensorgen um dich gemacht, weißt du? Und dein Gedächtnis und deine arme Familie … sie muss ja wahnsinnig werden auf der Suche nach dir. Der Korb mit den Geschenken war eine total idiotische Idee. Und jetzt, nachdem ich ungefähr eine halbe Stunde über das dumme Ding geredet habe, hätte ich ihn dir auch geben können. Ganz im Ernst, ich werde wohl jetzt besser einfach gehen, bevor ich dich nur noch mehr verstimme.«
»Melissa, du hast mich nicht verstimmt«, beteuerte ich, in der Hoffnung, sie würde bleiben und mir verraten, was Joshs Eltern zugestoßen war. Aber sie war bereits an der Tür.
»So ungern ich es zugebe, Beaumont hat recht. Du brauchst Ruhe.« Sie versuchte zu lächeln, aber man sah ihr an, dass sie unglücklich war.
Sie glaubte, mich verstimmt zu haben, was einfach lächerlich war. Niemand hatte mir je zuvor einen Geschenkkorb gegeben, und ich fand es nett von ihr, dass sie so aufmerksam war. Natürlich konnte ich ihr das nicht direkt sagen, da ich mich ja angeblich an nichts aus meiner Vergangenheit erinnern konnte. Ich konnte sie auch nicht trösten, indem ich ihr erzählte, dass ich überhaupt keine Familie hatte, die sich um mich sorgte.
»Ich komme bald wieder, wenn ich das Gefühl habe, dass ich dadurch für dich nicht alles noch schlimmer mache! Versprochen!«
Mit einem schlechten Gewissen hob ich zur Antwort die Hand.
Der Bube der Stäbe
Ich hatte nicht gewollt, dass die Dinge sich so entwickelten. Ich hatte nie in einen Unfall geraten oder anderen Menschen ein schlechtes Gewissen machen wollen, weil sie mir ein Syndrom beschert hatten, unter dem ich gar nicht litt. Wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich diese Farce nicht aufrechterhalten, aber alles war aus dem Ruder gelaufen, seit ich am Vortag in East Wendell aus dem Zug gestiegen war, und jetzt zog ich bei einem Fremden ein!
Josh stand zu seinem Wort und hielt die Ärzte davon ab, bei der Fürsorge anzurufen. Er bekam es auch tatsächlich geregelt, dass man mich in seine oder vielmehr Maries Obhut entließ. Marie hatte ich überhaupt noch nicht kennengelernt, doch das war nicht die größte meiner Sorgen. In all der Zeit meines planlosen Herumlümmelns im Krankenhauszimmer hatte ich keine einzige Vision gehabt und war der Antwort auf die Frage, wer wohl Josh etwas antun wollte, noch keinen Schritt näher gekommen. Aus Erfahrung wusste ich, dass Familienmitglieder die wahrscheinlichsten Verdächtigen waren, daher drängte ich Melissa, meine einzige echte Informationsquelle, mir von Joshs Familie zu erzählen. Zuerst wollte sie das Thema nicht ansprechen und behauptete, ich sei traurigen Dingen noch nicht gewachsen, aber am Ende gab sie nach. Nachdem Melissa mir die Geschichte erzählt hatte, wünschte ich beinahe, ich hätte nicht gefragt.
Joshs Eltern waren auf einer menschenleeren Straße auf dem Heimweg gewesen, als ein betrunkener Autofahrer in ihren Wagen gerast war, sodass sie beim Versuch auszuweichen in einen Baum krachten. Keiner von beiden hatte überlebt.
Keine Eltern zu haben war hart, aber welche gehabt zu haben … zu wissen, wie es ist, eine Familie zu sein, und das dann zu verlieren … Ich konnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie man sich da fühlen musste, aber ich wusste, dass es bestimmt schlimm war. Und dann selbst in einen Autounfall verwickelt zu sein, selbst derjenige zu sein, der jemanden überfahren hat … allmählich begann ich zu verstehen, warum er sich so unendlich viel Mühe gab, mir zu helfen.
Nach dem Tod seiner Eltern war Josh zu seinem einzigen verbliebenen Verwandten gezogen, seinem Onkel Robert. Nach dem, was ich von Melissa erfahren hatte, war Robert berühmt für sein Hotelimperium und seine Dates mit Supermodels. Und nach dem zu urteilen, was Josh mir bereits erzählt hatte – dass Robert selten zu Hause sei –, klang es so, als sei Robert kein besonders guter Vormund.
Josh war also eine Waise, wie ich. Nun wollte ich ihn nur umso mehr beschützen. Dem Dschinn, der es auf Josh Beaumont abgesehen hatte, stand die Überraschung seines Lebens bevor. Sobald ich ihn gefunden hatte.
In der Zwischenzeit konnte ich nicht viel mehr tun, als mich im Autositz zurückzulehnen und zuzusehen, wie draußen vorm Fenster die Bäume vorbeisausten.
»Das hier ist übrigens der lange Weg nach Hause. Ich hab gedacht, du möchtest vielleicht ein
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