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Im Zeichen des Schicksals

Im Zeichen des Schicksals

Titel: Im Zeichen des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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umbringen werde. Dass er die Tür eintreten und mich umbringen werde. Ich erstarrte vor Schreck. Ich hätte Möbelstücke vor die Tür schieben sollen, sie würde nicht lange standhalten, aber ich konnte mich einfach nicht rühren. In der einen Hand immer noch das blutige Küchenmesser haltend zog ich mit der anderen die Karte hervor, die ich mir irgendwann früher am Tag in die hintere Hosentasche gesteckt hatte. Es war Der Narr .
    Der Narr bereist die Welt mit all seinen Habseligkeiten in einem kleinen Beutel. Er weiß nie, wo er hingeht; er weiß nur, dass er seinen Visionen und Träumen folgen muss, und von denen hat er jede Menge. Für ihn ist es das Wichtigste im Leben, in die weite Welt hinauszugehen und dabei jeden Moment zu genießen. Der Narr steht für die Reise, den Beginn eines Abenteuers … den Anfang eines neuen Lebens.
    In diesem Moment – mit der Karte in der Hand und Randy an der Tür, der mir zubrüllte, endlich aufzumachen – wusste ich, dass meine einzige Überlebenschance in der Flucht lag. Aber ich konnte nirgendwohin! Die Tür erbebte unter Randys Gewicht. Die Angst jagte mir Schauer über den Rücken. Ich flehte den Narren an, mir zu sagen, wo ich hingehen solle.
    Und er antwortete.

Der König der Münzen
    Tatsächlich antwortete mir Der Narr nicht in Wirklichkeit. Aber damals kam es mir so vor, als sei mir die Vision, die vor mir erschien, von der Karte gesandt worden, auch wenn ich jetzt weiß, dass das nicht der Fall war. Meine Visionen haben nichts mit den Karten zu tun. Sie kommen, wann es ihnen beliebt und sooft es ihnen beliebt. Und die erste kam in ebenjener Nacht, in der Randy beschloss, mich zu töten.
    Dort, mitten in meinem winzigen Zimmer, sah ich einen Bus, auf den oben die Nummer 16 geschrieben war. Ganz deutlich stand er mitten im Raum, ein blauer Bus mit weißen Streifen, sechs Passagieren und einem schläfrig wirkenden Fahrer. Der Bus schwebte für einige Sekunden über meinem Schlafzimmerteppich, bis er durch Straßenschilder, einen Park, rote Backsteinhäuser und Tonys Bäckerei ersetzt wurde. Ich sah eine alte Dame, die einen großen Sack Mehl von einer langen hölzernen Abstellfläche zu einer Tür im rückwärtigen Teil des Raums trug. Ihre Wangen waren gerötet, sie trug ein langärmeliges braunes Kleid voller weißer Staubflecken, und ihre Augen wirkten gequält.
    Randy schrie mich an, ich solle die Tür öffnen, und das Bild der alten Frau verschwand. Ich erinnere mich, einfach nur dagestanden und geblinzelt zu haben, bis das Geräusch von splitterndem Holz mich aktiv werden ließ. Ich stopfte ein paar Kleider in meinen Rucksack, steckte mir die Karten in die Hosentasche, kletterte aus dem Fenster und verließ die Billingtons für immer.
    Vermutlich hätte ich überraschter sein sollen, als ich den Bus, den ich in meiner Vision gesehen hatte, nur drei Straßenzüge weiter auch tatsächlich vorfand. Dieselbe Nummer, dieselben Insassen, derselbe schläfrige Fahrer … ich hätte schockiert, vielleicht sogar entsetzt sein sollen, aber ich war es nicht. Wahrscheinlich, so denke ich im Rückblick, fand ich wohl, dass es kein so großer Unterschied ist, ob man nun Visionen hat oder in den Karten das Leben anderer Menschen sieht. Oder vielleicht war es nicht so einfach, schockiert zu sein, nachdem ich gerade der Mordattacke meines Pflegevaters entkommen war. Aus welchem Grund auch immer, ich vertraute der Vision, stieg in den Bus und fuhr bis zur letzten Haltestelle mit. Von dort aus folgte ich den Straßenschildern und den Örtlichkeiten, die mir meine Vision gezeigt hatte. Im Süden von Boston angelangt hatte ich keine Anhaltspunkte mehr und wusste nicht, wohin ich mich wenden sollte. Nirgendwo eine Spur von der Bäckerei oder der alten Frau.
    Es ist schon seltsam, was die Dunkelheit mit einer Stadt anstellen kann. Fröhliche Kopfsteinpflasterstraßen werden in Düsternis getaucht, Bäume verwandeln sich in bösartige Schatten, und jeder Fremde wird zu einer möglichen Gefahrenquelle. Als meine Beine schwach wurden und mir der Blick vor Müdigkeit verschwamm, versuchte ich, mich im Eingang eines dunklen Wohnblocks auszuruhen, wurde aber von einem Obdachlosen verscheucht, der eine zerbrochene Flasche schwang. Nach einigen weiteren Versuchen, einen Hauseingang zu finden, der nicht von Pförtnern oder Obdachlosen bewacht wurde, schlief ich zwischen zwei großen Müllcontainern hinter einem chinesischen Waschsalon ein.
    Ich verbrachte zwei Nächte auf der Straße. Diese

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