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Im Zeichen des Schicksals

Im Zeichen des Schicksals

Titel: Im Zeichen des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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bisschen was von der Stadt sehen«, sagte Josh neben mir.
    Er nahm seine Sonnenbrille ab und legte sie in das Fach aus schwarzem Holz zwischen unseren Sitzen. Die gesamten Armaturen bestanden aus dem gleichen glänzenden Holz, von einem Segment in der Mitte einmal abgesehen, wo sich ein dunkler Bildschirm befand, der von Dutzenden von Knöpfen umringt war. Teuer. Alles an diesem Auto war reiner, prunkender Luxus, und Josh passte perfekt dazu.
    »Sieht ganz hübsch aus hier«, erwiderte ich.
    Er schaltete einen Gang höher, und auf dem Ziffernblatt seiner Armbanduhr mit Lederriemen spiegelte sich das Sonnenlicht. »Ja, es ist eigentlich eine ziemlich nette Gegend.«
    »Aber?« Als er mich daraufhin neugierig ansah, zuckte ich die Achseln. »Es klang einfach nur so, als stünde am Ende deiner Bemerkung ein ›aber‹.«
    Er lächelte schwach, dann gab er zu: » Aber manchmal kann einem hier ein wenig die Decke auf den Kopf fallen.«
    Wir fuhren durch Reihen hübscher Häuser, und ich schaute aus dem Fenster. Wie konnte einem hier die Decke auf den Kopf fallen? Jedes Haus hatte einen geräumigen Garten, und überall an den Gehsteigen waren schöne blaue Blumen gepflanzt. Wir bogen um die Ecke in eine andere Straße ein, und auch hier gab es die gleichen Blumenrabatten.
    »Sind alle Straßenränder in der Stadt mit diesen Blumen bepflanzt?«, fragte ich. Ich hatte Blumen nie zuvor besondere Aufmerksamkeit geschenkt, aber diese hier … ich kannte sie.
    »Der Teufelsbiss? Ja, der Gartenverein von East Wendell pflanzt die Blumen jedes Jahr neu.«
    Teufelsbiss, natürlich. Mrs. Gotts hatte diese Blumen draußen vor den Fenstern im ersten Stock des Waisenhauses in Töpfen gezogen. Sie sollten eine starke Schutzwirkung haben und das Böse fernhalten. Ein Jammer, dass sie wohl kaum etwas gegen Dschinn ausrichten konnten.
    »Derselbe Gartenverein, der für das Gras auf dem Marktplatz zuständig ist?«, fragte ich. Ich erinnerte mich an Melissas halbstündige Schimpfkanonade über die elitäre Runde der städtischen Gartenenthusiasten. Anscheinend zwangen sie jeden, der beim Ahornfest einen Stand hatte, dreißig Dollar für die Wiederherstellung des Rasens nach dem Fest zu bezahlen. Melissa ärgerte sich darüber, da sie dort einen Kuchenstand hatte, dessen Erlös an karitative Einrichtungen ging, und nicht einsah, warum das Geld dazu verwendet werden sollte, das Gras hübsch aussehen zu lassen. Ich fand, dass sie nicht ganz unrecht hatte, auch wenn es mir gefiel, dass der Gartenverein ausgerechnet Teufelsbiss an den Straßen pflanzte.
    Josh zog ungläubig die Stirn hoch. »Woher weißt du vom Gartenverein?«
    Ich sah ihn mit schief gelegtem Kopf an. »Ich bin mir sicher, dass ich so ziemlich über alle Vereine in East Wendell Bescheid weiß. Melissa hat viel dafür getan, dass ich mich hier nicht so orientierungslos fühle, indem sie mir alles erzählt hat, was sie über die Stadt weiß.«
    »Und die Kenntnis des Gartenvereins ist ein anerkanntes Heilmittel gegen Orientierungslosigkeit?« Er verdrehte die Augen.
    Ich überging seine Bemerkung. »Ich mag Melissa. Sie ist vielleicht ein wenig mitteilungsbedürftig, aber dafür wirklich lieb. Außerdem hat sie mir Brownies gebracht.« Ich hielt die kleine Dose hoch, die Melissa mir geschenkt hatte, als sie am Morgen vorbeigekommen war.
    »Das war nett von ihr«, räumte Josh ein. »Also, was hat sie dir sonst noch so erzählt?«
    Wir passierten einen Park mit Klettergerüsten und einer hölzernen Festung. Ich drückte auf den kleinen Knopf, der mein Fenster öffnete, und ließ das glückliche Kreischen von Kindern herein, die über die Hängebrücke zwischen zwei Türmen flitzten.
    Es war September: mein Lieblingsmonat.
    Ich steckte die Keksdose zurück, atmete tief durch und sog die von Lachen getränkte Luft in meine Lunge. »Melissa zufolge hat East Wendell ungefähr sechstausend Einwohner, ein Rathaus, ein Postamt, eine Bibliothek, eine Wertstoffsammelstelle, ein Restaurant namens Fred’s , in dem sie arbeitet, einen kleinen Laden, der nur Waren von den umliegenden Bauernhöfen führt, eine Grundschule, eine Highschool, ein Motel und ein kleines Krankenhaus.«
    »Typisch Melissa, dir eine Liste von Gebäuden aufzuzählen«, lachte Josh.
    »Sie wollte wohl einfach, dass mir alles weniger fremd vorkommt.«
    Er nickte. »Dort siehst du den Uhrenturm über dem Rathaus. Ich würde eine Runde um den Marktplatz drehen, aber sie haben ihn heute abgesperrt, um die Straßen für die

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